Niemand wollte an Drogengeschäft glaubenSchöffengericht spricht zwei Waldbröler frei
Waldbröl – Das Schöffengericht Waldbröl hat einen 53-Jährigen und einen 29-Jährigen vom Vorwurf des Rauschgiftbesitzes freigesprochen. Nach Angaben der Staatsanwältin sei das Verfahren überhaupt erst ins Rollen gekommen, da der jüngere Angeklagte im März 2020 die Polizei gerufen habe, weil er mit seinem Bekannten zusammen ausgeraubt worden sei. Da habe er gesagt, dass ihnen ein Kilo Marihuana im Wert von 5300 Euro gestohlen worden sei, das sie erst kurz zuvor gekauft hätten.
Zum Fortsetzungstermin bei Gericht war er nicht erschienen und hatte sich mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entschuldigt. Daher trennte der Vorsitzende Richter Carsten Becker sein Verfahren von dem des 53-Jährigen ab. Dieser habe nach dem Überfall mit einem Kieferbruch im Krankenhaus gelegen, schilderte ein Polizist. Dort habe der Mann gesagt, dass er und ein Bekannter nach dem Kauf von Marihuana ausgeraubt worden seien. An mehr konnten sich der Polizist und eine Kollegin nicht erinnern.
Erhebliche Zweifel
Aufzeichnungen des Einsatzes hätten sie nicht gefertigt, sondern die Informationen nur telefonisch an die Kripo übermittelt. Nicht erinnern konnte sich auch der 53-Jährige – weder an die Polizisten, noch an Rauschgift: „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas mit Drogen zu tun gehabt.“ Vielmehr habe ihn der Mitangeklagte vor dem ersten Gerichtstermin im April vor dem Saal bedroht: „Du musst wissen, mit wem du dich anlegst.“
In ihrem Plädoyer äußerte die Staatsanwältin erhebliche Zweifel an der Darstellung des 29-Jährigen und forderte einen Freispruch. Die von ihm geschilderte Übergabe der Drogen in einem Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Waldbröler Schnellrestaurants könne nicht stattgefunden haben, weil der 53-Jährige laut Zeugen und einer Rechnung das Auto erst am Folgetag des Überfalls gekauft und die Schlüssel erst nach seinem Krankenhausaufenthalt erhalten habe. Zudem habe die Staatsanwaltschaft den angeblichen Drogenhandel erst verfolgt, nachdem der Mitangeklagte den Überfall angezeigt hatte. „Die ganze Story ist auf dem Mist des Mitangeklagten gewachsen“, meinte der Verteidiger des Beschuldigten.
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Nach einer Beratung mit den Schöffen entschied Becker auf Freispruch. Der 29-Jährige habe beim ersten Verhandlungstermin im April die meiste Zeit geschwiegen und seine Angaben über das Treffen seien objektiv falsch: „Das ist alles auf zu dünnem Eis.“ Kritik übte er an der „schlampigen Ermittlungsarbeit“ der Polizei: „Eigentlich bin ich das anders gewohnt.“
Anschließend sprach er auch den Mitangeklagten in dessen Abwesenheit frei. „Wir konnten nicht feststellen, ob es das Drogengeschäft überhaupt gegeben hat.“ Allerdings muss dieser seine Auslagen und Rechtsanwaltskosten selbst tragen: „Er hat uns eine Version erzählt, die objektiv nicht stimmt – die Gründe dafür konnten wir nicht aufklären, da er danach geschwiegen hat.“