Roman aus WipperfürthWie das Leben spielt
Wipperfürth – Ab heute liegt das dritte Buch des Wipperfürther Autors Tom Saller in den Buchhandlungen. „Julius oder die Schönheit des Spiels“ heißt das Werk, das vom Leben des Tennisspielers Gottfried Freiherr von Cramm inspiriert wurde. Wie bei „Martha tanzt“ und „Ein neues Blau“ ist Julius von Berg, die Hauptfigur des Romans, eine besondere, eine starke Persönlichkeit, die sich selber treu bleibt, aber die sich auch finden muss.
Inspiriert von Gottfried von Cramm
Fairness als oberstes Gebot des Sportlers, der Sieg als höchstes Ziel, aber nicht um jeden Preis, das verbindet Tom Saller, der selber leidenschaftlicher Tennisspieler ist, mit Gottfried von Cramm, der zu den besten deutschen Tennisspielern überhaupt zähle.
Akribisch hat der Autor über seine Figur, die Zeitgeschichte und die Schauplätze der Handlung recherchiert und neben der Hauptfigur Julius auch weiteren Figuren mit Charakter und Tiefgang geschaffen. Auch reale Personen treten im Roman auf, dazu zählen Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque, die allerdings nur mit Vornamen genannt werden. Es gibt auch weitere Bezüge und Hinweise. „Es ist ein intellektuelles Spiel, ein Angebot an den Leser“, so der Autor. Zum Verständnis der Handlung, die im Wesentlichen in den 20er und 30er Jahren spielt, ist es unerheblich, ob der Leser die Hinweise die Hinweise des Autor erkennt.
Die Reise beginnt in Wimbledon
Der Roman beginnt in Wimbledon im Jahr 1984, als bekanntermaßen ein junger Deutscher das berühmte Tennis-Turnier gewannt Im Roman ist die Person bewusst verfremdet und deutlich zum realen Wimbledon-Sieger abgegrenzt, und das auch, weil das Thema Homosexualität thematisiert werden. Es wird nie offen oder gar platt behandelt, ist aber präsent. Wie gefährlich es in der Zeit des Nationalsozialismus sein konnte, anders zu sein, wird sehr deutlich.
Nach dem ersten Aufschlag nimmt Saller die Leser mit auf den Weg durch die Lebensgeschichte von Julius, seine Kindheit, die ersten Tennisspiele, Schule und Erwachsenwerden. Auch ein wenig beachtetes historische Thema, die Rheinische Republik, wird im Roman thematisiert. Im Mittelrheintal, wo der Familiensitz der Hauptfigur ist, hat sie Spuren hinterlassen, die Saller entdeckt hat.
Dem Autor gelingt es, nicht nur dieses Zeitgeschehen anhand seiner Figuren auch in seiner Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit lebendig werden zu lassen. Das Spiel wird zur Metapher, es geht nicht um das Tennisspiel, um das Match beim Davis-Cup zwischen Cramm und Donald Budge, das als vielleicht bestes Spiel aller Zeiten bezeichnet wird.
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Wo Saller über Tennis schreibt, zeigt sich, dass er seit Jahrzehnten intensiv diesen Sport betreibt: „Ich stand da, und er stand dort. Er schlug, und ich schlug zurück. Ein ums andere Mal. Wir waren bis ins Innerste des Spiels vorgedrungen, zu dessen Kern.“
Der Roman hat einen sehr guten Spannungsbogen, eine klare, prägnante Sprache und eine interessante Geschichte. Manches wird angedeutet und bleibt vage, ganz bewusst. Die Fantasie des Lesers kann sich entfalten.