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„Wildtiere kennen keine Regeln“Polizei und Jäger mahnen zur Vorsicht

Lesezeit 3 Minuten

Deutlich mehr als 1000 Wildunfälle ereignen sich pro Jahr auf den Straßen des Oberbergischen. Meistens handelt es sich um Zusammenstöße mit Rehen.

Oberberg – In den vergangenen Tagen ist es auf den ländlich gelegenen Straßen im Oberbergischen wieder vermehrt zu Wildunfällen gekommen, teilt die Polizei mit. Sieben bis acht Meldungen seien im Schnitt pro Tag eingegangen, heißt es bei der Kreispolizeibehörde in Gummersbach auf Nachfrage.

Die Zahlen sind hoch: Laut Wildstandsbericht endeten in der Jagdsaison 2018/19 im Oberbergischen Kreis 973 Zusammenstöße mit Fahrzeugen für Rehe tödlich – das waren 24 Prozent der Rehwildstrecke, fast jedes vierte Tier. Dazu kamen im gleichen Zeitraum unter anderem 130 Füchse, 114 Wildschweine, 94 Dachse, 48 Feldhasen, 22 Steinmarder, sechs Waschbären, vier Wildkaninchen, zwei Hermeline, ein Iltis.

Das sind die Unfallzahlen, die offiziell bekanntgeworden sind und für die Tiere tödlich endeten. Die Polizei zählte für Oberberg im Jahr 2017 insgesamt 1191 Wildunfälle, 2019 waren es 1248. 2017 wurden dabei acht Menschen verletzt, 2019 zwei.

Erhöhte Gefahr in Oktober und November

Im Oktober und November steigt die Gefahr, dass Fahrzeuge mit Wildtieren kollidieren, wieder an. Es sind neben April und Mai die Monate mit den weitaus meisten Wildunfällen, sagt Kreisjagdberater Baldur Neubauer. Auch er weiß, dass Wildunfälle im Oberbergischen ein wiederkehrendes Problem sind, und dass es Orte gibt, an denen diese öfter passieren als anderswo. Er nimmt die „Jagdausübungsberechtigten“, also die Revierpächter, in die Pflicht. Es sei falsch, zu sagen: „Ich kann dort nicht jagen, denn mein Wild wird ja totgefahren.“ Der Umkehrschluss sei richtig: An bekannten neuralgischen Punkten müsse vermehrt gejagt werden, um Unfälle zu verhindern.

In den ersten acht Monaten des Jahres 2020 weise die Unfallstatistik einen leichten Rückgang der Wildunfallzahlen aus, berichtet die Polizei. 678 Unfälle gab es zwischen Januar und August, zwei Personen verletzten sich. Wenn es aber wieder früher dunkel wird – erst recht ab dem kommenden Monat, wenn die Uhr wieder zurückgestellt wird – wächst die Gefahr von Wildunfällen.

Warnschilder ernst nehmen

Deshalb bittet die Polizei um besondere Aufmerksamkeit. Vor allem in den Morgen- und Abendstunden sollten Autofahrer Vorsicht walten lassen. Dann sei die Gefahr besonders hoch, dass Wildtiere wie Reh, Wildschwein und Hase die Straße kreuzen. „Wildtiere kennen keine Regeln, sie müssen über Straßen wandern, um zu fressen oder Partner zu finden“, warnt die Polizei.

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„Fahren Sie in den ländlichen und waldreichen Gegenden in den kommenden Wochen besonders vorsichtig. Ist ein Verkehrszeichen Wildwechsel aufgestellt, ist die Gefahr besonders hoch“, warnt Joachim Höller, Leiter der Verkehrsdirektion der Kreispolizeibehörde. Die Hinweisschilder würden an gefährdeten Stellen mit häufigem Wildwechsel aufgestellt; Verkehrsteilnehmer sollten sie ernst nehmen, so Höller. „Wenn dann plötzlich ein Tier auf der Straße auftaucht, nicht ausweichen, sondern kontrolliert abbremsen und notfalls einen Zusammenstoß in Kauf nehmen“ – um nicht vor einem Baum zu landen. „Rechnen Sie bei Wildwechsel immer mit Nachzüglern – ein Tier kommt selten alleine.“

Der beste Schutz gegen Wildunfälle, so der Leiter der Verkehrsdirektion, sei angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren: „Wer Tempo 80 statt 100 fährt, reduziert seinen Bremsweg um 25 Meter.“

Laut der Broschüre „Wildunfall – Informationen für den Autofahrer“ des Landesjagdverbandes (LJV) NRW kommt es bundesweit jährlich zu rund 260.000 Wildunfällen mit Personen- oder Sachschäden. Dabei kommen im Schnitt 30 Menschen ums Leben, 2600 verletzen sich, der Sachschaden beläuft sich auf mehr als 530 Millionen Euro. Die Broschüre kann auf der LJV-Internetseite heruntergeladen werden:

www.ljv-nrw.de/media/1462258449_wildunfalle_nichtjager.pdf