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Lebendiges OberbergDie Rettung der fast ausgestorbenen Wibbelbohne

Lesezeit 3 Minuten

Die Wibbelbohne wurde im Bergischen Land einst in großem Umfang angebaut, als Viehfutter und leckeres Gemüse.

Oberberg – Die Wibbelbohne war schon fast aus dem Bergischen Land verschwunden, als im Jahr 2010 ein Brief aus Marienheide die „Bergische Gartenarche“ erreichte. Der 2001 gegründete Arbeitskreis kümmert sich um den Erhalt alter Nutzpflanzen. In dem Brief befanden sich exakt 44 Wibbelbohnenkerne.

Dazu teilte der Absender mit: „Bitte vermehren Sie diese Bohnen. Sie sind von einer Nachbarin, die 90 Jahre alt ist und diese Bohne immer in ihrem Garten anpflanzte. Das Saatgut ist noch von ihrer Großmutter, die 1846 geboren wurde.“ Die Bergische Gartenarche verstand sofort, was für ein Schatz ihr da anvertraut wurde und vermehrte die 44 Kerne in den Archegärten sorgsam weiter, so dass nun in einigen Beeten des Bergischen Landes wieder Wibbelbohnen gedeihen und vorerst als gerettet gelten.

Blüte in Form eines Schmetterlings

Die Wibbelbohne ist eine alte, regionaltypische Sorte der Ackerbohne (Vicia faba). Ackerbohnen kennt man auch unter den Namen „Dicke Bohne“ oder als Puff-, Sau- oder Pferdebohne. Die meisten Bohnen, die man als Gemüse verzehrt, gehören einer anderen Gruppe innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler oder Schmetterlingsblütler an und tragen den botanischen Gattungsnamen „neuweltliche Bohne“ (Phaseolus). Die hier vorgestellte Wibbelbohne zählt hingegen zu den Wicken (Vicia), von denen einige Arten als Zierpflanzen bekannt sind.

Das Erkennungsmerkmal beider Gattungen ist die ähnliche Blüte, die in der Form an einen Schmetterling erinnert und sich zu einer Hülsenfrucht entwickelt. Ein Vorteil dieser Pflanzenfamilie, die man in der Landwirtschaft auch „Leguminosen“ nennt, ist die Eigenschaft, in ihren Wurzelknöllchen eine Symbiose mit Bakterien einzugehen. Diese Bakterien können den Stickstoff aus der Luft binden und für die Pflanze verfügbar zu machen. Stickstoff ist ein wichtiger Bestandteil von Proteinen. Deshalb sind Hülsenfrüchte sehr eiweißreich und geeignet als Kraftfutter für das Vieh und beliebt in der vegetarischen Küche.

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Die Wibbelbohne wurde im Bergischen Land lange Zeit in großem Umfang angebaut. In der Regel wurde sie mit dem ebenfalls früher viel häufiger kultivierten Hafer zu Kraftfutter für Pferde, Rinder und Schweine vermahlen. Die jungen, aus der samtweichen Schalen gepulten Kerne gelten frisch aber auch als Delikatesse für uns Menschen. Esser, die mit der mehligen Textur von gekochten Bohnen nichts anfangen können, sind häufig sehr angetan von den zarten Wibbelbohnen, die etwas fester im Biss sind. In Italien werden verwandte Sorten auch roh gegessen – was man mit Gartenbohnen (Phaseolus) nie tun sollte, denn die sind roh giftig.

Zu ihrem Namen kam die Sorte wohl, da die getrockneten Hülsen die innen liegenden Kerne beim Öffnen etwas abrupt in alle Richtungen schleudern und die Kerne dann aufgrund der charakteristischen Form in der Schüssel – oder daneben – auffällig „herumwibbeln“.

Nachdem sich die Landwirtschaft im 20. Jahrhundert an die Entwicklung der globalen Wirtschaft anpassen musste, verlor die Wibbelbohne an Bedeutung. So ist sie heute vom Engagement einiger Gärtner abhängig, die regionaltypische Sorten erhalten wollen. Gleiches gilt für viele andere Nutzpflanzen, aber auch Tierrassen, die in der Region einst auf die speziellen Anforderungen hin gezüchtet wurden, bis sie leistungsstärkeren Rassen Platz machen mussten. Der Erhalt dieses Kulturguts ist eine wichtige Voraussetzung, damit Regionen wie das Bergische Land ihren Charakter beibehalten, sich die Menschen mit ihrer Heimat identifizieren können und eine hohe Biodiversität auch bei den Kulturpflanzen sichergestellt werden kann. Dafür steht die Wibbelbohne.