Damals schon im Marienheider Kollegium waren der heutige Schulleiter Wolfgang Krug und Chemielehrer Stefan Kayser, die die Autoexplosion mitbekamen.
Doppelmord in MarienheideZeitzeugen und eine Reporterin erinnern sich an die Autoexplosion
Seit dem Doppelmord an der Gesamtschule in Marienheide vor 25 Jahren sind viele Lehrer gekommen und gegangen. Damals schon im Marienheider Kollegium waren der heutige Schulleiter Wolfgang Krug und Chemielehrer Stefan Kayser. Krug war 1997 an die Schule gekommen und damals Vize-Schulleiter, am Tag der Explosion aber auf einer Weiterbildung.
„Ich habe auf der Rückfahrt im Auto davon gehört, was sich in Marienheide zugetragen hatte. Ich bin aber am Tag in Absprache mit der damaligen Schulleiterin selbst nicht mehr zur Schule gefahren“, erinnert sich der Schulleiter heute. Als er samstags dann zur Schule gekommen sei, habe das Wrack des explodierten Autos nicht mehr am Tatort gestanden.
Während des Chemieunterrichts einen laufen Knall gehört
Seit 1996 an der Schule war Stefan Kayser. „Wir waren damals im Chemieraum, der Unterricht hatte gerade angefangen, als wir einen lauten Knall gehört haben“, erinnert auch er sich noch sehr gut an jenen schwarzen Freitag. Erst später sei dann offenbar geworden, was sich auf dem Parkplatz abgespielt hatte.
„In der Schule war es auffällig leise, alle Stimmen waren unglaublich leise, viele Leute waren einfach nur betroffen und weinten“, schildert Kayser die Stimmung. In den Tagen nach dem Anschlag sei Unterricht kaum oder gar nicht möglich gewesen, berichten die beiden. Für alle habe es Gesprächsangebote gegeben. „Heute gibt es dafür Kriseninterventionsteams“, sagt Wolfgang Krug.
Viele Jahre nach dem Mordanschlag erinnerten im Lehrerzimmer Bilder an die beiden ermordeten Kolleginnen. Nach zehn Jahren seien diese in Absprache mit den Familien aber weggestellt worden, berichtet Schulleiter Krug. Geblieben ist heute eine Art anonyme Gedenkstätte mit zwei Steinen und zwei Bäumen an der Stelle, an der damals das Auto explodierte – allerdings ohne Namen der beiden Opfer. „Das haben wir auf Wunsch der Nachbarn so gemacht“, erklärt der Schulleiter. Geblieben ist auch die Erinnerung an das Verbrechen.
Interview mit der damals berichtenden Reporterin
Judith Thies berichtete 1998 als freie Mitarbeiterin dieser Zeitung über den Anschlag. Heute ist sie Sprecherin des Kirchenkreises.
Wie haben Sie Ihre Arbeit an diesem Tag noch in Erinnerung?
Judith Thies: Am Ende war es eine Gemeinschaftsarbeit: ein Beispiel dafür, wie eine Redaktion eine Geschichte seriös recherchiert. Einer alleine hätte das gar nicht leisten können. Mein Part war es, den ganzen Tag vor Ort in Marienheide Eindrücke zu sammeln und abends den Text zu schreiben.
Das war aber wegen der besonderen Umstände eines schrecklichen Doppelmordes bestimmt nicht leicht?
Gewiss nicht. Als Journalist lernt man aber, sich auf die Nachricht zu konzentrieren. Trotz der schockierenden Umstände mussten wir konzentriert bleiben und die Informationen, die es an diesem Tag aus Marienheide gab, sauber bearbeiten.
Wie haben Sie die Situation vor Ort in Erinnerung?
Neben den Eindrücken vom eigentlichen Tatort mit dem zerbombten Auto ist mir der große Presserummel in Marienheide an der Gesamtschule in Erinnerung geblieben. Unser Fotograf Dirk Adolphs und ich waren da ja nicht allein. Ich weiß noch, wie ein Fotograf einer Boulevardzeitung ohne zu fragen an der Regenrinne eines Hauses hochgeklettert ist, um vom Balkon einen besseren Blick auf den Tatort zu bekommen. Für mich war klar, dass ich so niemals arbeiten wollte.
Was hat Sie an dem Doppelmord besonders bewegt?
Ich frage mich bis heute, wie perfide ein Mensch sein muss, der so eine Tat im Detail plant. Es würde mich interessieren, was aus den Tätern geworden ist und wie sie heute dazu stehen.