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Ärger wegen AirbnbWie Bergisch Gladbach gegen die Flut an Ferienwohnungen vorgehen möchte

Lesezeit 4 Minuten
Mietwohnung neu vermieten? Ohne Zustimmung der aktuellen Mieter dürfen keine Fotos gemacht oder veröffentlicht werde

In Bergisch Gladbach entstehen zunehmend Ferienwohnungen. Mieter haben das Nachsehen.

Durch den Onlineanbieter wird der Wohnraum in Bergisch Gladbach noch knapper. Mit diesem Plan will die Stadt gegen das Unternehmen vorgehen.

Der US-Amerikaner Brian Chesky wird wahrscheinlich noch nie etwas von der Stadt Bergisch Gladbach und ihren Bewohnern gehört haben. Chesky hat 2008 im Silicon Valley in Kalifornien das Unternehmen Airbnb („Airbed and breakfast“, auf deutsch: „Luftmatratze und Frühstück“) gegründet, Chesky ist der Vorstandschef des Internetunternehmens.

Sehr erfolgreich gegründet, muss man sagen: Airbnb ist ein Riese im Internet, ebenso wie Google oder Amazon. Die Online-Unterkunftsvermittlung boomt weltweit, in nahezu allen Ländern der Erde ist sie vertreten, auch deutsche Urlauber haben in diesem Sommer millionenfach Buchungen über Airbnb vorgenommen, die Übernachtungen in den Privathäusern sind meist billiger als in Hotels. Auch in Bergisch Gladbach ist AirbnB vertreten, Tendenz rasant steigend.

Knapper Wohnraum

Und das wird zunehmend zu einem Problem: Mit Airbnb wird der Wohnraum noch knapper. Einheimische und Zugewanderte suchen oft vergebens nach bezahlbarem Wohnungen, trotz eines dafür aufgelegten Baulandbeschlusses mit einer Quote für Sozialwohnungen. Mit einer „Wohnraumschutzsatzung“ will die Stadt politisch gegensteuern. Erste Schritte in der Debatte stehen in den nächsten Wochen an. Bislang verfügt die Stadt nicht über dieses Steuerungsinstrument.

Eine vom Land bestätigte „angespannte Lage“ auf dem Wohnungsmarkt soll helfen, dies zu ändern; das ist der Ausgangspunkt der Satzung. Wichtig zu wissen: In der Kreisstadt hat es von 2018 bis 2023 16 Änderungsanträge für Wohnraum gegeben, immer in Richtung gewerbliche Ferienwohnung. Allein 2024 aber bereits 25 (24 in Bearbeitung, eine Genehmigung). AirbnB macht schnelle Fortschritte.

Aber natürlich funktioniert die Umwandlung von privatem Wohnraum auch ohne die Online-Plattform. Für manchen Anbieter ist es die Möglichkeit, eine neue Einnahmequelle zu generieren. Wer nach „Bergisch Gladbach“ sucht, wird tatsächlich bei Airbnb schnell fündig. Ferienwohnungen etwa bei „Norbert“ oder „Gabriele“ werden angepriesen oder die Unterkunft in einem schicken Fachwerkhaus.

17 von 27 Wohnungen in Bergisch Gladbacher Neubau gewerblich

Dutzende Bilder gibt es zu den Angeboten, die Preise liegen meist unterhalb der „normalen“ Ferienwohnungen. Kommerziell sind beide Angebote, Airbnb gibt sich nach außen als eine Art Angebot unter Freunden. Übernachtungspreise liegen üblicherweise bei 50 bis 80 Euro pro Tag. Mit wenigen Klicks kann die Buchung vorgenommen werden. Das freut Urlauber.

Das ärgert Bürgermeister Frank Stein und seinen Ersten Beigeordneten Ragnar Migenda. Sie können ohne neue Satzung einen Änderungsantrag auf eine Ferienunterkunft nicht ablehnen, in der Amtssprache eine gewerbliche Umnutzung. Auslöser ganz aktuell ist in der Kreisstadt ein Antrag, von dem die Stadt nur die Basisangaben mitteilt.

In drei neuerrichteten Mehrfamilienhäusern, mit insgesamt 27 Wohnungen, der Stadtteil wird nicht genannt, sollen laut Antrag 17 Wohneinheiten zu gewerblichen Ferienwohnungen umgenutzt werden. Bei einer Genehmigung wären diese 17 Wohneinheiten dem regulären Wohnungsmarkt entzogen. Nur bei gewichtigen Gründen der Bauordnung kann die Stadt solche Anträge stoppen. In der Regel gibt es aber laut Verwaltung keinen Grund in der Bauordnung, der gegen eine Umnutzung spricht. Die Stadt muss also genehmigen. Die Folge: Diese 17 Wohnungen verschwinden vom Wohnungsmarkt.

Zum Kurzurlaub nach Köln

Kurzurlauber kommen dann zu einem Wochenende ins Bergische Land oder fahren (wahrscheinlicher) nach Köln. Mit der S-Bahn oder Stadtbahn sind die Feriengäste sehr schnell am Kölner Dom oder in den Bräuhäusern der Dom-Umgebung. Mit einer Satzung könnte die Stadt steuern und Genehmigungen rechtsverbindlich verweigern. Als Zweckentfremdung gelte dann eine Verwendung von mehr als 50 Prozent der Gesamtwohnfläche für gewerbliche Dinge.

Dies wäre dann ein Ansatz zum Einschreiten der Verwaltung. Gerne hätte man innerhalb der Verwaltung auch etwas zu Leerständen und Kurzzeitvermietung in die Satzung aufgenommen: Dies ist aber, so argumentiert die Verwaltung, wegen der schwierigen Personalsituation im Hause aktuell nicht möglich. Zunächst wollen sich Stein und Migenda das Votum für die Vorbereitung der Satzung von der Politik abholen.

Im Planungsausschuss wird vorberaten, der Sozialausschuss soll Mitte November die Entscheidung treffen. Eine Satzung könnte dann zu eine späteren Zeitpunkt erlassen werden. Beschlossen werden soll auch eine Bürgerbeteiligung vor einem Satzungsbeschluss und die Einberufung eines „Runden Tisches Wohnen“ mit allen entscheidenden Akteuren aus der Wohnungswirtschaft.

Eine Satzung würde auch nicht rückwirkend greifen, alle bestehenden Airbnb- oder sonstigen Unterkünfte in Privatwohnungen blieben. Ob es dann vor Satzungsbeschluss zu einer Schwemme an Änderungsanträgen kommen könnte, wäre vorstellbar.