Nachbarschaftsstreit eskaliertÄrger mit dem Bauamt – Haus in Lindlar droht der Abriss
Lindlar – Seit 2004 wohnen Ralf und Sabine Döpper in ihrem Haus am Ende einer Stichstraße der Bismarckstraße, in unmittelbarer Nähe zum Steinbruch Schiffarth. Doch diese Nähe wird ihnen jetzt zum Verhängnis. Der Oberbergische Kreis hat im Februar 2022 eine Abrissverfügung erlassen und die Döppers aufgefordert, binnen eines Jahres ihr Haus abreißen zu lassen und die Überreste zu entsorgen. Andernfalls droht ein Zwangsgeld. Das Lindlarer Ehepaar hat einen Anwalt eingeschaltet und klagt.
Die Vorgeschichte
1937 wurde dort, wo die Döppers heute leben, eine Lagerhalle für Landmaschinen errichtet, 1949 wurde daraus eine Werkshalle. „Außerdem wurden damals zwei Wohnungen genehmigt, eine für Flüchtlinge und eine Betriebswohnung mit Durchgang in die Werkstatt“, berichtet das Ehepaar. Dafür gebe es eine Baugenehmigung. Später seien dort ein Kfz-Betrieb entstanden sowie ein Wohnhaus.
2004 kauften die Döppers das Haus über einen Makler und bezahlten dafür nach eigenen Angaben 190.000 Euro. „Das große Grundstück und das renovierungsbedürftige Haus boten viel Potenzial. Unser Traum von einem großen und naturnahen Garten, in dem wir ein paar Tiere halten und Gemüse pflanzen konnten, wurde wahr“, so das Ehepaar.
Der Ärger beginnt
Ralf Döpper berichtet, dass er vor dem Kauf noch bei der Gemeinde Lindlar angefragt habe, dort hab man ihm gesagt, dass alles seine Richtigkeit habe. Leider habe er sich das nicht schriftlich geben lassen, bedauert Döpper.
Probleme gebe es allerdings mit dem benachbarten Steinbruch. Mal sei dort das Radio zu laut, dann sei Müll „herübergeflogen“, ein anderes Mal habe der Betrieb große Mengen Wasser abgelassen, „das lief dann über unser Grundstück“. Man habe versucht, mit den Inhabern des Steinbruchs zu einer Einigung zu kommen.
Im Mai 2019 klingelte es an der Haustür. Drei Mitarbeiter des Kreisbauamtes aus Gummersbach standen vor der Tür – „ohne sich vorher angemeldet zu haben“, wie die Döppers berichten. Das Amt fragte nach einer Baugenehmigung. Das Lindlarer Ehepaar war geschockt, legte dann aber seine Unterlagen vor. „Seit 70 Jahren wird hier gewohnt“, betont das Ehepaar. Rund drei Monate später fand ein Gespräch in Gummersbach statt, an dem, so schildern es die Döppers, neben dem Bauamtsleiter Michael Starck noch drei weitere Mitarbeiter der Behörde teilnahmen.
Dort, so berichtet das Lindlarer Ehepaar, habe man erklärt, dass Baugenehmigungen zu den Anbauten fehlten und keine Genehmigung für dauerhaftes Wohnen bestehe. Zudem hätten die Döppers Umbauten ohne Genehmigung vorgenommen.
Auf die Frage, wie es nun weitergehe, hieß die Antwort „es läuft wohl auf einen Abriss hinaus“. Die Atmosphäre des Gesprächs sei sehr unangenehm gewesen. „Sie brauchen sich gar nicht erst einen Anwalt zu nehmen, wir gewinnen vor Gericht sowieso“, seien die Worte des Amtsleiters gewesen. Und er habe gedroht, „sie werden jetzt viele schlaflose Nächte haben“, berichtet Sabine Döpper.
Einen Vorschlag des Kreises, auf Rechtsmittel zu verzichten und dafür eine auf fünf Jahre befristete Duldung mit der Möglichkeit einer Verlängerung zu erhalten, gehen die Döppers nicht ein. Versuche des Ehepaars, vom Petitionsausschuss des NRW-Landtags Rückendeckung zu erhalten, bleiben erfolglos. Für Bauunterlagen sei der Eigentümer verantwortlich, heißt es in der Begründung.
„Illegalität“ war bekannt
Das Lindlarer Ehepaar begann zu recherchieren und beauftrage Carsten Schwettmann, einen Fachanwalt für Baurecht aus Bergisch Gladbach. Der nahm Kontakt zum früheren Besitzer der Immobilie auf. Dieser wiederum habe berichtet, dass die Behörden bereits 2002/2003 die Anlage überprüft und für illegal befunden hätten. Unterlagen hierzu hätten sich erst nach langem Suchen im Archiv der Gemeinde Lindlar und im Kreisbauamt gefunden. Für die Döppers ist es unklar, wieso die Behörden erst jetzt einschreiten.
„Ein bedauerlicher und schmerzlicher Vorgang“, so nennt Bürgermeister Dr. Georg Ludwig den drohenden Abriss. Vor rund zwei Jahren habe man erstmals mit dem Ehepaar Döpper über die baurechtlichen Probleme gesprochen, weitere Gespräche seien gefolgt. Dabei sei es auch über die Entwicklung des Bauplanungsrechts und die Entwicklung des Flächennutzungsplanes gegangen. Dort ist das Grundstück der Döppers, ebenso wie das gesamte Steinbruchgebiet am Brungerst, als „Rekultivierungsfläche“ verzeichnet.
Das Rathaus will helfen
Man wolle dem Ehepaar mit allen zur Verfügung stehenden Informationen helfen, sagen Ludwig und Petric Newrzella, Leiter des Lindlarer Bauamts. Der Bürgermeister bot eine Vermittlerrolle an. Letztendlich seien die Möglichkeiten der Gemeinde Lindlar sehr begrenzt, die Bauaufsicht sei beim Kreisbauamt in Gummersbach angesiedelt. „Aber auch wenn wir eine eigene Bauaufsicht hätten, müssten wir nach Recht und Gesetz vorgehen“, sagt Newrzella.
Das sagt der Kreis
„Im laufenden Verfahren können wir keine Auskunft erteilen“, so lautet die knappe Antwort von Kreisbaudezernent Felix Ammann auf die Anfrage unserer Zeitung. In der Abrissverfügung des Kreises heißt es, es gehe um eine „Wiederherstellung der Rechtsordnung“, man könne keinen Präzedenzfall schaffen.
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Matthias Remmel ist Geschäftsführer der Otto Schiffarth GmbH. Bei dem Haus der Döppers handele es sich um kein genehmigtes Wohnhaus, sondern um eine geduldete Werkstatt, die von den Döppers zum Wohnhaus umgebaut worden sei. Dafür gebe es keine Genehmigung. „Der Abstand des Hauses zu unserem Betrieb unterschreitet die bestehenden Abstände aus dem Abstandserlass NRW zu Steinbrüchen und Steinsägereien“, erklärt Remmel.
„Selbst wenn die Gebäude vor etlichen Jahrzehnten übergangsweise als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurden, kann dies nicht 80 Jahre später als rechtliche Grundlage für ein Wohnhaus herhalten.“ Der Steinbruch sei deutlich älter. Auch die Remmels haben einen Anwalt eingeschaltet. Sie werfen der Familie Döpper vor, Teile des Firmengrundstücks unrechtmäßig überbaut zu haben. Von der Gemeinde Lindlar wünscht sich der Unternehmer mehr Unterstützung. „Wir schaffen 20 Arbeitsplätze vor Ort und zahlen hier Gewerbesteuern“, sagt Matthias Remmel.