„Noch in der Kennenlernphase“Gudjon Sigurdsson über 102 Tage als Trainer des VfL
- Seit dem 1. Juli ist Gudjon Valur Sigurdsson Trainer des VfL Gummersbach.
- Der Weltklassehandballer kam als Spieler von Paris Saint-Germain. Mit einem Sieg in Lübeck startete der 41-Jährige in seine Debüt-Saison als Trainer.
- Vor seinem ersten Heimspiel heute gegen Fürstenfeldbruck sprach Andrea Knitter mit dem Isländer.
Wie haben Sie sich auf das heutige Spiel vorbereitet?
Sigurdsson: So wie auf das erste gegen den VfL Lübeck-Schwartau auch. Wir haben zunächst auf uns geschaut, und uns dann dem Gegner gewidmet.
Wie bewerten Sie den 27:25-Sieg Ihrer Mannschaft beim VfL Lübeck-Schwartau?
Ich bin stolz auf die Jungs, denn sie haben sich in den beiden Phasen, in denen sie den Vorsprung von drei oder vier Toren nicht gehalten haben, nicht nervös machen lassen. Dabei hatten einige die Hansehalle nicht in guter Erinnerung, was noch in ihren Köpfen herumschwirrte.
Ja, dort hatte der VfL zum Auftakt der vergangenen Saison sowohl im Pokal als auch in der Liga verloren.
Und Lübeck hat ja auch nach wie vor eine sehr gute Mannschaft mit einem starken Torwart und kam immer wieder zurück.
Der Sieg ist mit Blick auf die Saison auch gut für den Kopf?
Wenn man gewinnt, tut es immer gut und macht die folgende Arbeitswoche deutlich einfacher.
Zum ersten Heimspiel kommt heute Aufsteiger TuS Fürstenfeldbruck, der zum Auftakt deutlich mit 26:36 gegen den ThSV Eisenach verloren hat. Wie blicken Sie auf das Spiel?
Ich blicke auf Fürstenfeldbruck mit Riesenrespekt. Die Mannschaft spielt seit Jahren zusammen und hatte es verdient, aufzusteigen. Sie decken offensiv und sie geben nie auf. Gegen Eisenach sind sie nicht gut ins Spiel gekommen und haben schnell hoch zurückgelegen, was sie nicht mehr aufholen konnten. Trotz des hohen Siegs war es kein leichtes Spiel für Eisenach.
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Sie sind als Spieler aus Paris von einem Champions-League-Club gekommen und sind jetzt Trainer eines Zweitligisten, am Donnerstag waren es genau 100 Tage. Wie groß war die Umstellung?
Es war eine große Umstellung, weil es zwei ganz unterschiedliche Jobs sind. Was und wo ich gespielt habe, spielt keine Rolle mehr. Jetzt bin ich Trainer und da geht es erstmal darum, dass ich den Spielern etwas in die Hand geben möchte und wir uns Schritt für Schritt verbessern.
Wenn man mit Spielern Ihrer Mannschaft spricht, heben diese aber gerade hervor, dass man in der Zusammenarbeit mit Ihnen merkt, dass sie noch vor kurzem selber Spieler waren. Ist das nicht ein Vorteil?
Ich würde sagen: Jein. Trainer ist ein anderer Job als Spieler und ich kann nur der sein, der ich im Moment bin. Ob es ein Vorteil ist, können andere vielleicht in ein paar Jahren beurteilen, wenn ich länger Trainer bin. Jetzt versuche ich, so gut wie möglich meine Arbeit zu machen und bin zufrieden und glücklich, beim VfL zu sein. Ich hoffe, wir haben eine schöne Zukunft zusammen.
Sie waren als Spieler von 2005 bis 2008 in Gummersbach. Haben Sie sich schon wieder gut eingelebt und auf was hatten Sie sich am meisten gefreut?
Meine Familie und ich haben uns schon damals sehr wohl hier gefühlt und tun das jetzt auch. Am meisten habe ich mich auf die Gespräche mit den Menschen gefreut, die ich noch kannte und die mich noch kannten.
Zurück zum Handball: Wie blicken Sie auf die Vorbereitung zurück, und wie haben Sie da gearbeitet?
Am Anfang ging es vor allem darum, eine Aufstellung in der Abwehr zu finden, also die Spieler da hinzustellen, wo sie am stärksten sind. Zudem haben wir einige Abwehrsysteme extra einstudiert, um für jedes Spiel das passende zu haben. Im Angriff haben wir viele Sachen probiert, darunter auch das Umschaltspiel von Abwehr auf Angriff. Jetzt haben wir die Vorbereitung hinter uns, sind aber erst gerade in die Saison gestartet. Deshalb kann man sagen: Wir sind immer noch in der Kennenlernphase.
Sollte nichts dazwischenkommen, werden Sie heute vor 840 Heimfans in der Schwalbe-Arena antreten. Wie wichtig sind Ihnen die Zuschauer?
Sehr wichtig, denn der Sport lebt ja von Emotionen. Ich würde mir wirklich wünschen, in einer ausverkauften Halle zu spielen. Doch das lässt die momentane Situation nicht zu. Wir sind eine Welt. So müssen wir auch handeln und uns an Regeln halten. Daher sind wir von einer ausverkauften Halle noch meilenweit entfernt. Das ist etwas, worüber ich mich auch nicht ärgern kann. Als wir in Lübeck vor 570 Zuschauern gespielt haben, war ich einfach nur dankbar, dass Leute in der Halle waren und für Stimmung gesorgt haben.
Wie gehen Sie als Trainer mit dem Thema Corona um?
Ich versuche, den Spielern bewusst zu machen, wie wichtig es ist, sich möglichst viel von anderen fernzuhalten. Wir überwachen die Spieler natürlich nicht und für die Schüler in unseren Reihen ist es schwierig, allen Kontakten aus dem Weg zu gehen. Aber allen muss klar sein: Wenn es einen trifft, dann trifft es auch den ganzen Verein. Insgesamt muss man einfach von Spiel zu Spiel schauen. Noch läuft alles, es kann aber auch ganz schnell in eine andere Richtung gehen.
Wie wird das Spiel heute Abend ausgehen?
Das wissen wir jetzt natürlich noch nicht. Aber es ist klar, dass ich mich über einen Sieg und zwei Punkte freuen würde.