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Verzweifelte ElternWarum diese Zwillinge keinen Grundschulplatz in Bensberg bekommen

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Erst im März erfahren die ABC-Schützen, ob es mit ihrer Wunschschule klappt.

Bergisch Gladbach – In Bensberg gibt es einen Mangel an Grundschulplätzen. Nicht jeder Erstklässler kann der nächstgelegenen Grundschule zugeordnet werden. Wie viele genau, steht noch nicht fest. Dennoch werden laut Stadtverwaltung alle i-Dötzchen zum Sommer einen Platz bekommen – fragt sich nur wo. In einer E-Mail an Bürgermeister Lutz Urbach schildern Eltern aus dem Wohnpark Bockenberg ihre Not. Für sie ist das Problem doppelt groß: Sie haben Zwillinge.

Eigentlich war die Sache für Anna und Stefan Schellenberger klar. Helena und Benjamin würden auf eine der beiden Grundschulen in der Nähe gehen, gemeinsam mit anderen Kindern aus dem Viertel. Doch am Infoabend der katholischen Grundschule am 4. Oktober ist die Vorfreude der Eltern in Verzweiflung und Wut umgeschlagen. „Wir erhielten die Auskunft, dass die Schule bereits restlos belegt ist“, berichtet Stefan Schellenberger.

Die Schellenbergers werden schon zum zweiten Mal benachteiligt

Auf 44 Schulplätze kämen schon jetzt 52 katholisch getaufte Kinder und viele weitere Kinder anderer Konfessionen. Auch die direkt nebenan, ebenfalls für Kinder aus Bockenberg fußläufig zu erreichende evangelische Grundschule sei bereits ausgebucht, hieß es. Stefan Schellenberger ist sauer: „Wir sind schon einmal benachteiligt worden. Und jetzt soll uns das ein zweites Mal passieren?“

Denn schon bei der Vergabe der Kita-Plätze vor drei Jahren war die Familie in Bergisch Gladbach nach einem nervenaufreibenden Kampf leer ausgegangen, musste zwangsweise nach Köln in eine Einrichtung ausweichen.

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Stefan Schellenberger (35) ist Polizeibeamter, seine Frau Anna (35) arbeitet als Angestellte im Jobcenter. „Seit drei Jahren fahren wir unsere Kinder nach Köln. Je nach Verkehrslage verlieren wir bis zu drei Stunden täglich“, schildert Anna Schellenberger den täglichen Stress des Hinbringens und Abholens, „und nun soll das vier Jahre lang so weitergehen, wenn die Kinder auswärts in anderen Stadtteilen eingeschult werden?“

Durch den Schichtdienst bei der Polizei sei es für die Familie schwierig, die Kinder zu Außenstandorten zu fahren. „Wir haben nur ein Auto und große Probleme unter solchen Bedingungen Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen.“ Noch mehr bedrückt die Mutter aber: Die Zwillinge würden wieder keinen geregelten eigenverantwortlichen Tagesablauf kennenlernen. Und schlimmer noch: „Sie würden wieder keine Freunde im direkten Umfeld finden.“

Stadtverwaltung will keiner Planungsfehler einräumen

Die Schellenbergers werfen Stadtverwaltung und Politik Planlosigkeit vor. Stefen Schellenberger hat, betont er ausdrücklich, sich nicht allein für seine Familie beschwert. Sondern ebenso für alle anderen Betroffenen.

Die Stadtverwaltung will gegenüber dieser Zeitung indes keine Planungsfehler einräumen. „Es gibt aus unserer Sicht keine Fehlplanung“, sagt Stadtsprecher Martin Rölen. Die Stadt stütze ihre Prognosen, wie viele Kinder einzuschulen sind, auf die aktuellen Meldedaten. Danach seien für den Einschulungsjahrgang 2019 ausreichend Schulplätze im Stadtgebiet vorhanden. „Dass es nicht immer die Wunschschule sein kann, liegt auf der Hand“, meint Rölen. Denn dann müsste die Stadt als Schulträger jedes Jahr an besonders beliebten Schulen anbauen, was dann im Jahr darauf zu Überkapazitäten führen würde.

Konkrete Anmeldezahlen von allen Schulen lägen erst am landesweiten Stichtag, das ist der 15. November, vor. Rölen kann aber schon jetzt bestätigen, dass an evangelischer und katholischer Grundschule die Nachfrage das Platzangebot übersteigt. An einer der beiden Schulen eine zusätzliche Klasse einzurichten, sei nicht geplant. Dafür sei auch kein Platz vorhanden. Es sei also möglich, dass Kinder aus Bensberg auf andere Stadtteile verteilt werden müssten. Wie es genau in den anderen Statteilen aussehe, würde man nach dem Stichtag sehen.

Als Ausweichschule für den Wohnpark Bockenberg in Bensberg habe eine Mitarbeiterin der Verwaltung Anna Schellenberger die GGS Moitzfeld genannt. Hier gibt es 78 Plätze. Für Anna Schellenberger ist es unverantwortlich, ihre sechsjährigen Kinder alleine mit dem Linienbus in den Nachbarort fahren zu lassen: „Ohne Begleitperson ist das nicht möglich.“ Sie wisse nicht, wie es für sie beruflich weitergehen würde. Für sie stimmt grundsätzlich etwas nicht am System: „Einerseits heißt es, es gibt zu wenig Personal im öffentlichen Dienst, andererseits werden Eltern durch fehlende Investitionen in das Bildungssystem gezwungen, ihre Tätigkeiten aufzugeben.“

Die Entscheidung darüber, welches Kind ab Sommer auf welche Schule geht, erfahren die Eltern im März – das ist eine lange Zeit der Unsicherheit.