Mit Unterstützung der Biologischen Station stellen wir Arten vor, die uns in Oberberg aufgefallen sind. Heute geht's um die Armleuchteralge.
Lebendiges OberbergDie Armleuchteralge ist weitaus nützlicher als ihr Name andeutet
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In einigen Talsperren des Wupperverbandes im Oberbergischen Kreis ist die Biegsame Glanzleuchteralge (Nitella flexilis) nachgewiesen worden, sie gehört zur Familie der Armleuchteralgen.
Copyright: Patrick Heidbüchel
Der „Armleuchter“ wird gern als abgeschwächte Beschimpfung nicht nur beim Autofahren benutzt. Soldaten sollen den Ausdruck im frühen 20. Jahrhundert eingeführt haben, um dem militärischen Verbot zu fluchen, ein Schnippchen zu schlagen. Das Wort bezeichnet im eigentlichen Sinn natürlich eine spezielle Form von Kerzenhaltern. Die spiegelsymmetrische Form aus Mittelachse mit seitlich austretenden, bogig-linear nach oben strebenden Anhängseln findet man auch in der Natur, zum Beispiel bei Algen.
Als Algen werden verschiedene Lebewesen bezeichnet, die vor allem im Wasser vorkommen und Photosynthese betreiben. Armleuchteralgen (Characeen) sind derartige Organismen. Leicht könnte man sie für Pflanzen halten, jedoch bilden sie nach neueren Erkenntnissen im System der heutigen Lebewesen eine isolierte Gruppe urtümlicher Lebewesen. Wie andere Algen leben sie komplett untergetaucht im Wasser und beziehen ihre Energie hauptsächlich von der Sonne.
Die meisten Armleuchteralgen reagieren empfindlich auf Veränderungen
Nach Aussage der Fachwissenschaftler Uwe Raabe und Klaus van de Weyer werden den meisten Armleuchteralgen wichtige Indikatorfunktionen zugeschrieben. Das bedeutet, dass diese Organismen empfindlich auf Veränderungen der Gewässer reagieren. „So lässt die Entwicklung der Bestände der Armleuchteralgen gute Rückschlüsse auf die Situation der Gewässer, insbesondere der Stillgewässer zu. Es handelt sich um eine sehr wichtige Artengruppe bei der Beurteilung der Qualität von Gewässern.“
Über die aktuelle Verbreitung von Armleuchteralgen im Bergischen Land sind allerdings nicht viele Informationen vorhanden. Im Einzugsgebiet der Agger wurden bisher keine entsprechenden Daten erhoben. Biologen des Aggerverbandes glauben, dass Arten aus dieser Familie in Stillgewässern wie der Aggertalsperre durchaus vorkommen könnten.
Die Armleuchteralge ist mittelgroße Art und wird im Wasser 20 bis 50 Zentimeter hoch
Nach Auskunft eines Limnologen des Wupperverbandes sind auch im Einzugsgebiet der Wupper keine Vorkommen der Gattung Chara, der eigentlichen Armleuchteralgen, bekannt. Es besteht aber auch hier die Möglichkeit, dass Exemplare der relativ nährstofftoleranten Zerbrechlichen Armleuchteralge (C. globularis) vorkommen, auch die Gemeine Armleuchteralge (C. vulgaris) könnte als Pionierart in Kleingewässern wie Teichen, Regenrückhaltebecken und ähnlichem, die noch nicht kartiert wurden, auftreten.
Fundorte beider Arten sind nicht dokumentiert. Allerdings findet man in einigen Talsperren, die der Wupperverband betreibt, immerhin gelegentlich die Biegsame Glanzleuchteralge (Nitella flexilis), die ebenfalls zur Familie der Armleuchteralgen gehört. Diese mittelgroße Art wird im Wasser 20 bis 50 Zentimeter hoch. Sie bevorzugt sandige bis lehmige Substrate in kalten, stillen oder langsam fließenden Gewässern. Dort bevorzugt sie Tiefen von 15 bis 20 Metern unter dem Wasserspiegel. Man wird sie vom Ufer der Talsperre demzufolge kaum zu Gesicht bekommen.
Die Rote Liste für Nordrhein-Westfalen weist die Alge als gefährdet aus
Da die Biegsame Glanzleuchteralge zu den wenigen strömungstoleranten Characeen-Arten zählt, ist sie aber theoretisch auch in Bächen, Kanälen und Wassergräben zu finden. Die Rote Liste für Nordrhein-Westfalen führt sie als „gefährdet“ für das Süderbergland, dem das Bergische Land zugeordnet wird.
Besitzen Sie einen Gartenteich, können Sie auf eigene Faust für die Verbreitung von Armleuchteralgen sorgen. Die relativ nährstofftolerante Gemeine Armleuchteralge ist in Gartenteichen universell in der Flachwasser- und in der Tiefenzone einsetzbar. Zur Ansiedelung werfen Sie die im Handel erhältliche „Pflanze“ einfach an dem vorgesehenen Platz ins Wasser.
Die Art, die im tiefen Wasser bis zu 60 Zentimeter lange, kandelaberartig verzweigte Triebe bildet, sinkt dann zu Boden und sucht mit ihren Haftfasern einen Platz zum Ankern. Akkurater lässt sich dieser anspruchslose Organismus an einen Stein gebunden versenken. Dort kann er Jungfischen und anderen Teichbewohnern als Versteck und Sauerstofflieferant dienen und leistet einen wertvollen Beitrag zur Enthärtung des Teichwassers. Durch die Fähigkeit, dem Wasser Calciumcarbonat zu entziehen, verkalkt die Art während des Alterns oft stark und bildet einen grauen Belag.
Charakteristisch ist zudem der für die meisten Menschen unangenehme Geruch, der Senföl ähneln soll. Es ist anzunehmen, dass Trivialnamen wie „Stinkender Katzenzagel“ oder „Stinkender Pferdeschweif“ von dieser Eigenschaft herrühren. Übrigens brauchen Gemeine Armleuchteralgen praktisch keine weitere Pflege und breiten sich im Gartenteich angeblich nicht stark aus. Die Gemeine Armleuchteralge ist also nicht nur ein Indikator für die Qualität des Wassers, sondern auch ein vielseitiger und nützlicher Bewohner eines Gartenteiches. Sie schlicht als „Armleuchter“ zu verunglimpfen, täte ihr definitiv unrecht.