Coronavirus in WipperfürthHandwerker stoßen auf verschlossene Türen
Wipperfürth/Lindlar – Auch in Zeiten der Corona-Pandemie kommt der Schornsteinfeger ins Haus, um den Kamin zu säubern. Und die Bewohner sind verpflichtet, ihn hereinzulassen. Darauf weist die Schornsteinfeger-Innung Köln, zu der auch Oberberg gehört, in einer aktuellen Mitteilung hin.
Hintergrund sind vermehrt Fälle im Rheinland, in denen Menschen den Zutritt verwehrten – aus Sorge, der Schornsteinfeger könne das Virus ins Haus bringen. „Nach unserer Einschätzung können Schornsteinfeger-Tätigkeiten nicht dauerhaft aufgeschoben werden, da sie wesentlich zur Gefahrenabwehr beitragen“, teilt die Innung mit. Allerdings seien bei den Arbeiten umfangreiche Hygiene-Maßnahmen zu treffen und im Einzelfall abzuwägen – vor allem dann, wenn Bewohner unter Quarantäne stünden. Die Bürger könnten daher sicher sein, dass nur die Arbeiten ausgeführt werden, die für alle Beteiligten bei Einhaltung der Schutzmaßnahmen unbedenklich seien, heißt es von der Innung.
Coronavirus: Handwerker nicht immer gerne gesehen
Anrufe bei den bergischen Schornsteinfegern bestätigen, dass die Frauen und Männer in Schwarz derzeit oft zwischen den Stühlen sitzen und ganz unterschiedlich empfangen werden. „Die einen bieten Kaffee an, andere öffnen nur kurz die Haustür und verschwinden sofort wieder“, berichtet Bezirksschornsteinfegermeister Gerd Schmitz aus Thier.
Sein Lindlarer Kollege Andreas Schulz weist darauf hin, dass die Fristen für zu erledigende Arbeiten im jeweiligen Feuerstättenbescheid klar geregelt seien. Diese Tätigkeiten dienten maßgeblich dem Brandschutz. Wenn sich jemand mit Blick auf das Virus partout sperre, sei „viel Fingerspitzengefühl“ gefragt, so Schulz. „In der Regel arbeiten wir so, dass es nicht sofort zur Katastrophe kommt und wir Fälliges etwas schieben können.“ Es gelte die richtige Balance zu finden zwischen der Erfüllung der Pflichten aus dem Schornsteinfeger-Gesetz und dem Verständnis für die Kunden.
Wipperfürth: Deutlich weniger Aufträge für Schornsteinfeger
Die bergischen Schornsteinfeger-Meister, oft als Ein-Mann-Unternehmen mit höchstens einer Handvoll Angestellten organisiert, bewegt aber noch eine ganz andere Frage. Wie verkraftet die Zunft das Virus wirtschaftlich? Schulz und Schmitz berichten von deutlich weniger Aufträgen und damit auch weniger Einnahmen. „Das Thema ist Gesprächsthema Nummer eins. Im eigenen Betrieb, unter den Kollegen und bei der Innung“, sagt Gerd Schmitz.
2500 Kürtener Haushalte betreut Schornsteinfegermeister Christoph Wagner, der in Wipperfürth lebt. Am Mittwochabend hat er einen Brief an seine Kundschaft verfasst, in dem er die vorübergehende Schließung seiner Firma bis 14. April ankündigt. „Natürlich sind die Ofenbesitzer verpflichtet, uns zu öffnen“, sagt Wagner. „Aber diejenigen, die bei Innung und Verwaltung darauf pochen, sind nicht diejenigen, die an den Türen klingeln müssen.“ Schon aus Fürsorge für seine Mitarbeiter – einen Gesellen und einen Auszubildenden – sei die Entscheidung nötig. „Das Problem beginnt mit der Besorgung von Desinfektionsmittel, damit sich die Jungs nach dem Hausbesuch wenigstens die Hände einreiben können.“ Die Mittel seien kaum zu bekommen. „Kein Schornsteinfeger hat sie vorrätig, wir brauchten sie vor Corona nicht.“ Eine eigene Konstruktion aus einem 20-Liter-Kanister Wasser, Desinfektionszeug und viel Seife hat Christoph Wagner nun in seinen Fahrzeugen installiert.
Vier Wochen, hat Wagner ausgerechnet, könne sein Betrieb den Einnahmeausfall verkraften. Danach werde es brenzlig. Von der Möglichkeit, Kurzarbeitsgeld zu beantragen, hält er wenig. „Dann erhalte ich die Sozialabgaben zurück. Aber wir brauchen Aufträge. Ohne sie kein Umsatz und ohne Umsatz kein Gewinn.“
Optimismus verbreiten
Kurz vor der vorübergehenden Schließung seines Betriebs hatte der Wipperfürther Schornsteinfegermeister Christoph Wagner eine Begegnung, die ihn bis heute beschäftigt. Vor seinem Kehrtermin in einem Kürtener Mehrfamilienhaus besorgte er eine Packung Schokolade und klebte zwei Glücksbringer auf. Damit überraschte er seine Kundin, die – wie Wagner weiß – auf der Intensivstation einer großen Kölner Klinik arbeitet.
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„Das war als Dankeschön gedacht, stellvertretend für alle Pfleger und Ärzte, die in diesen Tagen so viel leisten.“
Die Frau sei zu Tränen gerührt gewesen, verrät der Schornsteinfeger. „Vielleicht müssen wir Schornsteinfeger uns in diesen besonderen Zeiten der Krise verstärkt an unseren Ruf erinnern“, so der Wipperfürther. „Als Glücksbringer für die Menschen da sein und Optimismus verbreiten.“ (sfl)