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Drei Höfe vertretenSolidarische Landwirtschaft erobert Oberberg

Lesezeit 3 Minuten

Der Grünkohl, den Beate Hanke-Kobler (r.) und Angelika Thiele (l.) ernten, schmeckt nach dem ersten Frost besonders gut.

Reichshof/Nümbrecht – Virtuelle Bieterrunden, Chat-Gruppen für Module, Informationsabende als Videokonferenz – das klingt zunächst nicht gerade nach Gemüse, Eiern oder Honig, und doch gehört dies seit Ausbruch der Corona-Pandemie zum alltäglichen Brot der Solidarischen Landwirtschaft Oberberg, kurz: Solawi.

Was vor mittlerweile vier Jahren mit einer Handvoll Idealisten in Eiershagen aus der Taufe gehoben wurde, wächst und gedeiht prächtig, mittlerweile hat die Solawi Oberberg zwei proppere Töchter: die Solawi Birkenhof in Nümbrecht-Löhe und den Hof von Liliane Schindler in Reichshof-Meiswinkel. Die Solawi Birkenhof kam im vorigen Jahr dazu, Lilly Schindler geht als „Solawi Lilli’s Feld“ in diesem Jahr selbstständig an den Start.

Der Grünkohl, den Beate Hanke-Kobler und Angelika Thiele ernten, schmeckt nach dem ersten Frost besonders gut.

„Damit haben wir den Südkreis auch mit kurzen Wegen gut abgedeckt“, freut sich Lina Wirth von der „Mutter“, der Solawi Oberberg in Eiershagen. Annähernd 150 Familien werden alleine von dort mit den Produkten aus überwiegend biologischem Landbau regelmäßig versorgt, wenn sie nicht den Landwirten selbst mit zur Hand gehen, sei es beim Pflanzen, beim Hegen und Pflegen und bei der Ernte. Die steht ihm Moment in Eiershagen an, wo die klassischen Wintergemüse wie Grünkohl, Rosenkohl, Porree, Wirsing oder Pastinaken noch prächtig im Freiland gedeihen und für frische Vitamine auf dem Speiseplan der Mitglieder sorgen.

Besonders engagiert

Zwei der aktivsten Erntehelferinnen in Eiershagen sind dabei Beate Hanke-Kobler und Angelika Thiele, eine pensionierte Gynäkologin aus Wilkenroth und eine pensionierte Lehrerin aus Brüchermühle.

Der Grünkohl, den Beate Hanke-Kobler und Angelika Thiele ernten, schmeckt nach dem ersten Frost besonders gut.

Zweimal in der Woche, dienstags und freitags, arbeiten sie im Moment als ehrenamtliche Erntehelferinnen auf einem der beiden insgesamt fast einen Hektar großen Ackerflächen von Tim Vehlewald in Eiershagen. Jetzt, im Winter, sind die beiden Frauen ab 8.30 Uhr im Einsatz, schneiden frischen Grünkohl oder graben Pastinaken aus der nassen schweren Erde, die dann an den Nachmittagen von den Mitgliedern im nahen Solawi-Depot abgeholt werden können, meist ist es ein Gemüseanteil von zwei bis drei Kilo pro Woche.

Vielfalt für den Winter

Dort gibt es nicht nur Gemüse, wie die klassischen Kohlarten, sondern beispielsweise auch Zwiebeln, Rote Bete oder Möhren, die von Tim Vehlewald nach der Ernte in einer Sandmiete eingelagert wurden und so den ganzen Winter über frisch bleiben.

Die Eier aus dem Eiershagener Hofdepot kommen von den in der Nachbarschaft scharrenden Hühnern, die ganz besondere Beschützer vor Fuchs und Habicht haben: Alpakas. Seitdem die ursprünglich aus Peru stammenden höckerlosen Kamele einträchtig zwischen den Hühnern grasen, hat es keine Attacken mehr von Füchsen, Mardern oder Raubvögeln auf die Hühnerschar mehr gegeben.

Komplette Versorgung

Ernährungstechnisch gesehen wären die drei Solawis im Südkreis in der Lage, die Mitglieder ihrer Kooperative komplett mit ihren ökologischen Erzeugnissen zu versorgen, denn neben Eiern und Gemüse gibt es beispielsweise Kartoffeln in strenger Demeter-Qualität, Obst aller Art, darunter viele alte bergische Apfelsorten, Wal- und Haselnüsse, Säfte, Honig und Honigerzeugnisse, diverse Käsesorten aus Rohmilch und sogar Fleisch und Fleischerzeugnisse.

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Die Solawisti sind keine Dogmatiker, sondern spiegeln in ihrer Offenheit die gesamte Vielfalt der Palette ursprünglicher und unverfälschter Nahrungsmittel aus der Region. „Die hat keinen Dünger gesehen“, lacht Beate Hanke-Kobler, als sie eine Pastinake von stattlicher Größe aus der Erde gegraben hat, während Angelika Thiele gleich um die Vorzüge dieses erst vor einigen Jahren „wiederentdeckten“ Wurzelgemüses weiß, das erst – ähnlich wie der Grünkohl – Frost erleben muss, um seinen Geschmack voll zu entfalten. Das scheint indes die zahllosen Feldmäuse nicht zu stören, die den Acker in Eiershagen als eine Art Schlaraffenland für sich und ihre gesamte Sippschaft entdeckt haben. Pastinaken, Rote Bete und Chinakohl mögen sie wohl besonders.

Im Moment aber ist es die Königin der Salate, der Feldsalat, der für die Solawisti in keinem Ernteanteil fehlen darf. Im offenen Folientunneln gezogen, entwickeln die dunkelgrünen Blätter des von der Natur reich mit Vitaminen und Mineralstoffen gesegneten Salates ein ganz besonders Aroma.