Plötzlich fehlt einerNümbrechter Nachwuchskicker vermissen achtjährigen Mitspieler
Nümbrecht – Der neunjährige Henk ist wütend und sehr traurig. Einer seiner besten Kumpels wurde am vergangenen Donnerstag nach Bangladesch abgeschoben. „Normalerweise hätten wir an dem Tag zusammen Fußball-Training gehabt. Aber Shayon war nicht mehr da“, berichtet sein Freund. Die ganze Mannschaft sei fix und fertig. „Viele haben geweint, ich auch.“
Shayon ist acht Jahre jung und lebte mit seiner Familie seit 2018 in Nümbrecht. Sie sind Rohingya. Seine Großeltern sind einst aus Myanmar geflohen. Sein kleiner Bruder ist in Oberberg zur Welt gekommen. Shayon besuchte die dritte Klasse der Nümbrechter Grundschule und spielte schon lange Fußball beim SSV Homburg-Nümbrecht in der U10. Abdoul Schwotzer-Conde hat Shayon eine Weile trainiert. Er lebt in der Nachbarschaft, sein Sohn Lamin und Shayon sind gute Freunde, die sich jeden Tag zum Spielen trafen. „Ich habe am Donnerstagmorgen Polizei und Ordnungsamt vor dem Haus gesehen. Ich bin sofort hingegangen und habe seine Mutter gefragt, was los ist. Die antwortete: Wir müssen zurück nach Bangladesch.“ Wie gelähmt schafft es Schwotzer-Conde noch, den Mannschaftsball aus der Garage zu holen, um ihn dem weinenden Jungen als Andenken in die Hand zu drücken. Dann geht alles ganz schnell.
Tägliche Telefonate
Der ganze Fußballverein, seine Mitschüler, Nachbarn, Freunde: Alle sind schockiert und können es nicht fassen. Shayon spricht perfekt Deutsch, auch seine Eltern haben verschiedene Deutsch- und Integrationskurse besucht. „Sein Vater hat den Führerschein gemacht. Er wollte unbedingt arbeiten“, weiß Schwotzer-Conde, der gebürtig aus Guinea stammt, seit 20 Jahren in Deutschland lebt und sich im Kultur- und Integrationszentrum Oberberg engagiert. Der Vater von Shayon ist vor etwa einem Monat verschwunden. Wo er sich aufhält, weiß seine Frau nicht. Nun ist die 21-Jährige allein mit den Kindern in Dhaka, dort kennt sie niemanden.
Schwotzer-Conde telefoniert täglich mehrmals mit Shayon und seiner Mutter. „Der Junge weint nur noch, es ist fast nicht möglich zu sprechen.“ Das mache ihn sehr traurig. „Shayon ist normalerweise so ein fröhlicher, hilfsbereiter und lieber Junge.“ Nach jedem Spiel habe er als einziger die Hüte und Bälle eingesammelt. Er habe immer zugehört, wenn die Trainer etwas gesagt hätten, während andere Blödsinn machten.
Das weiß auch Henk, der erst vor kurzem erfahren hat, das Shayon in einem anderen Land geboren wurde. „Er wird uns sehr fehlen beim Fußballtraining. Er war richtig gut.“ Um Shayon etwas aufmuntern zu können, versucht die Mannschaft nun, die Staffelmeisterschaft zu gewinnen. „Aber das wird nicht leicht. Das letzte Spiel ging unentschieden aus und jetzt müssten wir gegen Wiehl gewinnen.“
„Für die Kinder ist es schwer vorstellbar, was da gerade passiert“
Die U10 trainiert Henks Vater, Frank Hottmeyer. „Für die Kinder ist es schwer vorstellbar, was da gerade passiert. Selbst wir Erwachsenen können es nicht fassen. Da sind viele Gespräche nötig, um das aufzufangen.“ Die Kinder telefonierten auch mit Shayon. „Aber das fällt einigen verständlicherweise sehr schwer.“ Schwotzer-Conde lässt nun nichts unversucht, sich für die Familie einzusetzen. Heute trifft er sich mit Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius.
Der Oberbergische Kreis bestätigt, dass die Abschiebung stattgefunden hat, möchte sich zu dem konkreten Fall und den Umständen aber nicht äußern. Bangladesch gelte, so der Kreis, zwar nicht als nicht sicherer Drittstaat, es gibt aber auch keinen Abschiebestopp. Mit Ablehnung eines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge „wie in diesem Fall“ seien die jeweils Personen zur Ausreise verpflichtet. Für den Fall, dass eine freiwillige Ausreise nicht erfolge, werde die Abschiebung in den jeweiligen Zielstaat angedroht.
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Gegen die Entscheidung könne Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. Erfolge keine Klage, werde der Bescheid mit Ablauf der Rechtsmittelfrist bestandskräftig und die Ausreisepflicht vollziehbar. Auch wenn die Klage abgelehnt werde, sei sie vollziehbar. Durchgesetzt werde das dann durch die Ausländerbehörde vor Ort – in diesem Fall den Oberbergischen Kreis. „Bei der Einleitung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wird selbstverständlich die Gesamtsituation der Familie rechtlich beurteilt und gerichtlich überprüft.“