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Rettung für BambisOberberger Kitzretterinnen gründen eigenen Verein

Lesezeit 3 Minuten

Angelika Bonsch (M.) ist die 1. Vorsitzende des von ihr gegründeten Vereins „Werde KitzretterIN“.

Drabenderhöhe – In Niedermiebach kurz hinter Drabenderhöhe hat sich am Wochenende der Verein „Werde KitzretterIN“ gegründet. Die Versammlung konnte trotz Corona stattfinden - mit Sondergenehmigung durch Landrat Jochen Hagt, berichtet die Initiatorin und frischgewählte 1. Vorsitzende Angelika Bonsch, „weil wir eine Aufgabe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausüben“. Die besteht darin, den Rehwild-Nachwuchs, der sich in Feldern und Wiesen verbirgt, vor dem Tod durch Landmaschinen zu retten.

Kein Anblick zum Vergessen

Wer ein so grausam umgekommenes kleines Reh einmal gesehen hat, wird den Anblick nicht so schnell vergessen. Und verstehen, warum sich Bonsch und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter so sehr dafür einsetzen, die Tiere vor diesem Schicksal zu bewahren. Geschätzt verenden deutschlandweit jährlich 250 000 Kitze durch Mähmaschinen.

Mit Stöcken schieben die Kitzretterinnen das Gras vorsichtig zur Seite, um kein Kitz zu übersehen.

Mit ein paar Freundinnen hat Angelika Bonsch vor ein paar Jahren begonnen, Wiesen vor der Mahd nach den Kitzen abzusuchen. Berichtet wurde davon im Internet, die WhatsApp-Gruppe der Unterstützer wuchs rasch auf um die 80. Gleichzeitig stieg die Zahl der Einsätze. Alleine habe sie das alles nicht mehr organisieren können, sagt Bonsch. Deshalb also jetzt die offizielle Vereinsgründung, um die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen und Spenden besser verwalten zu können.

Saison beginnt bald

Im April beginnt die „Saison“ für die Kitzretterinnen, dann, wenn die Landwirte anfangen, zum ersten Mal im Jahr ihre Wiesen zu mähen. Das Gras steht dafür hoch genug, aber auch hoch genug, dass die Ricke dort ihr Kitz vor Feinden geschützt zurücklassen kann, um auf Nahrungssuche zu gehen.

Damit das Kitz nicht nach Mensch riecht, heben es die Retter mit Handschuhen und Graspolster vorsichtig in eine Transportbox.

Zeit spielt eine wichtige Rolle bei der Kitzrettung: Durch das Tierschutzgesetz sind die Landwirte verpflichtet, dem jeweiligen Jagdpächter rechtzeitig zu melden, wann sie mähen wollen. Es schmeckt nicht allen, sich mehre Tage vorher schon auf den Mähtermin festlegen zu müssen, sagt Michael Burhans, einer der Jäger im 400 Hektar großen Wiehler Revier Überdorf. Dort wurden die Kitzretterinnen für ihre Aufgabe vorbereitet, hier suchen sie inzwischen regelmäßig die Wiesen ab. Am Abend vor der Suche werden an Stöcken befestigte Plastiktüten in die Wiese gesteckt in der Hoffnung, dass das Geräusch der Tüten Ricke und Kitz stört und sie sich eine andere Liegestelle suchen. Möglichst dicht vor dem Mähtermin sollen die Wiesen abgesucht werden. Da bei schönem Wetter nicht nur einer, sondern mehrere Bauern am selben Tag mähen wollen, müssen die Kitzretterinnen Teams bilden. Mit langen Stöcken zerteilen sie beim Gang über die Wiesen behutsam das Gras vor ihnen, um kein Kitz zu übersehen. „Die sind kurz nach der Geburt kaum größer als eine Brezel“, sagt Uschi Menge-Voss, die 2. Vorsitzende des neuen Vereins.

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Wird ein Tier gefunden, ziehen sich die Retter Handschuhe an und rupfen ein paar Büschel Gras aus, mit dem sie das Kitz vorsichtig umfassen, es in eine ebenfalls mit Gras ausgelegte Transportkiste betten und am Wiesenrand abstellen, bis der Mäher durch ist. Die Bauern sind meist so nett, eine kleine Fläche Gras stehen zu lassen. Dort hinein wird das Kitz dann gelegt und aus der Distanz überwacht, bis die Mutter zurückkehrt. Allein 2020 konnten bei 27 Suchen 34 Kitze gerettet werden.

Über die Arbeit der heimischen Kitzretter gibt es ab sofort auch einen Film auf Youtube zu sehen, zu finden unter „Unterwegs mit den Kitzretterinnen“. Wer sich ihnen anschließen will, meldet sich bei Angelika Bonsch (0160/ 98 58 70 30. Für eine finanzielle Unterstützung werden Konten bei Volksbank und Sparkasse eingerichtet. Mit dem Geld soll eine Drohne mit Wärmebildkamera angeschafft werden, um bei parallelen Einsätzen effektiver suchen zu können.