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Straßenfest ja, St. Martin nein?Empörung in Waldbröl über Feier an Kaiserstraße

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Der St.-Martins-Umzug in Waldbröl ist abgesagt, auf der Kaiserstraße in der Stadtmitte soll derweil ein weiteres Fest steigen. (Symbolbild)

Waldbröl – Groß ist die Empörung, hitzig sind die Diskussionen in den sozialen Medien: In diesem Jahr gibt es in Waldbröl erneut keinen Martinszug, allerdings laden die Stadtverwaltung und ihre Marketing-GmbH „Wir für Waldbröl“ für den 6. November zu einem Fest auf der Kaiserstraße ein. Und das löst eben Ärger aus: „Das ist nicht Euer Ernst. Schämt Euch, was sollen wir den Kindern sagen?“, schreibt etwa eine Waldbrölerin, während ein anderer Marktstädter mutmaßt, dass der Einzelhandel bevorzugt werden solle, während ander schlicht bedauern, „dass erneut die Kinder zu kurz kommen“.

So einfach ist es aber nicht. Hinter dem Martinszug steht der Waldbröler Verkehrs- und Verschönerungsverein und damit eine große Schar ehrenamtlicher Helfer. „Hätten wir uns für einen Zug entschieden, wären wir damit ein großes Risiko eingegangen“, erklärt der Vorsitzende Carsten Becker – auch mit Blick aufs Finanzielle. „Denn die Corona-Schutzverordnung ändert sich immer wieder – wenn also plötzlich ein solcher Umzug nicht mehr möglich wäre, müssten wir trotzdem dafür aufkommen“, führt Becker aus.

Gefahr neuer Infektionen

Und nicht zuletzt sei da die Gefahr neuer Infektionen – in einer Zeit, in der die Zahl der Corona-Fälle in Waldbröl ohnehin wieder stark ansteige. Derzeit gehört diese zu den höchsten Werten im Kreisgebiet. „Dicht am Martinsfeuer beieinander stehen und Lieder ohne Maske singen, das erschien uns zu gefährlich“, sagt Carsten Becker. „So haben wir uns schweren Herzens für die Absage des Zuges entschieden.“ Zudem betont der Vereinschef, dass das Rathaus darauf keinerlei Einfluss genommen habe. „Im Gegenteil: Das Ordnungsamt hätte uns keine Steine in den Weg gelegt.“

Inzwischen hat die Kritik am geplanten Straßenfest auch Bürgermeisterin Larissa Weber erreicht. Steigen soll es am Samstag, 6. November, von 11 bis 14 Uhr. Anlass ist, dass die zurzeit gesperrte Kaiserstraße dann eine Asphaltschicht bekommen hat und wenigstens seitenweise für den Verkehr freigegeben werden kann. „Die Idee kommt von den örtlichen Geschäftsleuten, die Planung läuft bereits seit September“, schildert Weber. „Sie wollen auf sich aufmerksam machen und freuen sich, dass ihre Straße wieder befahrbar ist.“

Bedauern über Zugabsage

Weber bedauert, dass der Verkehrs- und Verschönerungsverein den Martinszug abgesagt hat. „Gleichwohl kann ich diese Entscheidung sehr, sehr gut nachvollziehen und verstehen“, versichert die Verwaltungsleiterin. Ebenso gut begreife sie die Aufregung im Internet: „Für die Kinder tut’s mir unendlich leid.“

Auch in Derschlag kein Martinszug

Die Corona-Pandemie sorgt weiter dafür, dass auch die Martinszüge immer noch nicht wieder in der gewohnten Form stattfinden können, obwohl sie draußen sind. So auch in Derschlag, wo der Heimatverein den beliebten Martinszug jetzt abgesagt hat. Wie der Verein mitteilt, sehe er sich nicht in der Lage, unter den aktuellen Bedingungen eine solche Veranstaltung zu stemmen und für alle Teilnehmenden die Sicherheit bei der Veranstaltung zu gewährleisten. (ar)

Das Straßenfest ist für Larissa Weber dagegen ein Schritt in die Zukunft: „Wir sollten immer mehr zur Normalität zurückkehren – vor allem, wenn die Corona-Verordnung dies gestattet und weil es genügend Angebote gibt, sich impfen zu lassen.“ Der Verordnung zufolge können sich derzeit bis zu 2500 Menschen an der frischen Luft ohne Abstand und ohne Maske treffen, auch die 3G-Regel greift nicht. Aus Rücksicht auf einige Bedenken, so Weber, verzichte sie jedoch auf den vorgesehenen Anstich eines Fasses. Gegen 11 Uhr setzt die Bürgermeisterin dem Programm zufolge einen der neuen Straßenbäume. Weiterhin vorgesehen ist eine Modenschau.

Verständnis für Empörung

„Mit diesem Fest wollen wir einen Anstoß geben und feiern, dass unsere Innenstadt endlich durchfahrbar ist“, ergänzt derweil der Geschäftsmann Sebastian Barth für die ebenfalls beteiligte Werbegemeinschaft Einkaufsstadt Waldbröl. Dass dieses Vorhaben angesichts des abgesagten Martinszuges nicht bei jedem gut ankomme, sei verständlich, findet Barth. „Ich habe selbst drei Kinder.“

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Noch im September hatte das Ordnungsamt der Stadt einem Waldbröler Unternehmer empfohlen, ein Oldtimer-Treffen abzusagen, stattfinden sollte dieses am 3. Oktober auf dem Marktplatz. „Damals hätte die Einhaltung der 3G-Regel überprüft werden müssen, aber das erschien uns auf dem Platz kaum möglich“, blickt Bürgermeisterin Weber zurück. In Kraft ist die Regel seit dem 23. August. „Und zur Zeit der Anfrage durch den Veranstalter war überhaupt nicht abzusehen, wie sich die Lage entwickeln würde.“