Eine Leidenschaft, die unterschiedliche Generationen verbindet: ein Besuch bei den Wolpertingern in Morsbach.
WeiberfastnachtDrei Tänzerinnen aus Morsbach geben Einblick in die Gruppe der Wolpertinger
Wenn im Oberbergischen Karneval gefeiert wird, gehören die zahlreichen Sitzungen in den Festzelten dazu – ob Damensitzung, Herrensitzung, Mütterkaffee oder die vielen Feste vor und nach dem Straßenkarneval. Doch was wären all diese Feiern ohne die vielen Tanzgruppen, die es auch im Oberbergischen gibt. An Weiberfastnacht stellen wir eine dieser Gruppen genauer vor – passend zum Tag aus weiblicher Sicht und aus drei unterschiedlichen Generationen.
Wir waren zu Besuch bei den Wolpertingern in Morsbach, die nicht nur an Karneval auf der Bühne stehen, aber an den jecken Tagen ihre Hochzeit an Auftritten erleben.
Hiltrud Steckelbach: Im Stall die ersten Tanzschritte gemacht
Eigentlich habe sie viel früher mit dem Tanzen bei den Wolpertingern in Morsbach anfangen wollen. „Aber meine Eltern haben mir das damals noch nicht erlaubt, ich sollte erst die Schule fertig machen“, erzählt Hiltrud Steckelbach (Foto oben, l.) aus Morsbach. Bis es so weit war, trainierte die Jugendliche, deren Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb hatte, zunächst im Stall vor den Kühen als Publikum. „Außerdem habe ich mir einige Tanzschritte von meinen Schwestern abgeschaut“, verrät sie. Denn es waren ihre beiden älteren Schwestern, die Hiltrud Steckelbach zu den Wolpertingern brachten. Beide sind Gründungsmitglieder der Gruppe.
1989 war es dann so weit und Hiltrud Steckelbach wurde im Alter von 16 Jahren endlich Teil der Wolpertinger. Ihr erster Tanz mit der Gruppe im darauffolgenden Jahr stand unter dem Motto „Hüte Tanz“. Denn das ist das, was die Wolpertinger auszeichnet: Jedes Jahr gibt es ein neues Motto, neue Kostüme und eine neue Choreografie. „Unsere Kostüme wurden jahrelang maßgeschneidert. Eine Schneiderin kam zu den Trainings, hat bei allen Maß genommen und uns die Kostüme auf den Leib geschneidert“, erinnert sich Steckelbach.
Besonders vor ihrer ersten Tanzaufführung mit den Wolpertingern sei sie mächtig aufgeregt gewesen. Aber auch bei den weiteren Aufführungen, die über viele Jahre folgten, sei die Anspannung unmittelbar vor dem Auftritt immer da gewesen. „Wir haben schon so viel erlebt“, sagt Steckelbach. Heute tanzt sie nicht mehr, ist Abteilungsleiterin im Morsbacher Sportverein und war bis vor Kurzem Trainerin der Wolpertinger. „Dirty Dancing 2003 war mein letzter Tanz. Da hatte ich Tränen in den Augen“, berichtet sie. Ganz aufgehört zu tanzen, hat sie dann aber doch nicht. Zumindest auf besonderen Feiern steht sie mit den anderen Wolpertingern und Ehemaligen noch auf der Bühne.
Nicole Selhorst: In der Tanzgruppe echte Freundschaften geknüpft
Im Jahr 1999 stieß Nicole Selhorst (Foto oben, r.) zu den Wolpertingern. „Ich war vorher Mitglied der DLRG, acht Jahre alt und das einzige Mädchen in der Gruppe. Darauf hatte ich keine Lust mehr“, erzählt sie. Ihr Vater sei schon immer ein Vereinsmensch gewesen und so setzte er seine Tochter eines Tages nach der Schule bei einem Training der Wolpertinger ab. „Mir hat das Tanzen sofort gefallen. Sich bewegen, in der Gruppe zu sein, das Miteinander und Spaß haben“, beschreibt Selhorst das, was für sie die Tanzgruppe ab der ersten Minute ausgemacht habe. „Wir haben nicht nur getanzt, im Verein sind mit der Zeit Freundschaften entstanden. Wir haben uns auch neben dem Training getroffen.“ Und auch Freundschaften mit anderen Gruppen wurden geschlossen. So ging es von Morsbach aus regelmäßig an die Mosel – bis heute.
Urlaubsreisen wurden genutzt, um Accessoires für die Mottokostüme zu besorgen, die es in Deutschland damals nicht zu kaufen gab. „Eine unserer Gruppe war in Amerika, hat dort Cheerleader-Pompons gekauft und per Post nach Morsbach geschickt“, erzählt Selhorst. Apropos Post: „Es ist mehr als einmal vorgekommen, dass Kostümteile auf den letzten Drücker geliefert wurden. So war es einmal mit Schuhen. Wir hatten das gesamte Kostüm zusammen, nur die goldenen Schuhe fehlten, die kamen erst kurz vor dem Aufritt. Wir sind dem Postboten um den Hals gefallen, als er mit der Lieferung vor der Türe stand“, sagt Selhorst lachend. Bei ihrem ersten Auftritt auf der Bühne verlor sie übrigens einen Schuh, der ins Publikum flog. Ein andermal habe sie mit gebrochener Nase getanzt.
Aufgehört zu tanzen habe sie erst, als sie einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehalten habe. „Bis vergangenes Jahr habe ich eine Gruppe trainiert, jetzt bin ich einfach Mama“, sagt sie und ist stolz. Denn heute tanzt ihre Tochter Paulina bei den Wolpertingern. „Bei der Feier zu Hiltruds 50. stand ich mit meiner Tochter gemeinsam auf der Bühne. Das war emotional.“
Paulina Selhorst: In die Fußstapfen der Mama getreten
Mit zehn Jahren ist Paulina Selhorst (Foto oben, M.) eine der Jüngsten und Teil der „Mini-Wolpis“. Seit einem Jahr ist sie dabei und schaut frisch auf ihren ersten Auftritt beim „Bunten Abend“ in Morsbach zurück. Denn dort werden traditionsgemäß jedes Jahr die neuen Choreografien der Wolpertinger uraufgeführt. „Ich war ganz schön aufgeregt“, erzählt die Zehnjährige. Der Auftritt habe aber gut geklappt und viel Spaß gemacht.
Der Wunsch, einer Tanzgruppe beizutreten, sei erst im vergangenen Jahr entstanden. „Ich habe vorher eigentlich Taekwondo-Sport gemacht“, erzählt Paulina Selhorst. Doch sie habe gerne etwas Neues ausprobieren wollen und so nahm sie an einem Probetraining der Wolpertinger teil. Das habe ihr auf Anhieb gefallen. „Ich mag das Tanzen lieber als Taekwondo“, gibt die junge Morsbacherin grinsend zu.
Viele der anderen Mädchen aus ihrer Tanzgruppe kenne sie bereits aus der Schule. Und schon nach kürzester Zeit seien Freundschaften entstanden. Mit dem Tanzsport bei den Wolpertingern tritt Paulina Selhorst in die Fußstapfen ihrer Mutter Nicole, die ihre Tochter tatkräftig unterstützt und ihr den Vereinssport näher gebracht hat.
Die aktuelle Choreografie von Paulinas Gruppe steht unter dem Motto Disney. Mit passend bedruckten T-Shirts, bunt glitzernden Pailletten-Hosen und vielen weiteren Bühnenaccessoires wirbeln die jungen Mädchen über die Bühne. Noch traue sie sich eine Hebefigur nicht zu, meint Paulina, schließt dies aber für die Auftritte in den nächsten Jahren nicht aus – dann, wenn sie mehr Erfahrung im Tanzsport bei den Wolpertingern gesammelt habe.
Tanzen ist bei einigen Wolpertingern Familiensache
Mehrere Wolpertinger tanzen über Generationen in der Morsbacher Sportabteilung. Tanzen ist Familientradition bei (auf dem Foto oben, v.l.) Luna Schausten und ihrem Vater Oliver (fehlt auf dem Bild), Lina Alfes und ihrer Mutter Martina, Nicole Selhorst und Tochter Paulina, Michael Molzberger und Tochter Fabienne sowie Celina Bach und ihrem Vater Christian (fehlt auf dem Bild). Vor Stolz fließt bei den Eltern auch schon mal ein Tränchen.
Die Wolpertinger
Im Jahr 1986 wurden die Wolpertinger gegründet. Die Tanzgruppe entstand aus einer Damengarde, die sich vom Karneval absplitten wollte und sich dem Morsbacher Sportverein als eigene Abteilung angliederte. Der Name der Gruppe ist angelehnt an ein Dekorationsstück des damaligen Trainers in Form des gleichnamigen bayerischen Fabelwesens. So war nicht nur die namentliche Bezeichnung der Morsbacher Sportabteilung, sondern auch das Maskottchen geboren.
Heute bestehen die Wolpertinger, die sich vor allem durch Showtanz auszeichnen und auch an bundesweiten sportlichen Wettbewerben teilnehmen, aus zwei Gruppen. Bei den Mini-Wolpis tanzen insgesamt 29 Kinder ab neun Jahren, die ältere Gruppe zählt aktuell 12 Mitglieder ab 16 Jahren. Einziger Wermutstropfen: bei den Wolpertingern herrscht Männermangel.
Wer in die Gruppe reinschnuppern möchte, der hat beim Probetraining am Mittwoch, 13. März, in der Sporthalle A, Hahner Straße 26, in Morsbach die Möglichkeit dazu. Ab 18 Uhr trainieren die Kinder (mindestens Jahrgang 2008) und ab 20 Uhr die Großen.