AboAbonnieren

Bauprojekt in MorsbachKulturzentrum im alten Bahnhof bald bezugsfertig

Lesezeit 5 Minuten

Außen ist Morsbachs alter Bahnhof noch eingerüstet, innen aber nahezu fertig gestellt. Das freut Bürgermeister Jörg Bukowski (l.) ebenso wie Florian Stausberg von der Bauverwaltung.

Morsbach – Dicke Säulen aus Natursteinquadern, kantige Balken aus schwerem, dunklem Holz. Und dazu ein bisschen Schummerlicht. Doch auch wenn Bürgermeister Jörg Bukowski noch so gern von „Morsbachs schönstem Weinkeller“ schwärmt: Edle Tropfen haben unter dem alten Bahnhof nichts zu suchen. Das frühere Kohlelager gehört nämlich allein Morsbachs Nachwuchs, nach Ostern will das Jugendzentrum „Highlight“ diesen gut 120 Quadratmeter großen Raum in Besitz nehmen.

Und auch die Halle, die sich auf jene massiven Säulen stützt, gehört dem Treffpunkt: In der früheren Güterhalle soll gespielt, „gezockt“, werden. Bald ist es also so weit: Nach dem Umbau und seiner Sanierung ist der Bahnhof nahezu bezugsfertig. Fast 2,43 Millionen Euro haben Umbau und Instandsetzung gekostet. Rund 400 000 Euro kommen aus der Gemeindekasse, der Rest fließt aus Fördertöpfen.

Gebäude wurde 1,50 Meter tiefer ins Erdreich gesetzt

Wer aber hat ein solches Gebäude mal tiefer gelegt? Florian Stausberg von der Morsbacher Bauverwaltung darf da durchaus die Hand heben. Auch wenn er selbst nicht zu Spaten und Hacke gegriffen hat: „Wir mussten 1,50 Meter tiefer ins Erdreich“, verrät Stausberg, wie Bauarbeiter für den Jugendtreff Platz geschaffen haben. Der ist durch zwei Eingänge zu erreichen, Kinder und Jugendliche kommen niemandem in die Quere.

Der Jugendtreff Highlight zieht in den Keller des Gebäudes.

Noch in schützende Pappe gepackt ist nebenan der Tresen, an dem Sektgläser klirren werden: Die Wartehalle ist Traumzimmer geworden, in einer kleinen Küche hinter dem Tresen im Foyer können Häppchen angerichtet werden. „Zudem finden Kulturveranstaltungen statt, es gibt Platz für etwa 50 Zuschauerstühle“, schildert Bürgermeister Bukowski. Denn als soziokultureller Treffpunkt und Integrations- und Begegnungshaus ist das Projekt im Frühjahr 2016 auf die Schiene gebracht worden, als Kulturbahnhof nimmt es nun Fahrt auf. Auch für private Feiern soll das Hochparterre des um 1890 errichteten Gebäudes zur Verfügung stehen.

Draisinen-Projekt

Mit rund 300 000 Euro statt der zuvor errechneten Kosten in Höhe von 200 000 Euro muss Morsbach inzwischen rechnen, will die Gemeinde Draisinen auf die Schiene setzen. Vor allem die Sicherungsmaßnahmen seien einem Gutachten zufolge wesentlich teurer, erklärte Bürgermeister Jörg Bukowski jüngst der Politik, allerdings hatte er auch eine gute Nachricht: 195 000 Euro der Kosten können aus dem europäischen Leader-Förderprogramm bezahlt werden. Den Rest müsste Morsbach jedoch selbst bezahlen – das sind 30 000 Euro mehr als zuvor kalkuliert. Betrieben werden soll das „Rail-Radeln“, so der Projekttitel, von einem Verein. Bukowski: „Jetzt gehen wir die Gründung an.“ (höh)

„Der Fokus bei den Nutzungen liegt aber klar auf dem Ehrenamt und den Trauungen“, betont Bukowski, denn in die Büros im ersten Geschoss soll die Verwaltung der Musikschule ebenso ihren Platz finden wie das Büro der Ehrenamtsinitiative Weitblick und das von Schiedsmann Michael Braun. Bukowski: „Gerade für die Musikschule ist die zentrale Lage von Vorteil.“

Außen ist Morsbachs alter Bahnhof noch eingerüstet, innen aber nahezu fertig gestellt.

Den Vereinen steht auf dieser Etage zudem ein Konferenzraum offen, in dem Workshops und Seminare, aber auch kleine Ausstellungen organisiert werden können. Früher hat dort Morsbachs letzter Bahnhofsvorsteher gewohnt. Unterm Dach gibt es eine zweite Wohnung, die zurzeit allerdings nicht hergerichtet wird und vorerst als Lager genutzt werden soll.

Als Objektmanagerin für den Kulturbahnhof arbeitet demnächst Nadja-Maria Schwendemann ebenfalls in den Wänden des historischen Gebäudes. Das soll im kommenden Monat den Oberbergern vorgestellt werden, für den „Tag der Städtebauförderung“ (8. Mai) ist ebenfalls eine Präsentation geplant.

Managerin widmet sich Aufgaben mit großer Vielfalt

Die Internetseiten des neuen Kulturbahnhofs mit Inhalten füllen, an Konzepten für erste Veranstaltungen feilen, Hochzeiten entwerfen, Kooperationspartner finden: Überaus vielfältig sind die Aufgaben, die Nadja Maria Schwendemann derzeit zu erledigen hat. Seit 1. August ist die 59-Jährige aus Euelsloch Objektmanagerin des Kulturbahnhofs. „Zurzeit versuche ich vor allem herauszufinden, was gefragt ist und was gewünscht wird“, sagt sie.

Bei ihrer Arbeit orientiert sie sich an bestehenden Projekten dieser Art, die Kulturbahnhöfe von Overath und Idstein seien ihre persönlichen Favoriten. „Die sind zwar größer, aber in Sachen Ambiente kann Morsbach locker mithalten“, ist Schwendemann überzeugt. Weil ein Eröffnungsfest voraussichtlich nicht stattfinden kann, ist die Arbeit an einer virtuellen Einweihung mit einer Filmpräsentation eine der vielen anderen Aufgaben.

Für den 16. Juni plant sie zurzeit eine „Stolpersteine“-Wanderung, die aus der Ortschaft Niederwarnsbach hinunter zum Bahnhof führt (geplanter Beginn: 9 Uhr). Diese erinnert an den letzten Weg der Familie Levy. Zuvor wird der Künstler Gunter Demnig vier „Stolpersteine“ vor dem Haus der Familie ins Pflaster bringen. „Und am Bahnhof gibt es dann eine Gedenkfeier.“ (höh)

Weil ein Fest zur Eröffnung außer Reichweite ist, möchte die Gemeinde ihr Schmuckstück im April wenigstens in einem Film und dann online vorstellen. „Nach Ostern und bis zum 30. Juni soll die Außenanlage hergerichtet sein“, ergänzt Bukowski. Er hofft, dass der Bahnhof dann endlich zu Leben erwacht, sollte die Corona-Pandemie dies erlauben. Zuvor will das Standesamt der Gemeinde vereinzelte Trauungen in den Räumen möglich machen.

Viel Historisches hat einen neuen Platz gefunden

Dass dort so viel Originales wie möglich erhalten ist, freut unterdessen Florian Stausberg vom Gebäudemanagement im Rathaus: „Diese Tür hier stammt noch aus den Anfängen“, sagt er und greift nach dem Knauf. War diese Tür einst der Haupteingang zur Bahnstation, so dient sie nun als Windfang dahinter. „Und auch die Fenster sind die alten, ein Tischler hat sie aufgearbeitet.“

Einen Blick in den frisch renovierten ehemaligen Bahnhof. Die Innenarbeiten sind beinahe abgeschlossen.

Modernste Technik im Trauzimmer und Veranstaltungssaal trifft nebenan auf alte Optik mit Zementfliesen „wie vor 100 Jahren“. Besonders stolz ist Stausberg auf die Akustik dort. Und von dem bröckeligen Kaminzug, der einst den Raum höchst unschön durchtrennte, ist nichts mehr übrig.

Das könnte Sie auch interessieren:

Verschwinden wird draußen derweil eines der Gleise, die am Bahnhof entwidmet werden, damit dort zum Beispiel Draisinen auf die Schiene gesetzt werden können. Nebenan neu gebaut wird ein Platz, der eine vielfältige Nutzung bekommen soll, zum Beispiel für den jüngst wiederbelebten Wochenmarkt.