Bei der „8. Rauhnacht“ im Morsbacher Kulturbahnhof wurde alte Bräuche und Geschichten rund um den Jahreswechsel vorgestellt.
8. RauhnachtDiese Frauen zeigen in Morsbach alte Bräuche
Rauhnacht – allein das Wort hat einen magischen Klang. Nadja Schwendemann hatte sich im Vorfeld der achten Veranstaltung unter diesem Titel für die alte Schreibweise „Rauhnacht“ mit „h“ entschieden. Die Programmmanagerin des Morsbacher Kulturbahnhofs will auf die jahrhundertealten Traditionen hinweisen, die es in der Zeit um den Jahreswechsel gibt.
Und so entführten am Samstagabend in Morsbach drei Märchenerzählerinnen ihre Gäste in die Welt der Geister, Sagen und Mythen. Andrea Koch aus Neuss erklärte zunächst, dass die „Zwölf Heiligen Nächte“ zwischen dem Ersten Weihnachtstag und „Heilige Drei Könige“ Rau(h)nächte genannt werden.
Silvesterknaller und „Wilde Jagd“
In manchen Regionen sei mit den Ritualen bereits an Heiligabend oder schon zur Wintersonnenwende am 21. Dezember begonnen worden. Von diesen „Weihe-Nächten“ leite sich auch der Begriff Weihnachten ab. Legenden besagten, dass am Silvestertag in der Mitte der zwölf Heiligen Nächte die „Wilde Jagd“ stattfindet, das Geisterreich offensteht und Dämonen durch die Lande ziehen.
Deshalb habe sich der Brauch entwickelt, in der Silvesternacht laut zu knallen, um die Unholde zu vertreiben. An jedem Abend sei in Haus und Hof geräuchert worden. Das habe einerseits den praktischen Nutzen gehabt, Ungeziefer in Wohnung und Stall zu Leibe zu rücken, andererseits aber auch die „dicke Luft“ nach Zank und Streit im Laufe des Jahres mitsamt dem Rauch beim anschließenden Lüften aus dem Zimmer zu verbannen.
Dieses demonstrierte Koch mit getrockneten Kräuterbündeln von Salbei, Lavendel, Lorbeer und Rosmarin aus dem eigenen Garten. Sie betonte: „Die Stängel dürfen nicht brennen, sondern nur glimmen. Ansonsten haben die ätherischen Öle keine Wirkung.“ Neben heimischen Hölzern und Kräutern präsentierte sie auch „Arz“, gemahlenen Wacholder von einem heiligen Berg in der Mongolei. Und das „heilige Holz Palo Santo“ aus Brasilien.
„Räuchern schafft an grauen Wintertagen wohliges Behagen“, reimte Andrea Koch und entzündete schließlich weißen Salbei: „Das riecht wie Würstchen beim Wintergrillen.“ Nach diesem Rauch- und Duft-Mischmasch war auch im Kulturbahnhof gründliches Lüften angesagt.
Passend zu der darauffolgenden Kühle im Raum erzählte die Morsbacherin Anja Altmeppen-Höhler mitreißend die Geschichte vom Schneekind. Bewegt verfolgten die Zuhörer, wie ein kinderloses Ehepaar anstelle ein Schneekind baute, das plötzlich lebendig wurde und bei ihnen lebte.
Doris Klein, ebenfalls aus Morsbach, erzählte die Eskimo-Sage von der „Skelettfrau“, in der ein Mädchen nach einem Sturz von einer Klippe ins Meer stirbt. Die Knochen geraten nach langer Zeit im Wasser einem jungen Fischer an den Haken – und bedecken sich schließlich in seinem Iglu wieder mit Fleisch.
„Daniel Crowley und die Geister“
Klein unterstrich: „In nordischen Breiten sind viele Menschen überzeugt davon, dass sich diese Geschichte genauso zugetragen hat.“ Zuvor hatten die beiden Frauen „Daniel Crowley und die Geister“ aus Irland und „Frau Holles Apfelgarten“ zum Besten gegeben. Nach der „Taube mit dem goldenen Stühlchen“, einer thüringischen Sage, schilderte Andrea Koch in „Holunder tut Wunder“, wie der Strauch zu seiner heilkräftigen Wirkung kam.
Mit nach Hause nehmen durften die Gäste kleine Röhrchen, gefüllt mit Weihrauch und einer daran befestigten Feder zum Verwedeln des Duftes. Dazu gab es uralte Spruchweisheiten zu den Raunächten. Darunter waren etwa: „Wer in der Neujahrsnacht eine Hagebutte isst, ohne dabei zu sprechen, bleibt das ganze Jahr gesund.“ Oder: „So viele Sterne man in der Dreikönigsnacht durch den Schornstein sehen kann, so viele Schoppen darf man anschließend trinken.“