Oberbergischer Kreis springt in die Bresche„Haus früher Hilfen“ wird neu finanziert
Oberbantenberg – Jedes Jahr sind es rund 550 kleine Kinder zwischen 0 und sechs Jahren, die im „Haus früher Hilfen“ in Wiehl-Oberbantenberg bei ihrer Entwicklung unterstützt werden. Um die heilpädagogischen Leistungen, manchmal in Kombination mit medizinischtherapeutischen Behandlungen, in Anspruch nehmen zu können, brauchten Eltern bislang nur eine Überweisung vom Kinderarzt, erklärt die Leiterin Susanne Dolscheid: „Bei uns im Haus haben wir dann geschaut, was das Kind benötigt.“
Mit diesem niederschwelligen Zugang ist es bald vorbei, künftig werden Eltern Anträge beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) stellen müssen. Hier wird gemeinsam an Übergangslösungen gearbeitet.
Neue Vorschriften verlangen eine Einzelfallfinanzierung
Das ist nur eine Folge, die sich aus der Novellierung des Bundesteilhabegesetzes für das Haus ergibt, erklärt Dolscheid. Die neuen Vorschriften verlangen, dass die vom „Verein zur Förderung und Betreuung behinderter Kinder Oberbergischer Kreis e.V.“ getragene Einrichtung von einer Pauschalfinanzierung auf eine Einzelfallfinanzierung wechselt.
Heißt: Für jede geleistete Stunde muss das Haus künftig einen Preis berechnen. Das neue System bedeute einen großen Verwaltungsaufwand, sagt Dolscheid: „Das ist in etwa so, als ob ein Lehrer pro beschultes Kind bezahlt wird.“
Finanzierung wird nun neu verhandelt
Wie die Finanzierung laufen soll, wird derzeit neu verhandelt. Dolscheid und Vereinsvertreter sitzen mit am Verhandlungstisch. Bis Ende 2019 wurde die im Haus geleistete Frühförderung vom Oberbergischen Kreis bezahlt. Dann verlangte das Gesetz, dass der Landschaftsverband Rheinland die Finanzierung übernimmt. Der einst von Trägerverein und Kreis geschlossene Vertrag über die Finanzierung wurde vom LVR zunächst übernommen, musste aber wegen des neuen Rechtsrahmens seitens des LVR gekündigt werden.
Das war im Sommer. Eigentlich hätte der neue Vertrag bis Jahresende unter Dach und Fach sein müssen, doch daraus wird nichts. „Denn die Sache ist komplex“, erklärt Dolscheid. Die kindliche Frühförderung gliedert sich nämlich in zwei Bereiche: Allein vom LVR finanziert werden heilpädagogische Leistungen.
"Die Sache ist komplex"
Doch bei der sogenannten interdisziplinären Frühförderung, bei der die Heilpädagogik mit medizinischtherapeutischen Leistungen kombiniert wird, kommen auch die Krankenkassen für die Finanzierung auf. Während der Vertrag für den ersten Bereich voraussichtlich in den kommenden Wochen unterschriftsreif sein wird, sagt Dolscheid, könnte es für den zweiten Bereich noch länger dauern.
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Ein Problem ist nicht nur, dass Vertreter sämtlicher Krankenkassenverbände und damit viele Beteiligte bei den Verhandlungen mitreden. Dolscheid: „Tatsächlich ist es auch so, dass unser Haus vom LVR und den Kassen so behandelt wird, als ob wir komplett neu aufmachen würden.“
Anerkennungsverfahren und viel Bürokratie
So muss das 1983 gegründete Haus ein Anerkennungsverfahren durchlaufen und viele Unterlagen einreichen, etwa zum Grundriss des Hauses oder auch zur Qualifikation der Mitarbeiter. Außerdem mussten Konzepte geschrieben und eingereicht werden, wie die Arbeit künftig laufen soll – und diese ganzen Papiere müssen von den Verhandlungspartnern gesichtet werden. Das alles dauert.
Weil es absehbar war, dass die neuen Verträge nicht bis zum Beginn des neuen Jahres fertig sind, ist jetzt der Kreistag in die Bresche gesprungen. Er hat eine finanzielle Absicherung für das „Haus früher Hilfen“ in Höhe von maximal 200.000 Euro beschlossen – für den Fall, dass es bis Ende Juni 2022 einen Fehlbetrag geben sollte.
Kreistag springt in die Bresche
Dafür hat der Kreis zur Voraussetzung gemacht, dass ein zum Jahresbeginn rückwirkender Vertrag zwischen LVR und dem Haus früher Hilfen zustande kommt. Zudem hat der Kreistag beschlossen, dass untersucht werden soll, wie die aufsuchende Hilfe und Arbeit mit ganz kleinen Kindern weiterhin von der Einrichtung geleistet werden kann. Denn diese würde künftig nicht mehr vollumfänglich unterstützt.
„Ob sich tatsächlich eine Finanzierungslücke ergibt, wird sich noch herausstellen“, sagt Dolscheid. Fest stehe nur, dass eine finanzielle Absicherung gegeben sein muss, um die fachlich fundierte Arbeit fortsetzen zu können.