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Sorge vor HandelskriegOberbergs Industrie lehnt Strafzölle gegen China ab

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt eine Halle der Firma Rüggeberg mit vielen Paketen und einigen Mitarbeitern

Rüggeberg liefert seine Pferd-Werkzeuge in die ganze Welt aus.

Die EU und China streiten sich über Überproduktion, staatliche Beihilfen und Zölle. Ein Handelskrieg würde auch die oberbergische Industrie treffen.

China ist für viele der oberbergischen Industrieunternehmen ein wichtiger Markt. Einige Firmen haben dort sogar eigene Werke. Doch die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung werfen China vor, mit staatlichen Hilfen und Überproduktionen den Markt zu verzerren. Deshalb drohen nun neue Zölle für chinesische E-Autos, die – je nach Sichtweise – als „Strafzölle“ oder „Schutzzölle“ bezeichnet werden.

In den Chefetagen der oberbergischen Industrie wird diese Diskussion genau verfolgt. Diese Zölle, so die Befürchtung, könnten der Auftakt zu einem Handelskrieg sein. Wir haben mit einigen Unternehmen und der Industrie- und Handelskammer (IHK) gesprochen.

Rüggeberg befürchtet steigende Rohstoffpreise

Für die Rüggeberg GmbH, die unter dem Namen „Pferd“ Werkzeuge herstellt, ist China ein wichtiger Markt, „auch wenn sich die Entwicklung des Marktes zuletzt insgesamt weniger dynamisch darstellt“, erklärt Unternehmenssprecher Florian Pottrick. In der Stadt Changli stellt Rüggeberg Trennscheiben für den südostasiatischen Markt her. Seit vielen Jahren verfüge man in Shanghai über eine eigene Vertriebsgesellschaft und verkaufe von dort aus die Werkzeuge der internationalen Pferd-Fertigungsstätten.

Mögliche Zölle gegen chinesische Produkte sieht man bei Rüggeberg kritisch. Denn China gehört für die weltweite Schleifmittelindustrie zu den wichtigsten Rohstofflieferanten. Auch die Marienheider beziehen einen Teil ihrer Materialien von chinesischen Herstellern.

„Da in nahezu allen industriellen Fertigungsprozessen Schleifmittel eingesetzt werden, würden Strafzölle zu einer Kostensteigerung weit über die Schleifmittelindustrie hinaus und zu generellen Nachteilen für produzierende Unternehmen führen“, so die Befürchtung.Die Politik müsse sicherstellen, dass die Industrie am Markt bestehen kann, das aber ohne Protektionismus, sondern mit offenen Märkten und Freihandel, so der Appell des Marienheider Werkzeugherstellers.

Voss macht 25 Prozent des Umsatzes in China

Auch für die Wipperfürther Voss-Gruppe ist China enorm wichtig, wie Thomas Röthig, der Vorsitzende der Geschäftsführung, betont. Und das nicht nur, weil Voss in China eine Hauptwerk und zehn kleinere Standorte mit insgesamt rund 2000 Mitarbeitern hat. „25 Prozent unseres Umsatzes tätigen wir in China. Das Wachstum der letzten zehn Jahre war in China auch Treiber für unseren Hauptsitz in Wipperfürth“, sagt Röthig.

Handelsbarrieren wie auch Zölle könnten kurzfristige Instrumente sein, um Fairness durchzusetzen, sagte das Voss-Boss, langfristig würden sie Wachstum und Weiterentwicklung der Wirtschaft und der Gesellschaft behindern. Und was einen möglichen Wirtschaftskrieg angeht: „Für die Handelsbeziehungen zwischen EU und China sind die Grundlagen gut, so dass in diesem Zusammenhang ein Handelskrieg hoffentlich vermieden werden kann. Allerdings ist der politische Druck der USA auf die EU nicht zu unterschätzen. Europa braucht letztlich einen freien Handel mit beiden Regionen“, betont Röthig.

Kampf beklagt Marktverzerrungen

Auch bei der Kampf GmbH aus Wiehl, nach eigenen Angaben weltweit größter Hersteller von Schneid- und Wickelmaschinen, spielt China eine wichtige Rolle. In der Stadt Changzhou steht ein Werk von Kampf, Verkaufs- und Servicestationen gibt es in Shanghai, und Hongkong. „Unser Geschäftsmodell ist mit einer hohen Exportquote stark auf den Weltmarkt ausgerichtet. Dabei ist der asiatische Raum für einen Großteil unseres Maschinenportfolios ein wichtiger Absatzmarkt“, erklärt Marketingchefin Gudrun Mattig.

Befeuert durch staatliche Subventionen, würden immer mehr chinesische Hersteller in die Märkte drängen. „Aufgrund der aktuellen Standortbedingungen in Deutschland, haben wir als Unternehmen nicht ausreichend Steuerungsmittel, um den Marktverzerrungen mit weiteren Preisnachlässen zu begegnen.

Dementsprechend braucht es andere Maßnahmen als Strafzölle, um die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten ,Made in Germany' aufrechtzuerhalten. Strafzölle stärken nicht die Wettbewerbsfähigkeit, sondern schränken den freien Handel weiter ein.“ Wichtig sei, dass die Politik die Bedeutung des Exports für unsere Wirtschaft und für den Mittelstand wieder stärker in den Fokus rücke.

Gudrun Grosse ist Leiterin International bei der IHK Köln, die auch für Oberberg zuständig ist. Für die exportorientierte deutsche Industrie sei der freie Handel ganz wichtig,. Schutzzölle sieht man deshalb bei der Industrie- und Handelskammer kritisch. „Denn China wird natürlich mit Gegenmaßnahmen reagieren, und dann ist mit einer Zollspirale zu rechnen“, befürchtet die Außenhandelsexpertin. „Immer mehr Protektionismus ist nicht hilfreich.“

Die IHK fordert Bürokratieabbau

Viele deutsche Firmen würden im Geschäft mit China Handelshemmnisse beklagen, sagt Grosse, diese Klagen hätten zugenommen. Das internationale Geschäft werde schwieriger. Gerade deshalb sei ein umfassender Bürokratieabbau in Deutschland und der EU nötig, um die heimischen Unternehmen zu entlasten. Gleichzeitig müsse man mit China verhandeln. Gudrun Grosse ist überzeugt, dass auch die Führung in Peking nicht an einem Wirtschaftskrieg interessiert ist. „Denn die Nachfrage in China und auf den Weltmärkten ist schwach. China braucht uns auch.“