Sie haben es nicht verlerntSchauspielstudio wagt den Neustart mit „Der Vorname“
Wiehl – Raimund Binder hat nicht viel Zeit, nebenan warten die Teilnehmer des Schauspieltrainings, das er an jedem Montag leitet. Nur soviel: „Nach eineinhalb Jahren Pause hatte ich Entzugserscheinungen“, sagt der 76-jährige Regisseur, „und jetzt erfüllt mich Euphorie.“
Mit der Premiere von „Der Vorname“ am 27. November wagt das Schauspielstudio Oberberg den Neustart nach der Corona-Pause. Die letzte Premiere, „Magnolien aus Stahl“ im März 2020, wurde nach der Generalprobe wegen des Lockdowns abgesagt. Die Hochzeitstorte, die zu den Requisiten gehörte, war schon gebacken. Barbara Wiwianka, Ensemblemitglied und Vizevorsitzende des Theatervereins, lacht: „Wir haben uns am Premierentag getroffen und die Torte aufgegessen.“
Wird diesmal alles gut gehen? Die Theaterleute schauen gebannt auf Infektionszahlen und Schutzverordnungen und vermeiden jedes Risiko. Alle Akteure sind geimpft, bei den Vorstellungen soll die Einhaltung der 2G-Regel streng überprüft werden.
Theater wurde runderneuert
Als 35 aktive Vereinsmitglieder der Einladung zu einem Sommerfest auf dem Hof folgten, wusste der Vorstand um Michael Albrecht: Die Spiellust ist noch da. Wobei der Vorsitzende zugibt, dass er selbst das Theater gar nicht so sehr vermisst hat. Auch so gab es genug zu tun. „Aber als wir dann angefangen haben, wusste ich, was mir gefehlt hatte.“ Seine Ehefrau Barbara Wiwianka nickt: „Allein das Gefühl, wieder hier zu sein und die Stühle rauszutragen!“
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Es ist übrigens ein ganz neues Gestühl. Auch sonst präsentiert sich das Theater im Gebäude der Wiehler Grundschule runderneuert, von der Decke über die Wände bis zum Tribünenboden. Die Theatertechniker um Dennis Hermann und Nadine Jung sind derzeit dabei, die Elektroinstallation wiederherzustellen. Die Stadt Wiehl habe großzügig geholfen, freut sich Vereinsgeschäftsführer Thomas Knura: „Die wissen, was sie an uns haben.“
Der Verein würde gern noch weitere Renovierungen vornehmen, bräuchte dafür aber neue Einnahmen. Dank geringer Fixkosten sei man gut über die Krise gekommen, sagt Knura. „Wir haben keine Existenzsorgen.“ Nur müssen jetzt auch wieder Zuschauer kommen. Regisseur und Darsteller haben zwölf Aufführungen geplant und rechnen damit, dass der Ansturm anfangs eher verhalten sein wird und dass sich erst herumsprechen muss, dass der Theaterbesuch ungefährlich ist – und unterhaltsam.
Studio setzt auf vertraute Gesichter
Dass „Der Vorname“ als erstes auf dem Programm steht, liegt nicht nur daran, dass die Proben für das Stück vor dem Lockdown schon weit gediehen waren. Die französische Komödie war auch in der Verfilmung von Sönke Wortmann (2018) ein Publikumserfolg. Knura verspricht: „Das Stück macht Spaß, hat aber Tiefgang.“ In Wiehl setzt das Schauspielstudio zudem auf vertraute Gesichter wie Michael Albrecht und Jörn Wollenweber. Gleiches gilt für die im neuen Jahr geplanten Inszenierungen „Honig im Kopf“ mit Gisbert Möller und „Die Niere“ mit Barbara Wiwianka.
Erhöhtes Lampenfieber wegen der langen Bühnenabstinenz haben die Schauspieler nicht. Michael Albrecht sagt: „Ich habe vor 25 Jahren in Köln angefangen und hier in Wiehl allein mit Raimund Binder zwölf Inszenierungen gemacht. Da hat sich vieles automatisiert.“ Barbara Wiwianka stimmt zu: „Zwischen den Stücken gibt es sonst auch Pausen, und es gehört zur Routine, dass man neu anfängt mit einer Rolle.“ Knura nickt: „Wenn man so lange wie wir dabei ist, kennt man sein Handwerk.“
Das neue Stück „Der Vorname“ hat Premiere am 27. November, 20 Uhr, im Theater an der Warthstraße. Karten für diese und die weiteren Vorstellungen gibt es bei Wiehl-Ticket, (0 22 62) 99-285.