Unterwegs mit dem Spielplatz-PrüferWipperfürther Spielplätze im Stresstest
- In Wipperfürth gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Kinder, auf Spielplätzen zu toben. Die Sicherheit ist dabei natürlich das oberste Gebot.
- Doch wer testet die Spielplätze in der Stadt?
- Wir waren mit Martin Bayer unterwegs - einem waschechten Spielplatz-Tester.
Wipperfürth – Martin rutscht die große Rutsche auf dem Spielplatz Ohler Wiesen runter und hat sichtlich Spaß dabei. Das wäre keiner Erwähnung wert, wenn Martin nicht von stattlicher Statur und 34 Jahre alt wäre. Er tut dies auch nicht zum Vergnügen, es ist sein Job. Martin Bayer ist zertifizierter Spielplatzprüfer und unterzieht die Anlage im Herzen von Wipperfürth der einmal im Jahr anfallenden Hauptinspektion. Quasi der TÜV für den Spielplatz. So schreibt es das Produktsicherheitsgesetz im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht vor.
Was wie Behördendschungel klingt, ist es auch. Denn Martin Bayer schaut nicht nur einfach so nach, ob alles in Ordnung ist. Wie ein Spielplatz auszusehen hat, das regelt ein Gesetz, seit 1998 Europaweit, genauer gesagt die DIN EN 1176 von 2017. Dort ist beispielsweise festgelegt, dass die Fallraumausdehnung bei einer Schaukel die halbe Kettenlänge plus die Sitzhöhe gemessen an der Oberkante der Sitzfläche zu betragen hat und zwar in beiden Richtungen. Alles klar? Für die Wipperfürther Schaukel bedeutet das im Klartext, dass vor und hinter der Schaukel im Abstand von 3,6 Metern nichts anderes stehen darf.
Geprüft wird auch der Fallschutzbelag, also das, worauf das Kind fällt, wenn es fällt. Das kann Sand sein oder Kies, in diesem Fall ist es Rasen und der ist verschlissen von rutschenden Kinderfüßen und muss erneuert werden. Das ist dann aber auch schon der einzige Mangel, den Martin Bayer auf den Ohler Wiesen festgestellt hat, nachdem er mit vollem Körpereinsatz an Wippen gerüttelt und Holzpfosten von Klettertürmen mit dem Griff seines Schraubenziehers abgeklopft hat.
Prüfer lobt Wipperfürths Spielplätze
„Oft sieht man Schäden am Holz gar nicht, aber man hört es deutlich, wenn innen etwas faul ist“, erklärt der Mann mit dem Rauschebart. Also alles tipptopp hier, bis auf die Sache mit dem Rasen. Und den Verschleiß der Kette muss man im Auge behalten. Selbstverständlich ist das nicht, Bayer berichtet von Kommunen, die ihre Spielanlagen regelrecht verwahrlosen lassen. Aber Wipperfürth hat sich nichts vorzuwerfen, so attestiert er, die hiesigen Spielplätze gehören definitiv zu den besten zehn Prozent in ganz Deutschland.
37 Plätze wird er am Ende untersucht haben im ganzen Stadtgebiet, auch die in den städtischen Schulen und Kindergärten. Zwei Tage braucht er dafür, eine knappe halbe Stunde pro Platz, bei älteren Holzgeräten dauert es etwas länger. Mängel werden in einem digitalen Prüfsystem dokumentiert, am Schluss bekommt die Stadt einen Bericht mit Text und Bildern und muss für die Beseitigung der Mängel sorgen. Tut sie es nicht und es passiert ein Unfall an einem Gerät mit dokumentiertem Mangel, dann hat sie, so Bayer, „den schwarzen Peter“.
Im Falle des Schaukel-Fallschutzbelages wird das in zwei Wochen erledigt sein, verspricht Anna Blumberg von der zuständigen Tiefbauabteilung. Vermutlich wird der Bauhof die Fläche ausschachten und mit Kies verfüllen. „Es hängt auch immer ein bisschen an den Lieferanten, wie lange sowas dauert“, sagt sie.
Bayer in ganz Deutschland unterwegs
Bis dahin wird Martin Bayer schon weit weg sein, in ganz Deutschland begutachtet er Spielplätze. Sein Arbeitgeber Argos Spielplatzmanagement-System ist im Bayerischen Würzburg beheimatet, er selbst kommt aus Bayreuth in Oberfranken. Von Montag bis Freitag bereist er die Republik, inspiziert und schreibt Berichte. „Ich bin wie ein Monteur nur am Wochenende zu Hause, unter der Woche schlafe ich Hotels“, erzählt er.
Eigentlich ist er gelernter Bäcker, die Lizenz zum Prüfen hat er auf Lehrgängen erworben, seit dreieinhalb Jahren macht er das nun schon. Der Markt der Spielplatzprüfer ist durchaus umkämpft, es tummeln sich auch Ingenieurbüros und Architekten zwischen den Rutschen und Wippen, darunter auch schwarze Schafe. „Ich bin schon zu Spielplätzen gekommen, die eigentlich geprüft worden sind, da habe ich nur die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“, erzählt der Oberfranke.
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Aber hier in Wipperfürth ist wie gesagt alles in Ordnung. Allein der Spielplatz an der Danziger Straße ist ein Sorgenkind der Stadt. Hier sind die meisten Geräte zerstört. „Das liegt“, sagt Anna Blumberg, „aber leider an Vandalismus“.