Per Container ab nach ChinaHolz aus Lindlarer Wäldern wird exportiert
Lindlar – Für manche ist Ferdinand Graf von Hardenberg der personifizierte Buhmann der Borkenkäfer-Plage. Einer, der bergisches Holz im großen Stil nach Fernost schickt, das man hierzulande gut gebrauchen könnte. Andere schätzen ihn als denjenigen, der ihnen für ihre vertrockneten Stämme zumindest einen kleinen Obulus zahlt.
An diesem Morgen steht der 65-Jährige jedenfalls im Nieselregen von Frielinghausen und schaut freundlich von seiner Liste auf. Direkt vor dem Klemmbrett wiederholt sich gerade im Halbminutentakt die Verlade-Prozedur. Immer zwei oder drei dicke Fichtenstämme greift der Kran. Mitarbeiter Christian Wachsmuth setzt die Messkluppe genau in der Mitte an, um das Volumen der Rundhölzer zu bestimmen und tackert die rote Plakette mit der individuellen Stammnummer auf. Chef von Hardenberg notiert die Werte, bevor der Kranführer das Holz mit einem lauten Knall im Seecontainer versenkt. Türen zu, Abfahrt nach Antwerpen.
Von Lindlar aus Richtung China
30 Container werden an diesem Morgen Frielinghausen verlassen – und in einigen Wochen in Qingdao wieder geöffnet werden. Die Kaianlagen der ostchinesischen Metropole werden voraussichtlich im laufenden Jahr den Titel als größter Hafen der Welt übernehmen. „Ich weiß, dass ich mir nicht nur Freunde mache“, sagt von Hardenberg. Aber der Markt sei nun einmal frei – das Holz erhalte der, der am meisten dafür zahle. Und das seien eben nicht die Europäer, schon gar nicht die Deutschen.
Ferdinand Graf von Hardenberg lebt im Landkreis Northeim, am südlichsten Zipfel von Niedersachsen. Dort liefen vor einigen Jahren die ersten Deals mit Fernost an. Der Borkenkäfer hatte auch den Fichtenbestand der Grafenfamilie vernichtet. 80 000 Festmeter mussten damals vermarktet werden. Doch von hiesigen Sägern kassierte der Graf eine Absage nach der anderen, spätestens scheiterte das Geschäft an unterschiedlichen Preisvorstellungen.
Vor einigen Jahren noch Neuland
„Man sagte mir, dass der deutsche Endverbraucher nicht einsehe, mehr für Holz zu bezahlen als bis dahin üblich“, erinnert sich von Hardenberg. Einen Teil der Stämme konnte er per Zug nach Süddeutschland und Österreich bringen, aber auch das lohnte den Aufwand kaum. „Zum Schluss waren wir bei 25 Euro pro Festmeter und dafür musste das Holz auch schon fertig auf den Waggons verladen sein.“
Als einer der Ersten knüpft von Hardenberg Kontakte nach China, vor einigen Jahren noch Neuland für deutsche Holzhändler. Doch die Volksrepublik baut emsig und zahlt gut. „Durchweg fünf bis zehn Euro mehr pro Meter als die Konkurrenz“, betont von Hardenberg. Zudem lasse der Export auch einen Anteil von mit Rotfäule versehenen Stämmen zu. „Deutsche Sägewerke verlangen durchweg schneeweißes Fichtenholz – das Rotstichige würde für minderwertig erklärt, was den Erlös schmälert, nicht zuletzt den des Waldbesitzers“, erklärt der Niedersachse.
Mund-zu-Mund-Propaganda mit Waldeigentümern
Etwa die Hälfte des bergischen Käferholzes kauft Ferdinand Graf von Hardenberg nach Vermittlung des Forstamtes an. Bei der anderen Hälfte besorgt die Mund-zu-Mund-Propaganda den Kontakt zwischen ihm und dem Waldeigentümer. Von Hardenberg kauft ausschließlich „auf dem Stock“ – also noch stehende Bäume. Anschließend beauftragt er Harvester mit der Fällung und am Ende rücken die Container an. „Inzwischen exportieren wir auch das sogenannte Kurzholz mit um die sechs Metern Länge nach China – denn auch dafür zahlt Fernost den höchsten Preis“, verrät der Graf.
Zusammen mit Christian Wachsmuth berichtet er von einer „aktuellen Goldgräberstimmung im Holzsektor“. Von Anfragen durch polnische und estländische Gesellschaften, die „jeden Preis“ für Holz bezahlen wollten und zwar bar – bei denen allerdings immer der Verdacht mitschwinge, dass mit den Holz-Deals Geld gewaschen werden solle. „Wir bleiben unseren chinesischen Kunden treu“, betont Graf von Hardenberg. Die Volksrepublik baue nach wie vor wie verrückt, zahle gut und pünktlich. Nicht zuletzt hat der Händler den Chinesen nicht vergessen, dass sie ihm einst beim eigenen Holz halfen. „Verlässlichkeit ist ein ganz wichtiger Faktor“, nickt von Hardenberg.
Das könnte Sie auch interessieren:
Weit über 100 000 Festmeter Fichte hat er inzwischen aus dem Bergischen und dem Siegerland exportiert. „Langsam geht unsere Mission hier zu Ende“, sagt der Niedersachse. Aber einige Male wird er noch nach Lindlar kommen, um bergisches Holz auf die Weltreise zu schicken. Wieder zusammen mit seinem Klemmbrett und einer ganzen Karawane von Lastwagen mit noch leeren Containern.