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Krach im RathausBergisch Gladbach organisiert seine Verwaltung neu

Lesezeit 4 Minuten
Die Arbeit im Bergisch Gladbacher Rathaus wird neu organisiert.

Die Arbeit im Bergisch Gladbacher Rathaus wird neu organisiert.

Warum der Streit so erbittert geführt wurde und sich Bürgermeister Frank Stein bei seinem Vorgänger entschuldigte

Das Organigramm, die grafische Darstellung des Verwaltungsaufbaus, ist ungefähr so interessant zu lesen wie die Seite eines Telefonbuchs. Interessant wird es, wenn sich hinter der Verteilung von Zuständigkeiten handfeste Machtkämpfe stehen. Und genau so ist das bei dem Organigramm für die Bergisch Gladbacher Beigeordneten.

Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) hatte im vergangenen Hauptausschuss eine Neuverteilung der Fachbereiche für die Beigeordneten vorgeschlagen.Im Kern geht es darum, die Zuständigkeiten des ersten Beigeordneten Ragnar Migenda (Grüne) zu begrenzen.

Die FWG ist so etwas wie der strategische Mehrheitsbeschaffer geworden

Die FWG, die so etwas wie der strategische Mehrheitsbeschaffer im Gladbacher Rat geworden sind, konnte alle Fraktionen mit Ausnahme von Grüne und SPD hinter sich bringen und sich eine Mehrheit sichern. Damit war klar, dass das alte Organigramm nicht mehr zu halten war. Eine klare Niederlage für Bürgermeister Frank Stein (SPD) und dem Bündnis Grüne/SPD.

Derzeit gibt es in Bergisch Gladbach nur zwei Beigeordnete: Ragnar Migenda (Grüne) und Thore Eggert (FDP). Die dritte Stelle ist vakant und Bürgermeister Stein hatte bislang argumentiert, dass es angesichts der unklaren politischen Mehrheitsverhältnisse im Rat sinnlos sei, diese Stelle auszuschreiben. Welche qualifizierte Person würde sich denn schon auf dieses Abenteuer einlassen?

Bürgermeister Frank Stein (SPD) tritt die Flucht nach vorne an

Durch den erfolgreichen Vorstoß der FWG hat sich alles geändert. Während im Hauptausschuss Bürgermeister Frank Stein noch das alte Organigramm verteidigte, stellte er nun im Rat „seine“ neue Verteilung vor. Sozusagen die Flucht nach vorn.

Wörtlich heißt es in der Mitteilung des Bürgermeisters: „Ich werde in Ausübung des Organisationsrechtes des Bürgermeisters ab dem 1. November die Fachbereiche 2,3,8 und 10 Stadtkämmerer Thore Eggert zuordnen; der Erste Beigeordnete Ragnar Migenda wird ab dann für die Fachbereiche 6 und 7 zuständig sein und Fachbereichsleiter Stefan Dekker wird kommissarisch die Fachbereiche 4 und 5 betreuen. Gleichzeitig wird er als Fachbereichsleiter 7 im Dezernat von Ragnar Migenda mitwirken, die Kollegen werden - davon bin ich fest überzeugt - dies kollegial und konstruktiv leben.“

Der Zuständigkeitsbereich von Ragnar Migenda wird verkleinert

Hier die Auflösung des Zahlensalats. Der erste Beigeordnete Migenda wird in Zukunft für den Fachbereich „Stadtentwicklung, Bau und Mobilität“ sowie neu für den Fachbereich „Umwelt und Technik“ zuständig sein. Der zweite Beigeordnete Eggert ist für den Fachbereich „Finanzen“, den Bereich „„Immobilien“ und den Bereich „Recht, Sicherheit und Ordnung“ zuständig. Der dritte Beigeordnete, dessen Stelle noch ausgeschrieben werden muss, wäre dann für den Bereich „Bildung,Schule, Kultur, Sport“ sowie „Jugend und Soziales“ verantwortlich. Bislang war für diese beiden Fachbereiche ebenfalls Migenda verantwortlich. Sein Zuständigkeitsbereich wird durch die Neuverteilung definitiv verkleinert.

Das ist das eine. Der Bürgermeister rückte in der Ratssitzung ebenfalls von seiner Linie ab, die Beigeordnetenstelle nicht auszuschreiben. Er kündigte an, für die Ratssitzung im November den Ausschreibungstext vorzustellen.

Die FWG zeigte sich hochzufrieden. Fraktionsvorsitzender Rainer Röhr: „Zusammenfügen, was thematisch zusammengehört, war unser Motiv, die Bereiche Umwelt, Verkehr, Bau auf der einen Seite und Bildung, Schule, Kultur, Sport, Soziales auf der anderen Seite in unterschiedlichen Dezernaten zu bündeln.“ Die FWG hofft nun auf ein faires und sachliches Ausschreibungsverfahren für den neuen Beigeordneten.

Zufrieden auch die FDP-Fraktionsvorsitzende Dorothee Wasmuth: „Wir freuen uns, dass wir als FDP-Ratsfraktion mit Thore Eggert einen qualifizierten und engagierten Verwaltungsjuristen ins Rathaus geholt haben, der jetzt mehr Verantwortung übernehmen wird.“


Der Streit der Bürgermeister

Wenn ein amtierender Bürgermeister sich bei seinem Vorgänger entschuldigt, ist das etwas Besonderes: Bürgermeister Frank Stein (SPD) hat sich bei seinem Vorgänger Lutz Urbach (CDU) entschuldigt. In der Debatte um die Neuordnung der Verwaltung im vergangenen Hauptausschuss hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Metten von einer in „Teilen dysfunktionalen Verwaltung“ gesprochen. Zu deutsch: In Teilen der Verwaltung geht es drunter und drüber.

Stein wies das empört zurück, stellte sich vor seine Leute und sprach nun seinerseits davon, dass er doch eine „dysfunktionale Verwaltung“ von seinem Vorgänger übernommen habe und erste einmal in Ordnung bringen musste. Das wiederum passte Steins Vorgänger Lutz Urbach überhaupt nicht und der forderte eine öffentliche Klarstellung - und bekam sie. Im Rat sagte Stein, dass er emotional überreagiert habe. Er habe sich mit seinem Vorgänger inzwischen ausgesprochen. Er, Stein, sei ja als Kämmerer selbst Teil der Verwaltung unter Lutz Urbach gewesen und schon deshalb könnte die Verwaltung nicht dysfunktional gewesen sein. Urbach bestätigte gegenüber dieser Zeitung das Gespräch mit Stein. „Mit der Erklärung von Frank Stein im Rat ist die Sache für mich abgeschlossen – alles gut.“