Solidarität mit ObdachlosenWohnhilfen rufen Oberbergs Bürger zur Mithilfe auf
Oberberg – Wer auf der Straße lebt und in kalten Nächten im Freien übernachten muss, ist in Lebensgefahr. Daran ließ Winfried Fenner bei der Vorstellung des Winternotprogramms der Wohnhilfen Oberberg der Diakonie Michaelshoven keinen Zweifel. Der Mitarbeiter im Projekt Aufsuchende Arbeit und Leiter des Regionalteams Mitte weiß aus der täglichen Praxis, wovon er spricht. Denn auch in Oberberg gibt es wohnungslose Menschen, auch wenn das Problemen nicht so offensichtlich ist wie in Großstädten.
Kalte Nächte bedeuten Lebensgefahr
So berichtet der Streetworker von Personen, die im Zelt im Wald übernachten, im Unterstand von Bushaltestellen oder in Jägerunterständen. Menschen, die mal bei Bekannten übernachten, bis es Streit gibt und sie wieder auf er Straße landen – und die erfrieren können, wenn die Temperaturen unter Null sinken.
Daher rufen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnhilfen dazu auf, in diesen Wochen sie zu informieren, wenn sie den Eindruck haben, jemand würde draußen übernachten. „Natürlich kann man die Person auch erst einmal selbst ansprechen. Aber wer das nicht möchte und vielleicht Angst hat, der kann uns Bescheid sagen.“
Kontakte
Wer Hinweise geben kann auf eine Person, die im Freien übernachtet, kann, innerhalb der Geschäftszeiten bei den Wohnhilfen anrufen. In der Kreismitte (Gummersbach, Bergneustadt, Marienheide und Engelskirchen) unter (0 22 61) 96 90 60. Im Kreissüden (Waldbröl, Nümbrecht, Wiehl, Morsbach und Reichshof) unter (0 22 91) 80 88 500. Außerhalb der Geschäftszeiten soll unter der 110 die Polizei informiert werden, bei gesundheitlicher Gefährdung der Rettungsdienst unter 112. (ms)
Dann fährt eine der Streetworker raus, spricht die Person an, bietet Hilfe an – möglichst die Unterbringung in einer Notunterkunft, aber wenn das abgelehnt wird, auch erst mal einen warmen Schlafsack, eine Isomatte, Lebensmittelgutscheine, ein Hygienepaket.
Im vergangenen Jahr 355 Obdachlose in Oberberg registriert
„Es gilt, Vertrauen aufzubauen. Wir bleiben dann dran“, sagt Fenner und schildert einen aktuellen Fall, wo eine Mitarbeiterin sich alle zwei Tage um eine Person gekümmert hat, die buchstäblich nichts hatte, aber erst nach sechs Wochen intensiver Betreuung bereit war, sich unterbringen zu lassen.
Denn Zwang wird nicht ausgeübt, allenfalls im äußersten Notfall. Stattdessen gibt es Beratung, Information und praktische Hilfe. Dazu gehören auch Infos über Coronamaßnahmen und die Begleitung zu Impfterminen und Masken.
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355 Menschen galten in Oberberg im Jahr 2020 als wohnungslos, zitiert Fenner die Zahlen des Statistischen Landesamts. Davon waren 199 ordnungsbehörlich untergebracht, 156 wurden von den Wohnhilfen durch die vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreut. Seit zwei Jahren haben sie besonders die wachsende Zahl der Frauen – mittlerweile ein Drittel der Betreuten – im Blick. „Sie sind noch weniger sichtbar als die Männer, gehen im Zweifel prekäre Beziehungen ein“, weiß Hartwig Zehl, Projektleiter der Aufsuchenden Arbeit.
Klar sei, dass die Betroffenen keine Fremden sind, betont sein Kollege Fenner. „Es sind Leute aus Oberberg, ihre Situation ist hier entstanden.“ Ein Netzwerk, dem unter anderen die Tafeln, Polizei, Behörden, Sucht- und Schuldnerberatungen angehören hat sie im Blick, „aber es ist wichtig, dass alle Oberberger solidarisch unterwegs sind und gegebenenfalls durch ihre Aufmerksamkeit Leben retten“.