Fans eine Stimme gebenWarum ein Schalke-Fan in den Aufsichtsrat will
Wipperfürth – Den 13. Juni 2021 haben Fans des FC Schalke 04 bereits im Kalender markiert. An jenem Sonntag werden die Königsblauen einen neuen Aufsichtsrat wählen. Insider halten eine Revolution durch die Fans für denkbar. Einer der Kandidaten für den Aufsichtsrat: Michael „Charly“ Ilchmann aus Wipperfürth. Mit dem Schalke-Fan sprach Florian Sauer über die Motive für seine Kandidatur.Herr Ilchmann, Schalke 04 steht auf dem letzten Platz der Bundesliga-Tabelle und sorgte in der vergangenen Zeit immer wieder für negative Schlagzeilen. Was motiviert Sie für die Kandidatur um ein Amt bei diesem Verein?Michael Ilchmann: Die angesprochenen Turbulenzen müssen endlich ein Ende haben. Die Tabelle lügt leider nicht. Als Schalke-Fan verbringe ich ohnehin viel Zeit rund um meinen Verein. Ich kann mir gut vorstellen, mich endlich an entscheidender Stelle zu engagieren und die Geschicke aktiv zu gestalten. Mein Motto: Alle Kraft voraus! Meine Unterlagen für die Vorauswahl liegen jetzt jedenfalls in Gelsenkirchen vor.
Was kritisieren Sie an der aktuellen Besetzung des Gremiums?
Ilchmann: Es kann nicht sein, dass gerade ein Klub wie Schalke nur von Rechtsanwälten und Steuerberatern gelenkt wird. Die Basis muss ebenfalls vertreten sein. Schauen Sie, Schalke hat um die 160.000 Mitglieder. Aber diese Zahl umfasst ja auch nur diejenigen, die sich für eine Mitgliedschaft entschieden haben. Ich schätze, dass es bundesweit vielleicht zwei Millionen königsblaue Fans gibt, vielleicht sogar mehr. Diesem unorganisierten Teil der Anhängerschaft möchte ich im Aufsichtsrat eine Stimme geben.
Wie haben Sie sich auf die Kandidatur vorbereitet?
Ilchmann: Ich habe vor allem geprüft, ob es Interessenkonflikte mit meinem Arbeitgeber geben kann. Das ist aber nicht der Fall. Aufsichtsrat auf Schalke ist ein reines Ehrenamt, für das es kein Geld gibt. Was ich sogar begrüße. Es schließt den Verdacht aus, dass mein Ansporn nur finanzieller Natur ist. Oder eine wirtschaftliche Abhängigkeit entstehen könnte.
Zur Person
Michael Ilchmann, Spitzname „Charly“, ist 50 Jahre alt, verheiratet und lebt in Wipperfürth-Niedergaul. Geboren wurde er in Gelsenkirchen-Buhr, der Opa arbeitete im Steinkohle-Bergbau. Seit Kindertagen ist Ilchmann Fan des FC Schalke 04. Er ist ausgebildeter Malermeister und arbeitet seit über 20 Jahren als Techniker und im Einkauf des Westdeutschen Rundfunks tätig.
Die Mitglieder des FC Schalke sollen am 13. Juni fünf Aufsichtsratsposten neu besetzen. Die vergleichsweise hohe Zahl an neuen Posten erkläre sich dadurch, dass 2020 die Mitgliederversammlung coronabedingt ausfiel, erklärt Alina Bolous von der Schalker Medienabteilung. Zu besetzen seien in diesem Jahr also die Plätze, deren Amtszeit bis 2020 oder 2021 lief. Ob die Versammlung online oder in Präsenz stattfinden wird, sei noch offen.
Vor der Mitgliederversammlung wird laut Satzung der Königsblauen ein Wahlausschuss die Bewerbungen der Kandidaten sichten und diese zur Wahl zulassen oder eben ablehnen. Nach welchen Kriterien dieser Ausschuss urteilt und wie viele Bewerbungen für den Aufsichtsrat insgesamt eingegangen sind, wollte der Verein auf Anfrage nicht verraten. Inzwischen hat Michael Ilchmann nach eigenen Angaben vom FC Schalke eine „Absage aus formellen Gründen“ bekommen. (sfl)
Stichwort Geld: Der Aufsichtsrat des FC Schalke hantiert ja mit vielen Millionen pro Jahr. Fühlen Sie sich dieser Aufgabe gewachsen?
Ich kritisiere ja, dass in der Vergangenheit zu viele Posten mit zu wenig Fachkompetenz besetzt wurden. So wurden ungeheure Summen in Spieler und Verantwortliche gesteckt, die einfach nicht Schalke-kompatibel waren.
Ilchmann: Natürlich müsste ich mir dann auch eingestehen: Ich habe keine Erfahrung mit der Arbeit in einem solchen Gremium. Aber ich möchte schließlich den überwiegenden Teil der Schalker vertreten, die Basis, deshalb sehe ich da auch gar keinen Widerspruch.
Was ist die dringendste Aufgabe des neu gewählten Aufsichtsrates?
Ilchmann: Es muss wieder garantiert werden, dass sich Spieler, Trainer und Funktionäre an den Schalker Grundwerten orientieren. Davon lebt Schalke! Hier muss niemand berühmt sein und den Ball eine Viertelstunde in der Luft halten können. Aber man muss kämpfen können! Und wenn die Fans spüren, dass die Mannschaft kämpft und alles gegeben hat, dann verzeihen sie auch Niederlagen. Gut, aktuell sind es wahrscheinlich wirklich zu viele… (lacht).
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Ihre Kritik wird von einigen Fanclubs geteilt. Die Gegenseite argumentiert, dass Schalke inzwischen ein großes Wirtschaftsunternehmen ist und manche Anhänger noch zu sehr an der alten Bergmannszeit hängen.
Ilchmann: Das ist Blödsinn. Zum Beispiel ist eine angedachte Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Verein kein Allheilmittel, wenn Gelder nicht effizient eingesetzt werden. Die Schalker Tugenden begleiten den Verein seit seiner Gründung im Jahr 1904. Und sie sind zeitlos. Schon immer herrschte eine enorme Verbundenheit zwischen dem Klub und den Fans. Auf Schalke gibt es einen Spruch: Wenn einer im Stadion das Licht anknipst, kommen schon 10 000 Fans, um zu schauen, was da los ist. Deshalb trifft Corona mit seinen Spielen ohne Zuschauer uns Schalker härter als Vereine, die über eine deutlich kleinere Anhängerschaft verfügen. Die Schalker Fans sind wie eine zweite Luft für die Mannschaft – und diesen Stellenwert müssen wir auch bei der Besetzung des neuen Aufsichtsrates berücksichtigen. Ganz egal, wer letztlich gewählt wird. Glück auf, Schalke – dieser Spruch muss uns alle wieder verbinden.