Der Kindermediziner Guido Weißhaar hat seine Stelle als Oberarzt gegen die eines niedergelassenen Kinderarztes eingetauscht.
ÄrztemangelKinderarzt ist vom Klinikum Oberberg nach Waldbröl gewechselt
Der Pieper ist sein ständiger Begleiter – am Tag, in der Nacht, an Wochenenden. Ein sehr junges oder gar ungeborenes Leben zu retten, gehört zum Alltag wie eben auch, aber seltener, der Tod eines Säuglings. „Kinderarzt ist man ganz oder gar nicht“, sagt Guido Weißhaar. Vor wenigen Monaten hat der frühere Oberarzt mit dem Schwerpunkt Neonatologie („Frühchen“) und Kinder-Intensivmediziner die Kinderklinik am Klinikum Oberberg verlassen und sich in Waldbröl als Selbstständiger dem Team der Gemeinschaftspraxis von Uwe Nothnick angeschlossen.
Mehr als zehn Jahre, so schildert Nothnick, habe er nach einer dritten Kraft gesucht – und nun gefunden. Für den 44-jährigen Weißhaar bedeutet dieser Wechsel nicht unbedingt weniger Stress, aber wenigstens geregelte Arbeitszeiten. „Zudem kann ich kontinuierlich durcharbeiten, weil kein Funk mehr in der Tasche steckt“, sagt Weißhaar. Der Wiehler ist Vater einer sechs Jahre alten Tochter und eines achtjährigen Sohnes. „Und endlich haben wir Familien-Wochenenden, und die Nächte sind ruhig“, freut sich der Mediziner.
Elf Jahre Tätigkeit an der Uniklinik in Köln
„Früher kam ich oft nach Hause und musste sofort wieder raus.“ Sieben Jahre lang hat er in Gummersbach gearbeitet, davor waren es elf an der Universitätsklinik in Köln. „Aber immer war klar, dass ich mich einmal als Kinderarzt niederlassen würde“, betont er. „Und da schien mir jetzt endlich der richtige und vielleicht aber auch letzte Moment dafür gekommen.“ Weißhaars Lebenslauf gleicht dem von Uwe Nothnick in vielen Details. Auch er war, allerdings in Saarlouis, als Oberarzt und in der Intensivmedizin beschäftigt.
1992 ist er nach Waldbröl gekommen und hat die Gemeinschaftspraxis übernommen, für die er vor etwa 20 Jahren in der Baumwiese ein neues Gebäude erreichtet hat, gegründet worden ist sie in den 1980er Jahren. Dritte im Bunde ist die Hausärztin Maria Luister, die dort aber als Kinderärztin arbeitet. Auch wenn er selbst bereits älter als 65 ist, sei der Fortbestand und damit die kinderärztliche Versorgung in Oberbergs Süden und für die Randgebiete der Nachbarkreise gesichert, „und das ganz sicher für lange Zeit“.
In zwei Jahrzehnten rund 60.000 Kinder als Patienten behandelt
Das heißt in Zahlen: In einem Quartal betreut jeder der drei etwa 1000 bis 1500 Patientinnen und Patienten im Alter von null bis 18 Jahren, das wiederum sind Nothnicks Angaben zufolge 3000 unterschiedliche Patientinnen und Patienten. Für die vergangenen zwei Jahrzehnte komme er auf eine Gesamtzahl von rund 60 000 Kindern und Jugendlichen in der Praxis. Kein Patient werde abgewiesen. „Wir nehmen weiterhin neue Fälle auf – vor allem, weil wir wieder zu dritt sind“, betont Weißhaar.
Denn Kinderarzt, das sei so etwas wie „ein Saisongeschäft von Oktober bis ins Frühjahr“. In dieser Zeit könne es auch mal eng werden. Dass die Situation bei ihm trotzdem beinahe luxuriös ist, weiß Nothnick: „Viele Kolleginnen und Kollegen können das nicht bewältigen – nicht nur weil weitere Ärzte fehlen, sondern auch Personal.“ In seinem Haus seien vor Weißhaars Einstand die U3-Termine knapp gewesen, blickt er zurück. „Der dritte Arzt hat das behoben.“ Der Reiz am Beruf ist bei beiden Medizinern derselbe. Guido Weißhaar sagt: „Als Kinderarzt betrachtet man immer den ganzen Menschen, die Kindermedizin ist das letzte ganzheitliche Fach.“
Ihn mache die Arbeit mit Kindern glücklich, insbesondere die mit Säuglingen. „Die strahlen eine ganz besondere Energie aus“, findet auch Uwe Nothnick. Um den Praxisbetrieb im vollen Umfang zu sichern, will er auch weiterhin junge Menschen ausbilden – viele der Mitarbeitenden haben bei ihm gelernt. „Sonst wären wir wohl nicht so gut aufgestellt.“