Maria und Werner Mauelshagen verdanken einer Tante eine unverhoffte Beziehung zu Südkorea. Bei einer einwöchigen Reise durch das ostasiatische Land waren sie Ehrengäste bei Banketts und Militärparaden.
FamilienforschungWiehler Staatsgäste in Südkorea
Dass sie einmal Deutschland in der Republik Korea diplomatisch vertreten, hätten sich Maria und Werner Mauelshagen vor vier Jahren nicht träumen lassen. Bei ihrer Reise seien sie 2022 „wie Staatsgäste“ empfangen worden. Im vergangenen Monat sind die Eheleute aus Wiehl-Oberbantenberg (70) einer Einladung der Berliner Botschaft des ostasiatischen Landes gefolgt. Auf Bitten der Gastgeber hielt Werner Mauelshagen beim festlichen Mittagessen eine Rede, die simultan übersetzt wurde. Tags zuvor waren die beiden zum Gruppenfoto mit dem südkoreanischen Botschafter und der Veteranenministerin gebeten worden.
Das alles haben sie Maria Mauelshagens Tante Mathilde zu verdanken. Und der akribischen Art, mit der Werner Mauelshagen die Familiengeschichte aufgearbeitet hat.
Vom Elsass ans Schwarze Meer Nachdem der IT-Kaufmann im Ruhestand seinen eigenen Stammbaum aufbereitet hatte, beschäftigte er sich drei Jahre lang mit der Herkunft seiner Schwiegereltern. Maria Mauelshagens Eltern kamen nach dem Krieg als Schwarzmeerdeutsche in die Bundesrepublik. Ihre Vorfahren waren vor 250 Jahren aus dem Elsass in die heutige Ukraine ausgewandert. Davon erzählt eine zeitgeschichtlich informative, reich bebilderte Chronik auf 1130 Seiten, die Werner Mauelshagen in kleiner Auflage für die Familie drucken und in zwei Bänden binden ließ.
Flucht aus der Ukraine
Dem ungewöhnlichen Leben von Mathilde Marsall (1925-1973) ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie war eine Schwester von Maria Mauelshagens Mutter und entkam der vorrückenden Roten Armee, indem sie 1944 eine Gelegenheit nutzte, nach Westdeutschland zu fliehen. Noch im gleichen Jahr trat die junge Frau in das Mutterhaus des Deutschen Roten Kreuzes in Lübeck ein und begann eine Ausbildung zur Krankenschwester. Als Mitglied der Mainzer Alice-Schwesternschaft widmete sie sich von 1947 an der Krankenpflege, zunächst in Mainz und Rüsselsheim, später in aller Welt.
„Im Juli 1953 endete der Koreakrieg und das Land lag in Trümmern“, schreibt Werner Mauelshagen in der Familienchronik. Die Gesundheitsversorgung war desolat. „Als Mathilde davon hörte, dass das DRK in Korea ein Krankenhaus einrichten wollte und dafür Krankenschwestern gesucht wurden, war das Interesse sofort geweckt.“ Von 1956 bis 1957 war sie dort als Pflegerin und Ausbilderin tätig. Wie die anderen deutschen Rotkreuzler hinterließ sie einen bleibenden Eindruck.
Reger Austausch zwischen Berlin und Wiehl
Jedenfalls erschien im Deutschen Ärzteblatt 60 Jahre später ein Aufruf, in dem die südkoreanische Botschaft nach Angehörigen der deutschen Ärzte und Krankenschwestern suchte, um ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Noch einmal fünf Jahre später stieß Werner Mauelshagen auf den Aufruf und meldete sich in der Hoffnung, mehr über das Hospital und vielleicht auch Tante Mathilde herauszufinden. „Aus der ersten, noch sehr förmlichen Mail an den Botschafter entwickelte sich ein reger Austausch, der schließlich in der Einladung nach Korea einen Höhepunkt fand“, schreibt Mauelshagen in der Chronik.
Um das Andenken an die Kriegsveteranen kümmert sich in Korea ein eigenes Ministerium. Einbezogen werden dabei auch besonders die ausländischen UN-Soldaten, die das Land damals unterstützt haben, später auch die zivilen DRK-Aufbauhelfer aus Deutschland. So fanden sich die Mauelshagens in einer 100-köpfigen Gruppe wieder, zu der einstige Soldaten oder deren Nachkommen aus aller Welt gehörten. Entsprechend feierlich war das Programm des einwöchigen Besuchsprogramms mit aufwendiger Rundumbetreuung.
Festbankette wechselten sich mit Kranzniederlegungen und Militärparaden ab, berichtet Werner Mauelshagen. „Passanten applaudierten den vorüberfahrenden Reisebussen, Wahnsinn!“ Alle Teilnehmer wurden mit Geschenken überhäuft und mit Coronaschutzmasken ausgestattet, welche die Aufschrift „Hero“ (Held) trugen. Maria Mauelshagen lächelt: „Wir fühlten uns da schon ein bisschen fehl am Platze.“ Den Koreanern war es aber offenbar ein Anliegen, den Deutschen Dank zu sagen, und den Angehörigen war es eine Ehre, die Respektbekundung stellvertretend entgegen zu nehmen, sagt Werner Mauelshagen.
Der Kontakt hat die Reise überdauert. Die Mauelshagens bekamen immer wieder Einladungen, die sie allesamt ausschlugen. Bis nun die Enthüllung einer Skulptur anstand, die auf dem Gelände des DRK-Generalsekretariats in Berlin an die Eröffnung des Hospitals in Busan vor 70 Jahren erinnern soll. An der Zeremonie nahmen Botschafter Sang Beom Lim, Veteranenministerin Kang Jeong-ae, der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes, Christian Reuter, und neben anderen Familienangehörigen des deutschen Sanitätspersonals auch die Eheleute Mauelshagen teil. Die Botschaft schreibt: „Es war eine bedeutsame Veranstaltung für beide Länder, um Menschlichkeit zu teilen und die Wunden des Weltkriegs und des Koreakriegs zu heilen.“
Mathilde Marsall hätte dieser Gedanke sicher gefallen. Ihr bewegtes Leben als Krankenschwester führte sie noch über viele Grenzen, sie war in den USA und arbeitete in Bolivien, bis sie 1973 mit nur 48 Jahren einem Krebsleiden erlag.
Eine deutsche Klinik in Südkorea
Kurz nach Ende des Koreakrieges hat das DRK im Auftrag der Bundesregierung in der Hafenstadt Busan ein Hospital eingerichtet und fünf Jahre lang betrieben. Eingerichtet wurde die ursprünglich als Feldlazarett geplante Klinik 1954 in einer ehemaligen Schule in Pusan (heute Busan). Sie verfügte über 250 Betten und Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie sowie eine Sektion für ambulante Behandlungen. Hinzu kamen Zahnmedizin, Röntgenstation, Labor und Apotheke. Anfangs bestand das deutsche Team aus gut 80 Mitarbeitern, dank eigener Ausbildungsarbeit konnten sie zunehmend durch einheimische Kräfte ersetzt werden. „Der Einsatz entwickelte sich zu einem der längsten in der Geschichte des DRK“, schreibt Werner Mauelshagen.