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Begabter HochspringerWiehler Jan Pablo Oehl jetzt Bundestrainer Nachwuchs

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Der ehemalige Wiehler  Hochspringer Jan-Pablo Oehl  freut sich über die Beförderung zum Bundestrainer Nachwuchs. 

Wiehl – Der Wiehler Jan Pablo Oehl (28) gehörte mit übersprungenen 2,03 Metern zu den besten deutschen Hochspringern der U23. Heute hat er seinen Sport zum Beruf gemacht und ist nach abgeschlossenem Sportstudium Trainer Sprung beim TSV Bayer Leverkusen und seit kurzem Bundestrainer Nachwuchs männlich. Andrea Knitter sprach mit ihm über seinen Werdegang und seine Ziele.

Sie waren selbst aktiver Hochspringer und haben jetzt den Sport zu Ihrem Beruf gemacht. Wie kam das?

Oehl: Über den Herren-Bundestrainer Hans-Jörg Thomaskamp, der wie ich am Bundesstützpunkt Leverkusen arbeitet und dort auch mein Trainer war. Ich habe 2016, als ich selbst noch Athlet war, unter ihm als Schülertrainer begonnen. Es passt, da wir im ständigen Austausch sind und dieselbe Philosophie im Hochsprung vertreten.

Was meinen Sie mit Philosophie?

Es ist eher ein Trainerleitbild, als eine Philosophie. Es gibt im Hochsprung zwei Lager. Auf der einen Seite den Power-Flop, bei dem der Anlauf langsam ist und sich viel über die Kraft abspielt. Auf der anderen Seite der Speed-Flop mit einem langen Anlauf, bei dem mit der Geschwindigkeit gearbeitet wird und den wir bevorzugen. Bestes Beispiel ist der amtierende Europameister Mateusz Przybylko, der für Leverkusen startet. Er legt 8,5 Meter pro Sekunde zurück und kommt beim Absprung auf eine Geschwindigkeit von 35 Stundenkilometern.

Sie haben mit 24 Jahren mit dem Springen aufgehört. Warum?

Ich hatte Probleme mit meinen Füßen und habe die sieben Trainingseinheiten in der Woche nur noch mit Schmerzen beendet.

Hans-Jörg Thomaskamp hat Sie dann ja auch schnell mit neuen Aufgaben betreut.

Das stimmt. Als er Bundestrainer Hochsprung wurde, überließ er mir die Betreuung von Douwe Amels, des niederländischen EM-Achten, und seinen Teamkollegen, bis sie zurück in die Heimat gingen. Ich war da schon sein Co-Trainer und in Leverkusen für den U16-Nachwuchs zuständig. Als dann im Herbst die Stelle des Nachwuchs-Bundestrainers frei wurde, kam ich ins Spiel. Da hatte ich auch mein Sportstudium beendet. Außerdem macht mir die Arbeit mit den Jugendlichen viel Spaß.

Die letzten beiden Jahre waren von Corona geprägt, worunter vor allem der Amateursport zu leiden hatte. Gilt das auch für den Nachwuchsleistungssport und damit Ihre Sportler?

Die Bundeskaderathleten traf es nicht so sehr, da sie ja weiter in der Halle trainieren durften. Die anderen waren vor allem draußen unterwegs. Seit Sommer hat es sich eingependelt, denn auch die Landeskaderathleten dürfen in die Halle.

Wie viele Athleten gehören Ihrer Gruppe an?

Im Bundeskader sind es im Moment fünf Hochspringer. In Leverkusen sind es sechs, darunter zwei Hochspringer und eine sehr talentierte Dreispringerin. Die meisten Bundeskaderathleten trainieren deutschlandweit bei ihren Vereinen. Ich treffe sie vor allem bei Wettkämpfen und halte über ihre Trainingspläne mit ihnen Kontakt. Was durch die Pandemie fehlt, ist die so wichtige Nachwuchssichtung, die im Moment nicht möglich ist.

Gehört die Nachwuchssichtung auch zu Ihren Aufgaben?

Ja. Eine Faustregel lautet, im Jahr rund 5000 Kinder zu testen, um zehn Talente zu finden. Da es in Zeiten wie diesen keine Besuche in Schulen, Leichtathletik AGs oder Wettkämpfe gibt, ist es schwierig, Kinder zu sichten. So fehlt der Nachwuchs extrem.

Ist fehlender Nachwuchs nur ein Problem durch die Corona-Pandemie?

Nein, es war auch schon vorher schwierig. Die Bereitschaft für den Leistungssport ist nicht mehr so groß. Es fehlt die Begeisterung, die ganze Freizeit einer Sportart zu widmen. Das liegt sicher auch daran, dass der Sport nicht mehr die Anerkennung in der Gesellschaft findet, die ihm gebührt. Ein weiterer Grund ist G8 an den Schulen, was dazu führt, dass wir erst ab 17.30 Uhr trainieren können. Für die Sportler, die aus Dormagen, Düsseldorf oder Solingen kommen, bedeutet das, dass sie erst spät Hausaufgaben machen können.

Wie erklären Sie sich, dass die Leichtathletik bei Olympischen Spielen und großen Wettkämpfen auf ein riesiges Interesse stößt, ansonsten aber eher unter ferner liefen rangiert?

Ich denke, das liegt auch an der Form der Wettkämpfe. Leichtathletikwettkämpfe – und dazu zähle ich auch die deutschen Meisterschaften – sind einfach zu lang. Sie ziehen sich oft über den ganzen Tag und wirken für die Besucher schleppend.

Was wäre Ihr Vorschlag?

Knackige Veranstaltungen über zwei Stunden.

Wie es sie ja bereits mit Hochsprungmeetings gibt.

Das stimmt, doch es gibt insgesamt zu wenige solcher Meetings und einige renommierte sind gestrichen, beispielsweise weil die Veranstalter aus Altersgründen aufgehört und keine Nachfolger gefunden haben.

Sie sind noch neu in Ihrem Amt als Bundestrainer. Was haben Sie sich als Schwerpunkte gesetzt?

Erst einmal möchte ich den männlichen Bereich im Hochsprung wieder auffüllen. Dies in Zusammenarbeit mit den Heim- und Landestrainern. Ich habe fünf Athleten im Bundeskader, die ich betreue und mit denen ich international unterwegs bin. In diesem Jahr steht die U20-WM in Kolumbien an und die U18-EM in Jerusalem.

Sie sind erst 28 und damit im Alter noch nicht weit entfernt von Ihren Athleten, egal ob sie im Bundeskader oder im Verein sind. Was möchten Sie ihnen mit auf den Weg geben?

Ich möchte Ihnen zeigen, wie es ist, für etwas zu brennen, auch wenn es nur ein Hobby ist. Wie viel Spaß es machen kann, jede freie Minute auf dem Platz zu stehen und Freude an Wettkämpfen zu haben. Man darf dabei nicht so verbissen sein, sondern muss mit lockerer Disziplin arbeiten. Auch wenn Leichtathletik ein Einzelsport ist, möchte ich den Sportlern den Teamgedanken mitgeben, bei dem jeder für jeden einsteht. Da bin ich wohl vom Handball geprägt, mit dem ich meine sportliche Laufbahn begonnen habe.

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Bei so viel Leidenschaft, mit der Sie darüber sprechen, klingt es nach Traumberuf.

Das ist es auch. Es ist sehr abwechslungsreich, man kommt viel rum, lernt viele Athleten kennen und gibt ihnen etwas für das Leben mit.

Wer hat Sie in Ihren Anfangsjahren geprägt?

Das war ganz klar Klaus Heinen, Trainer des Wiehltaler LC, der mich mit seiner Hingabe für die Leichtathletik geprägt hat.