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In der DrahteWipperfürther Theaterensemble bringt Orwells Klassiker „1984“ auf die Bühne

Lesezeit 4 Minuten
Eine Szene im Rahmen einer Probe für die Aufführung des Theaterstücks „1984“.

Artefakte einer Welt, die der Protagonist Winston nie bewusst erlebt hat. Sie regen den Apparatschik zum Nachdenken an und dann ist da noch die Beziehung zu Julia. In Wipperfürth bringt ein junges Ensemble Orwells Klassiker „1984“ auf die Bühne der Alten Drahtzieherei.

Das junge Ensemble befindet sich derzeit im Endspurt der Proben für ihre Aufführungen am 9. und 10. Juni abends in der Alten Drahtzieherei.

Es ist harte Theaterkost, die dem Publikum an zwei Tagen in der kommenden Woche in der Alten Drahtzieherei in Wipperfürth geboten wird. Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler der Gruppe Chaostheorie und die Kinder des Kulturbahnhof-Theaters befinden sich derzeit im Endspurt der Proben für ihre Aufführungen am 9. und 10. Juni.

An zwei Abenden bringen die jungen Menschen das Stück „1984“ – nach dem 1949 erschienen Roman des britischen Autors George Orwell – auf die Bühne und damit reichlich Stoff, der zum Nachdenken anregen dürfte. Es geht um allgegenwärtige Überwachung, Gewalt, Armut, Krieg und um den Wunsch, aus dem System eines totalitären Staates auszubrechen und seine Individualität wiederzufinden.

Theateraufführung in Wipperfürth: Winston in zwei Rollen

Schauplatz der Inszenierung ist die Hauptstadt des fiktiven Staats Ozeanien. Dort lebt Winston Smith. Er arbeitet im Ministerium für Wahrheit als Geschichtsfälscher im Dienst der Staatspartei und beginnt, die totalitäre Welt infrage zu stellen. So macht sich Smith auf die Suche nach der von der Partei verfolgten Untergrundbewegung. Doch Kritik am System ist unerwünscht und gefährlich.

Und dann sind da noch die eigenen Konflikte, die Winston mit sich selbst austrägt. Zum einen ist da sein parteitreues Selbst, der Overall-Winston (gespielt von Marius Bänsch), und zum anderen sein wahrheitsstrebendes Selbst, der Gedanken-Winston (Lucas Ewers). Julia (Lea Wagener), ebenfalls Parteimitglied und heimliche Geliebte von Winston, wird zur Mitwisserin seiner kritischen Gedanken. Doch genau diese Liebe ist es, die dem Publikum schließlich den Machtmechanismus der dystopischen Welt in all ihrer Hoffnungslosigkeit vor Augen führen wird.

Welche Macht hat ein Gedanke?

Welche Macht hat ein Gedanke? Welchen Wert hat die Wahrheit? Welchen Platz haben Liebe und Familie in einem totalitären System? Und wie kann so ein System über den Menschen triumphieren? Diese vier Fragen möchten die Schauspielerinnen und Schauspieler ihrem Publikum in der Drahtzieherei mit auf den Weg geben. Sie bringen den Klassiker von Orwell zum 40. Jahresjubiläum originalgetreu, aber neu interpretiert auf die Bühne.

Passend zur düsteren Zukunftsvision erscheinen die jungen Menschen in tristen Trenchcoats, das Bühnenbild ist bewusst schlicht gehalten. Untermalt wir das Geschehen auf der Bühne durch bewegte Bilder auf einer Leinwand.

„1984“: Das Theaterstück hat sich die Gruppe selbst ausgesucht

Das Stück habe sich die Gruppe selbst ausgesucht, erzählt Regisseurin Nelia Nusch. „Wir sind als Gruppe sehr politisch. Es ist bedrückend für uns, was derzeit in einigen Teilen auf der Welt und in unserer Gesellschaft passiert“, erklärt Lukas Ewers (21) aus dem Ensemble, dass das Stück auch durchaus einen aktuellen Bezug habe. „Ein gesellschaftskritisches Stück passt in die Zeit“, stimmt Belana Floßbach (20) zu, die den Hauptantagonisten, den Parteifunktionär O'Brian, spielt.

Anderthalb Jahre Arbeit stecken in der Inszenierung. Ein anfangs 90-seitiges Skripts wurde nach und nach überarbeitet, bis es für alle passte und spielbar war. In den Proben seien bis zuletzt neue Spielideen eingeflossen, berichtet Regisseurin Nelia Nusch. „Wir verstehen uns alle richtig gut und sind kreativ. Auch wenn wir in der Gruppe viele verschiedene Charaktere haben, in den wichtigen Sachen stimmen wir überein“, beschreibt Belana Floßbach die Arbeit in den Proben. Dieser Zusammenhalt mache schwieriger zu spielende Szenen einfacher. „Da hilft es sehr, wenn man sich gut kennt und man sich in einer Art Safe Space befindet“, betont Marius Bänsch.

Gleich mit der ersten Szene, in der beide Persönlichkeiten von Winston gefesselt auf der Bühne liegen, wolle man das Publikum von den Socken hauen, verrät Nusch und ergänzt: „Es wird auch laut werden.“ Kurz vor der Aufführung wird das Ensemble im Kreis zusammenkommen. Dann heißt es durchatmen, bevor sich der Vorhang öffnet.

Karten für die Aufführungen am 9./10. Juni, 18 Uhr, in der Alten Drahtzieherei in Wipperfürth gibt’s im Vorverkauf im Kunstbahnhof, in der Drahte (vor Ort und online), der Buchhandlung Kolibri und der Bergischen Buchhandlung. Eine Karte kostet 12/ermäßigt 10 Euro.