Die Stadt Wipperfürth stellt Anwohnern die neuen Pläne für den Container-Bau an der Bahnstraße vor. Diese üben deutliche Kritik am Standort.
Anwohner kritisieren StandortNotunterkunft in Wipperfürth wird deutlich kleiner

So könnten die Container für die Flüchtlinge an der Bahnstraße aussehen.
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Eine neue Unterkunft für Geflüchtete soll an der Bahnstraße entstehen. Das hat der Rat am Mittwoch einstimmig entschieden und folgte einer einstimmigen Empfehlung, die zuvor der Bauausschuss und der Ausschuss für Schule und Soziales abgegeben hatten. Im Haushalt sind 1,3 Millionen Euro vorgesehen, 577.000 Euro stehen als Landesmittel zur Verfügung.
Platz für maximal 28 Menschen – Abbau der Container nach fünf Jahren
Gegenüber der ersten Planung wurde die Unterkunft aus Wohnraumcontainern allerdings deutlich abgespeckt. Sie soll nur ein- und nicht zweigeschossig errichtet werden und Platz für maximal 28 Bewohner bieten, ursprünglich sollten dort bis zu 50 Menschen wohnen.
Gleichzeitig wird festgehalten, dass die Stadt die Container an der Bahnstraße nach spätestens fünf Jahren wieder abbauen will. Zudem soll die Unterkunft am Wipperhof ertüchtigt werden. Das 2018 beschlossene Integrationskonzept der Stadt wird überarbeitet, unter Beteiligung der Ehrenamtler, die sich um die Betreuung der Geflüchteten kümmern.
Infoveranstaltung mit Anwohnern, Politikern und Spitzen der Verwaltung
Bereits am Dienstag hatte in der Mensa des EvB-Gymnasiums eine Informationsveranstaltung für die Anwohner der Bahnstraße, Kaiserstraße, Am Hammerwerk und Erste Mühle stattgefunden. Rund 20 Anwohner nahmen daran teil, noch einmal genauso viele Lokalpolitiker und die Spitzen der Verwaltung.
Anwohner der Bahnstraße hatten kritisiert, dass nicht klar sei, nach welchen Kriterien die Stadt auf den Standort Bahnstraße gekommen sei. Zusätzlich hatten sie eine Reihe weiterer möglicher Standorte ins Gespräch gebracht.
Verwaltung prüft Alternativplätze – häufig kein Baurecht
Die Verwaltung prüfte daraufhin nicht weniger als 28 Plätze auf ihre Eignung hin und stellte das Ergebnis dieser Prüfung vor. Doch entweder befinden sich die Alternativflächen in Privatbesitz und die Besitzer haben kein Interesse, diese Fläche zur Verfügung zu stellen – das gilt laut Stadt etwa für den Parkplatz gegenüber der Diskothek Kesselhaus. Eine ganze Reihe von Plätzen scheidet aus, weil dort kein Baurecht besteht.
Eine Besonderheit gilt für den Festplatz Ohler Wiesen: Für den Umbau des Platzes gab es Fördermittel des Landes. Würde die Stadt dort Container aufstellen, wäre dies förderschädlich und die Stadt müsse mit Rückzahlungsforderungen rechnen, erklärte Stephan Hammer, Leiter Bauen, Planen und Umwelt. In Hämmern, auf der Freifläche an der Bundesstraße 506, plant die Stadt eine neue Feuerwache und eventuell einen Kindergarten.
Einzige mögliche Alternative zur Bahnstraße soll Parkfläche bleiben
Am Ende blieb noch eine Alternative zur Bahnstraße übrig: der Parkplatz an der Lenneper Straße, neben dem Aldi-Kreisel und unterhalb der Villa Hartmann. Doch die Stadtverwaltung will diese Fläche unbedingt als innerstädtische Parkfläche behalten.
Das sorgt bei den Anwohnern der Bahnstraße für Verärgerung. Axel Schmidt und Bodo Will haben Luftbilder der beiden Flächen gemacht und zwei Kreise – im Anstand von 50 und 75 Metern – gezogen. Sie kommen zu dem Schluss, dass an der Lenneper Straße viel weniger Anwohner betroffen seien als an der Bahnstraße.
Anwohner befürchten „Hotspot“ an der Bahnstraße
Die Anwohner aus dem Bahnhofsviertel weisen darauf hin, dass ihr Quartier im Vergleich zu anderen ohnehin schon besonders belastet sei: „Wir haben den Steinkreis vor der Haustür, wo es ständig Ärger gibt, unter der Brücke treffen sich Jugendliche und machen nachts Lärm, und zusätzlich haben wir mit der Alten Post schon eine Flüchtlingsunterkunft an der Bahnstraße, auch wenn es dort zurzeit ruhig ist“, kritisierte Schmidt.
„Unsere Frauen haben Angst.“ Mit einer weiteren Unterkunft für Geflüchtete werde an der Bahnstraße ein „Hotspot“ entstehen, befürchten die Anwohner. Zumal in der neuen Unterkunft in erster Linie alleinstehende Männer unterkommen sollen, denn sie stellen derzeit die große Mehrheit der Geflüchteten.
Aus Sicht der Stadtverwaltung und der Politik gibt es keine Alternative zum Standort Bahnstraße. „Andernfalls müssen wir Turnhallen belegen“, sagte Bürgermeisterin Anne Loth, die bemüht war, Brücken zu schlagen. „Integration kann nur gelingen, wenn wir das gemeinsam anpacken.“ Die Stadt will die nächsten fünf Jahre nutzen, um die marode Unterkunft am Wipperhof zu sanieren und sie gegebenenfalls durch einen Neubau zu ersetzen. Der jetzige Zustand des Hauses sei „unmenschlich“, kritisierte Hartmut Hirsch (CDU).
Kommentar
Vertrauen beschädigt
Wo lassen sich die vielen Geflüchteten unterbringen? Die bestehenden Unterkünfte platzen aus alle Nähen, der Wohnungsmarkt ist leergefegt. Und so führt an einer Containerlösung – auch wenn es sich um Wohncontainer handelt – kein Weg vorbei. Es sei denn, man würde, wie in Lindlar, eine Turnhalle belegen, aber das will in Wipperfürth niemand. Anders als in Thier wurde leider versäumt, die Anwohner der Bahnstraße frühzeitig zu informieren.
Warum? Im März 2023 votierten Politik und Verwaltung in zwei Ausschüssen einstimmig für Wohncontainer an der Bahnstraße, für bis zu 50 Personen. Damit widersprach die Stadt ihrem eigenen Integrationskonzept, das 2018, damals noch unter einem anderen Bürgermeister, einstimmig verabschiedet worden war. Dort heißt es wörtlich: „Der wichtigste Handlungsansatz ist die Dezentralisierung der Flüchtlingsunterbringungen. (...) Es soll vermieden werden, dass eine Vielzahl an Neuzugewanderten konzentriert Einzug in ein Objekt wie der ,Alten Post’ finden.“
Mit diesem Zick-Zack-Kurs beschädigt die Stadt Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Dabei sind beide ganz wichtig, soll die Integration gelingen.