Vater, Mutter, Kind? Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Anschauungen, und das macht sich auch in der Arbeit des Bensberger Familiengerichts bemerkbar.
AdoptionsrechtBergisch Gladbacher Richterin für Gleichbehandlung von homosexuellen Paaren
Die Vater-Mutter-Kind-Familien sind bunter und vielfältiger geworden, und die Elternrolle ist längst nicht mehr nur gemischtgeschlechtlichen Paaren vorbehalten. Die Bensberger Amtsgerichtsdirektorin Johanna Saul-Krickeberg bemerkt das auch in ihrem Berufsalltag als Familien- und Adoptionsrichterin.
„Bei mir waren 2022 eine ganze Menge gleichgeschlechtlicher Partner, die ein Kind adoptieren wollten“, berichtet sie. Meistens habe es sich dabei um weibliche Paare gehandelt, bei der die eine Partnerin das Kind nach einer Samenspende austrage und die andere den Nachwuchs adoptieren wolle. Unter den 30 bis 40 Adoptionsvorgängen auf ihrem Tisch in diesem Jahr seien acht gewesen, in denen ein gleichgeschlechtlicher Partner den Adoptionsantrag gestellt habe.
Sind Männer und Frauen wirklich gleichberechtigt?
Durch die Adoption bekomme die nicht leibliche Mutter das Sorgerecht und werde zum vollwertigen Elternteil. „Natürlich können die Antragsteller die Kinder adoptieren“, sagt die Richterin dazu, spricht aber im gleichen Atemzug ein aktuelles juristisches Problem an: Denn während in einer gemischtgeschlechtlichen Ehe der Ehemann automatisch als Vater des von der Ehefrau geborenen Kindes gilt, ist das bei einer Frauen-Ehe nicht der Fall.
Vielmehr muss hier die nicht-gebärende Ehefrau den Adoptionsantrag stellen. Ist das fair? Ist das gerecht? Oder ist es ein Verstoß gegen den Grundsatz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“? Unter Juristinnen und Juristen gibt es da erhebliche Zweifel. Ausgerechnet ein bayerischer Amtsrichter hat in der Sache sogar die höchste deutsche Rechtsinstanz angerufen.
„Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Verfassungswidrigkeit einer der Ehefrau der Mutter von Gesetzes wegen verweigerten Elternstellung“ heißt die Frage des Münchner Amtsrichters an die Karlsruher Verfassungshüter ein wenig sperrig. Zwei Frauen, die sich im Kempten (Allgäu) das Ja-Wort gegeben hatten, stellten für den am 11. Dezember 2020 geborenen Sohn zunächst einen Adoptionsantrag, nahmen diesen aber wieder zurück, weil ihnen das Jugendamt den Weg schwer gemacht habe. Sie stellten stattdessen den Antrag festzustellen, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis bestehe.
Die Frage landete auf dem Tisch von Saul-Krickebergs Münchner Kollegen, der sie prüfte und zu dem Ergebnis kam, dass er dem Wunsch der Ehefrauen nach dem Wortlaut des Paragrafen 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht stattgeben dürfe. Jedoch war der bayerische Richter auch davon überzeugt, dass die BGB-Vorschrift gegen das viel wichtigere und höherrangige Grundgesetz verstoße.
Keine Grund für die Ungleichbehandlung
In den Worten des bayerischen Juristen: „Sie benachteiligt eine mit der Geburtsmutter verheiratete Frau aufgrund ihres Geschlechts gegenüber einem Mann in entsprechender Position. Sie benachteiligt auch ein so gezeugtes Kind, das in eine gleichgeschlechtliche Ehe zweier Frauen hineingeboren wird gegenüber einem so gezeugten Kind, das in eine verschiedengeschlechtliche Ehe hinein geboren wird.“
Für diese Ungleichbehandlungen gebe es heute keinen rechtfertigenden Grund mehr. Das gelte umso mehr, als die rechtliche Elternschaft in Deutschland nicht kategorisch auf eine Frau als Mutter und einen Mann als Vater begrenzt sei. Das Grundgesetz spreche in Artikel 6 nicht von Mutter und Vater, sondern von geschlechtlich nicht spezifizierten Eltern.
Entscheidung für die Konflikte steht noch aus
Entsprechend der Notbremse, die das Grundgesetz für solche Konfliktfälle zwischen Richter und Gesetz vorsieht, übersandte der Jurist die Angelegenheit mit Vorlagebeschluss vom 11. November 2021 den Karlsruher Richtern. Eine Entscheidung von dort steht bislang noch aus.
Gefragt, wie sie denn die Sache sehe, bekennt die Bensberger Amtsgerichtsdirektorin Farbe: „Ich wünsche mir, dass es geht. Man möchte die Gleichstellung von heterosexuellen und homosexuellen Paaren, und dafür ist es der richtige Schritt. Ich fände es gut.“