Nackt-WanderungWind, Sonne und Regen in der Region direkt auf der Haut spüren
Wipperfürth – Das Wandern ist des Müllers Lust – und nicht nur dessen, denn rund die Hälfte der Deutschen wandert regelmäßig. Das geht auf vielerlei Art und Weise, beispielsweise nackt. Gleich eine ganze Gruppe, initiiert von Günther Ludwig aus Wuppertal, machte sich auf den Weg und erwanderte eine Strecke von stolzen 13,5 Kilometern, ausgehend von der Neyetalsperre bis zur Bever und wieder zurück.
Einige irritierte Blicke
Den einen oder anderen irritierten Blick durften die rund 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf ihrer Tour mit Sicherheit bekommen haben. Aber das kennen sie schon, genau so wie Sprüche von „Ach, wie exotisch“, bis hin zu „Das machen wir das nächste Mal auch!“. So wie man auf die Leute zugehe, seien auch die Gegenreaktionen und somit überwiegend positiv, wissen die Nacktwanderer aus Erfahrung.
Aus der Sparte „das machen wir das nächste Mal auch!“ waren einige der Teilnehmer, die sich erstmals an das Experiment Nacktwandern wagten. Um etwas Sicherheit für den Anfang zu gewinnen, starteten sie zwanglos mit etwas Restbekleidung, nachdem sie aber den ersten Wanderern in Textil bekleidet waren und deren Reaktionen erlebten, legten sie letzte Bedenken und somit auch ihre Textilien ganz ab.
Im Gegensatz zu Thüringen oder Sachsen, wo es sogar Nacktwanderwochen und extra für das Hobby ausgewiesene Wege gibt und das Nacktwandern weiter verbreitet ist, als hier in der Region, organisiert sich die Gruppe um Ludwig selbst und trifft sich regelmäßig zum Wandern, jedoch zu selten, wie sich alle einig sind.
Die Teilnehmer kommen von weit her
Dafür nehmen manche ziemlich weite Wege in Kauf und reisen aus der Eifel, Aachen, Dortmund, Herford oder sogar Belgien an. Dort sind solche Events, wie auch in Italien, sogar verboten.
Weil das Hobby schon etwas außergewöhnlich scheint für Außenstehende, ist es den Naturisten umso wichtiger, aufzuklären, wenn Bedarf herrscht und so tragen sie ein Infoblatt mit sich, das ihnen hilft, auch mal mit kritischen Wanderern ins Gespräch zu kommen.
Nackter Aufenthalt in der Natur ist nicht strafbar
Verboten ist es nicht, sich nackt in der Natur aufzuhalten, denn im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), gibt es keine Bekleidungsvorschriften. Lediglich im Falle von sexuellen Handlungen oder der Störung der öffentlichen Ordnung könnten Ordnungsamt oder Polizei einschreiten.
„Das tun wir ja aber nicht. Uns geht es beim Nacktwandern um das Freiheitsgefühl, das direkte Erleben der Natur und um die Witterung zu spüren“, fasst Ludwig die Beweggründe von sich und seinen Mitstreitern zusammen. Überhaupt soll alles im Einklang mit der Natur geschehen, so die Philosophie, die dahinter stegt.
Nacktwanderer legen Badestopp an der Bever ein
Um genau diese Punkte von der angenehmsten Seite erleben zu können, gab sich das Wetter die Ehre, perfekt zu sein. Am noch kühlen Vormittag ging es los und bis die Sonne den Nacktwanderern so richtig einheizen konnte, legte die Gruppe auch schon ihren Badestopp an der Bever ein.
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Doch auf dem Weg lauern auch immer wieder natürliche Feinde aus der Fauna. Müssen sich Naturisten nicht noch ein bisschen mehr vor Zecken oder Bremsen hüten, als Wanderer in Textil?
„Zecken können sich nicht erst in die Kleidung einnisten”
Ein einvernehmliches „Nein“ schallt durch die Reihen. „Die bemerken wir noch viel schneller.
Zecken können sich nicht erst in die Kleidung einnisten, bevor sie uns angreifen und Bremsen können problemlos weggeschlagen werden“, klärt einer der Teilnehmer auf und lacht, während mit dem Auftragen der Sonnencreme nicht gegeizt wird.
Dass die Gruppe am Samstag überwiegend aus Männern bestand, ist nicht unüblich. „Die Frauen trauen sich einfach nicht“, erklärten Männlein und Weiblein im Chor und zuckten bedauernd mit den Schultern. Auch wunderten sie sich immer wieder von Neuem, dass so wenig jungen Menschen mit von der Partie seien.
Tipps für Nacktwanderungs-Einsteiger
Für Einsteiger hat Naturist Ludwig vorab nur einen wichtigen Tipp: „Sich vorab gut informieren!“, dafür seien die Webseiten www.natury.de und www.nrw-macht-sich-frei.yocoo.de hilfreich.
Rücksichtnahme untereinander wie auch für alle anderen, denen sie auf dem Weg begegnen, wird bei dem 55-Jährigen und seinen Wandergefährten groß geschrieben. „Wir wollen andere Leute nicht aufregen“, so Ludwig und lüftet das Geheimnis um den Inhalt im Rucksack: Handtuch, Notbekleidung für etwaige Notfälle oder bei der Durchquerung einer Ortschaft haben alle immer dabei.
Und selbstverständlich kam diese dann auch noch zum Einsatz beim gemütlichen Ausklang im Biergarten, wobei die außergewöhnliche Gruppe auch dort bei dem einen oder anderen, die dort von anderen Wandersleuten wiedererkannt wurde, für Neugierde, aber auch ein Schmunzeln sorgte.
Dieser Text wurde erstmals am 21. August 2022 veröffentlicht.