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Starker UmsatzrückgangThierer Dorfladen droht das Aus

Lesezeit 4 Minuten

Dorfladen in Thier

Thier – Der Dorfladen steht am Scheideweg. Der Umsatz ist zuletzt stark zurückgegangen, jetzt geht es an die Ersparnisse. Falls sich die Situation nicht ändert, droht dem Geschäft das Aus.

Ende 2013 wurde der Dorfladen eröffnet. Eine großer Schritt, denn damit gab es nicht nur wieder ein Lebensmittelgeschäft im Dorf, sondern auch einen Treffpunkt für Alt und Jung.

Der Laden ist als Genossenschaft organisiert, er gehört somit den Anteilseignern. „Unser Ziel war es nie, Gewinn zu machen, wir wollten nur eine schwarze Null schreiben“, erklärt Frank Sünger, der sich im Vorstand engagiert.

2023 muss eine Entscheidung fallen

Angestellt sind nur die Verkäuferinnen, die im Laden arbeiten, ansonsten beruht der Betrieb auf dem Einsatz von Ehrenamtlern. „Wir haben teilweise bis zu 50, 60 Leute, die helfen, das reicht vom Regale aufbauen bis zum Brötchenverkauf, vom Wegbringen der Pfandflaschen bis zur Buchhaltung“, sagt Sünger. Über die Jahre habe man mal ein bisschen Gewinn, mal ein bisschen Verlust gemacht.

Doch dann kam Corona und wirbelte alles durcheinander. Zunächst sei in der Pandemie der Umsatz gestiegen, berichtet der dreiköpfige Vorstand, zu dem neben Frank Sünger auch Michael Segler und Anette Niederwipper gehören. Ein Grund war, dass der Dorfladen die Bewohner von „Noh bieneen“ belieferte, die nicht mehr in die Stadt zum Einkaufen kamen.

Gewinne aus Vorjahren aufgebraucht

Im zweiten Quartal 2020 sei der Umsatz dann aber stark zurückgegangen, und auch 2021 war ein sehr schwieriges Jahr. „Das wird dazu führen, dass unsere erwirtschafteten Gewinne aus den Vorjahren komplett aufgebraucht sind. Leider können wir mit dem aktuellen Umsatz die gestiegenen Kosten für Mindestlohn, Miete und Energiekosten auf Dauer nicht decken“, heißt es in einem Hilferuf, den die Genossenschaft als Wurfsendung an alle Haushalte im Kirchdorf verteilt hat. Jeder Einzelne möge nachdenken, welchen Stellenwert der Dorfladen für ihn habe, heißt es dort weiter. Zugleich suche man dringend zusätzliche ehrenamtliche Helfer.

Vermieter der Immobilie ist das Ehepaar Gudrun und Franz-Josef Flosbach, sie wohnen schräg gegenüber. „Wir haben das Haus 2012 aus einer Insolvenz erworben“, sagt Franz-Josef Flosbach. „Das Gebäude ist schon aufgrund seiner Größe recht präsent, wir wollten verhindern, dass hier eine Schrottimmobilie entsteht.“ Gleichzeitig sei die Idee entstanden, das Haus zu nutzen, um die Nahversorgung im Dorf sicherzustellen. Eine Idee, die maßgeblich vom Bürgerverein Thier vorangetrieben wurde – Gudrun Flosbach war damals die 1. Vorsitzende.

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Ende 2013 konnte der Dorfladen dann eröffnen. Heute, acht Jahre später, sieht Franz-Josef Flosbach einige Entwicklungen des Genossenschaftsunternehmens kritisch. Beim Personal gebe es eine hohe Fluktuation. „Vor allem aber bräuchte es meines Erachtens neben dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, die beide ehrenamtlich arbeiten, einen professionellen Geschäftsführer.“

Franz-Josef Flosbach betont, dass seine Frau und er hohe Summen in die Immobilie investiert hätten, die Miete im Verhältnis dazu aber sehr moderat sei. „2,50 Euro pro Quadratmeter in den ersten drei Jahren, auf zehn Jahre gerechnet unter 5 Euro.“

„Der Vermieter ist nicht der Hauptpreistreiber“, macht Frank deutlich Sünger. Man sei dem Ehepaar Flosbach dankbar für das Entgegenkommen.

Energiekosten und Mindestlohn

Große Sorgen bereitet dem Vorstand neben den steigenden Energiekosten aber die angekündigte Erhöhung des Mindestlohnes auf zwölf Euro. „So einen Sprung kannst Du nur mit höherem Umsatz ausgleichen“, sagt Segler.

Kürzlich tauschten sich die Thierer mit dem Vorstand eines Dorfladens im Münsterland aus. „Alle Firmen aus dem Ort kaufen dort ihre Weihnachtsgeschenke, der Laden bietet zudem ein Catering und einen Geschenkservice an“, erzählt Niederwipper. Ideen, die sich zumindest teilweise vielleicht auch in Thier umsetzen lassen. Wie, dass soll jetzt diskutiert werden.

Der Mietvertrag mit dem Ehepaar Flosbach läuft bis Ende 2023. Bis dahin muss eine Entscheidung fallen, ob und wie es weitergeht. „Das Dorf muss mit dem Geldbeutel abstimmen“, sagt Sünger. Michael Segler drückt es ein wenig anders aus. „Wir müssen den Menschen klar machen: ,Wenn ihr nicht bei uns einkauft, geht der Laden irgendwann pleite’.“