„Lebendiges Oberberg“Der größte Organismus der Welt lässt sich auch im Kreis finden
Oberberg – Was rennt da über die Wiesen, was blüht hier am Wegesrand, was schwirrt über den See? Mit Unterstützung der Biologischen Station stellen wir in einer Serie Arten vor, die uns im Oberbergischen aufgefallen sind.
Dass der größte Organismus der Erde weder die Giraffe, noch der Blauwal, aber auch kein Mammutbaum ist, sondern ein Pilz, ist eine verblüffende Tatsache. Darum geht es an dieser Stelle diesmal um diese faszinierende Lebensform, die weder Pflanze noch Tier ist. Bei dem wohl größten Lebewesen handelt es sich nämlich um ein Individuum des Gemeinen oder Dunklen Hallimaschs (Armillaria ostoyae).
Organismus ist fein verästelt im Boden
Dazu muss man wissen, dass es sich bei einem Pilz-Individuum nicht um den huttragenden Fruchtkörper handelt, der jetzt im Herbst zahlreich am Waldboden und an Totholz zu sehen ist, sondern dass der eigentliche Organismus fein verästelt im Boden lebt. Und das auch, wenn gar keine „Pilze“ oberflächlich sichtbar sind. Die Fruchtkörper, die nah beieinanderstehen und durch unterirdische Fäden verbunden sind, haben alle das gleiche Erbgut, gehören also zu ein und demselben Individuum.
Sie sind die Pilz-Organe, die der Vermehrung dienen. An der Oberfläche setzen sie feine Sporen frei und lassen diese von Wind oder von mobileren Lebewesen verbreiten. Ist diese Aufgabe erfüllt, zieht sich der Pilz wieder auf das ausgedehnte feine Geflecht seiner verborgenen Hyphen zurück.
Der größte Hallimarsch der Welt
Den größten bisher entdeckten Hallimasch beherbergt der Malheur National Forest in den USA. Dort in Oregon wurde ein Exemplar mit einer Ausdehnung von mehr als neun Quadratkilometern und einem angenommenen Gewicht von 600 Tonnen gefunden. Sein Alter wird auf stattliche 2400 Jahre geschätzt.
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Ein solcher Gigant stellt natürlich eine ernste Gefahr für seine bevorzugte Nahrung dar. Alle sieben in Europa bekannten Hallimasch-Arten ernähren sich nämlich von Holzstoff (Lignin) und Zellulose und gelten darum als Forstschädling. Der Dunkle Hallimasch, der an seiner rötlichbraunen Hutfarbe, den auffälligen Hutschuppen und dem wattigen Ring recht gut bestimmt werden kann, probiert es am liebsten mit schwachen oder toten Nadelbäumen, aber auch junge Koniferen und Laubhölzer können befallen werden.
Grundlage für eine neue, gesunde Generation von Bäumen
Lebenskräftige Bäume sind durch die Bildung von Abwehrstoffen und Abgrenzungsgeweben eigentlich in der Lage, eine Infektion durch den Pilz abzuwehren. Doch im Wirtschaftswald können Hallimasche erhebliche Verschlechterungen für die Stabilität der Bäume und die Qualität des Holzes verursachen. Nichtsdestoweniger gehören sie zur normalen Mikroflora in natürlichen Waldökosystemen in ganz Nordrhein-Westfalen.
Im Bergischen Land trägt der Dunkle Hallimasch dazu bei, dass der Wald der Zukunft heranwachsen kann. Was in heimischen Fichtenplantagen nach den Borkenkäferplagen und der Holzernte übrig bleibt, ist ein gefundenes Fressen für die Art. Indem der Pilz das tote Holz zersetzt, um sich zu ernähren und zu leben, schafft er einen nährstoffreichen Boden, der die Grundlage für eine neue, gesunde Generation von Bäumen darstellt.
Er gilt zudem auch als Speisepilz. Man sollte ihn aber niemals roh verzehren. Gut durchgegart ist er zwar genießbar, aber schwer bekömmlich – wie eigentlich alle Pilze, da sie zu großen Teilen aus dem unverdaulichem Ballaststoff Chitin bestehen. Der Hallimasch wird noch etwas schlechter als Champignon und Steinpilz vertragen und auch über den Geschmack gibt es kontroverse Ansichten.