Als der Kanzler nach Kippekausen kam60 Jahre Parksiedlung in Bergisch Gladbach
Bergisch Gladbach – Es war kein Zufall, dass Bundeskanzler Konrad Adenauer am 1. September 1961 nach Refrath-Kippekausen kam, um die Fertigstellung der angeblich sechsmillionsten Mietwohnung im Land zu feiern. Nachgezählt hat das wohl niemand so genau, aber die Gelegenheit war günstig. Bundeswohnungsbauminister Paul Lücke (CDU) wohnte in Bensberg und hatte das Großprojekt direkt vor der Haustür – und es war Bundestagswahlkampf.
Die DDR hatte den Westen nur wenige Wochen vorher durch den Bau der Berliner Mauer gedemütigt. Am Burgherrenweg wartete Familie Günther, zugezogen aus Cottbus, nun auf den Kanzler – und der Kanzler auf eine gute Gelegenheit, mit der Mustersiedlung die wirtschaftliche Überlegenheit des Westens zu demonstrieren.
Mindestens eine Stunde Sonne
Doch bei all diesem politischen Kalkül war das Objekt gut gewählt. Denn noch heute, 60 Jahre nach Einweihung der ersten Wohnungen, präsentiert sich die Siedlung als lebendiges Wohnviertel.
Obwohl auf dem Reißbrett für 3500 Menschen geplant, schuf der Münchner Architekt Richard S. Gall kein Monster-, sondern ein Modellquartier, das noch heute von der Heterogenität seiner Gebäude und dem durchdachten Konzept lebt. Am Samstag lädt der Bürger- und Heimatverein Refrath zum Fest „60 Jahre Parksiedlung Kippekausen“ auf dem Platz zwischen Motte und Kita ein.
Der Planer Gall wollte „für die stark beanspruchten Stadtmenschen ein ruhiges und erholsames Wohnen sichern.“ Er setzte auf Licht, Luft, Sonne und Natur und habe den Menschen in das Zentrum seiner Entwürfe gestellt, so Klaus Rieger, Kenner der Geschichte der Siedlung, in der er selbst seit mehr als 40 Jahren lebt. „Jede Wohnung sollte auch am kürzesten Tag des Jahres mindestens eine Stunde Sonne haben“, sagt Rieger, der für seine Publikation über die Parksiedlung viel geforscht hat.
Moderne Konzepte machen Siedlung immer noch beliebt
Auf dem 350.000 Quadratmeter großen Gelände wurden daher nur 41.000 Quadratmeter mit Einzel- und Reihenhäusern sowie einigen Hochhäusern bebaut, die sich um ein kleines Zentrum mit Geschäften und öffentlichen Einrichtungen gruppierten, das übrige Areal nutzte man für kreuzungsfreie Straßen, Gärten, Wege und Grünflächen. Der Durchgangsverkehr wurde bewusst aus der Siedlung herausgehalten.
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Vielleicht ist dieses modern anmutende Konzept der Grund, warum die Parksiedlung heute immer noch beliebt ist. „Die Häuser und Wohnungen sind gefragt, viele wohnen hier schon in der zweiten oder dritten Generation“, sagt Rieger. Für das Jubiläum habe der Bürgerverein zehn Bewohner der „ersten Stunde“ gesucht – und bisher schon 40 „Ureinwohner“ gefunden.
Rund 50 ähnliche Siedlungen habe es in der Bundesrepublik gegeben. Dass das Modellquartier in Refrath in 60 Jahren nicht sein ursprüngliches Gesicht verloren hat, dafür ist seit 1972 ein Bebauungsplan verantwortlich, der zwar Modernisierungen und Ausbauten erlaubt, nicht aber die Grünflächen mit Neubauten zu belegen. Und so würde Konrad Adenauer 60 Jahre nach seinem Besuch in Kippekausen – die Berliner Mauer ist längst Geschichte – den Burgherrenweg heute wohl noch wiedererkennen.