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HirntumorAchtjährige aus Bergisch Gladbach über Nacht todkrank – wie Emily gegen den Krebs kämpft

Lesezeit 4 Minuten
Die Familie Steffen aus Bergisch Gladbach

Sind beeindruckt über die vielen Zuschriften und Hilfen: die junge Patientin Emily (r.) mit ihrer Schwester Alicia, Papa Marc und Mama Wasana.

Im vergangenen Jahr war bei Emily aus Bergisch Gladbach ein Hirntumor festgestellt worden. Donnerstag soll ein besonderer Tag für sie werden.

Der Donnerstag soll ein großer Tag für die achtjährige Emily werden. In der Kinderklinik an der Amsterdamer Straße darf sie dann eine Glocke läuten. Die steht dafür, dass ihre akute Behandlung nun erst einmal abgeschlossen ist. Emily lächelt und zeichnet einen großen Schmetterling. Eins ihrer großen Talente. Die Achtjährige lacht unter ihren nun langsam wieder wachsenden Haaren.

Ihre Eltern sind beeindruckt, wie ihre Tochter die Operation, die Chemo-Therapie und die anschließende Bestrahlung gemeistert hat, nachdem vergangenes Jahr in ihrem Kopf ein Tumor festgestellt worden war. „Und wir sind so dankbar dafür, welche Hilfsbereitschaft wir von Menschen erfahren haben, die wir teilweise gar nicht kannten“, sagt Vater Marc Steffen.

Bergisch Gladbach: Kindergarten von Emily sammelt Spenden

Seine Stimme stockt, er holt den Karton mit der Aufschrift „Spendenbox“. Das Team des ehemaligen Kindergartens von Emily hat damit Spenden gesammelt. Nun hebt die Familie darin die zahllosen Briefe auf, die sie in den vergangenen Monaten erhalten hat – nachdem sie die Nachricht von der Krankheit ihrer Tochter wie ein Schlag getroffen hatte.

Familie Steffen freut sich über die große Anteilnahme und Hilfe nach der Hirntumor-OP ihrer Tochter Emily.

Familie Steffen freut sich über die große Anteilnahme und Hilfe nach der Hirntumor-OP ihrer Tochter Emily.

Als Tochter Emily Ende August nachts viel trank, über Bauchschmerzen und wenig Appetit klagte, dachten Ärzte zunächst an Eisenmangel – bis Emily plötzlich ein Auge kaum noch öffnen konnte. „Ich war mit ihr beim Augenzentrum, dann ging alles ganz schnell“, erinnert sich Vater Marc Steffen: „Neurologie, Kinderklinik, MRT – zwei Tage später haben sie Emily operiert, den Kopf geöffnet und einen Teil des Tumors herausgeschnitten, der schon die Hypophyse angegriffen hatte.“

Bergisch Gladbach: Erwachsene Tochter zieht wieder zu Hause ein

Diese Hirnanhangdrüse steuert verschiedene Körperfunktionen und spielt eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Hormonhaushalts. „Glücklicherweise ist Emily in Sankt Augustin von Martina Meßing-Jünger operiert worden, eine Koryphäe auf dem Gebiet“, sagt Steffen. Wie seine Frau und er sich damals fühlten, können sie gar nicht mehr genau sagen: „Wir mussten einfach funktionieren“, sagt er.

„Ich weiß nur, dass uns sofort Menschen geholfen haben.“ Marc Steffens erwachsene Tochter Kim sei sofort wieder zu Hause eingezogen. „Und auch ihre 17-jährige Schwester Chiara stand parat“, erzählt der Vater. Währenddessen war er mit Emily in der Klinik. Auch wenn das Team der Kinderonkologie um Dr. Meinolf Siepermann an der Amsterdamer Straße in Köln „einfach klasse“ gewesen, mit Emily sogar gebastelt und musiziert und den Eltern beim Ausfüllen jedweder Formulare geholfen habe, so Marc Steffen: „Man denkt da nur noch bis übermorgen.“

Man denkt da nur noch bis übermorgen.
Marc Steffen, Vater von Emily

Nach der Operation folgte die Chemotherapie, dann die Bestrahlung. „Ich kann immer noch nicht glauben, wie tapfer Emily das alles mitgemacht hat“, sagt ihr Vater. Regelmäßig muss Emilys Hormonspiegel im Blut überprüft werden, um die Medikamente entsprechend einzustellen. „Der erste Fingerpiks war schlimm“, sagt er, „aber dann: Nach 250 Piksen hält sie auch im Halbschlaf einfach die Hand hin.“

Familie aus Bergisch Gladbach bekommt Hilfe von Freunden und Verwandten

Emily nickt und malt weiter. „Schön oder?“, fragt sie nach der Meinung zu ihrer neuen Zeichnung: Das filigrane Werk hätte auch aus dem Atelier einer erwachsenen Künstlerin stammen können. „Sie hat da wirklich Talent“, freut sich der Vater. Ab Mitte Dezember fuhr seine Frau Wasana, die selbst keinen Führerschein hat, jeden Tag mit Emily in Krankentransportfahrten zur Bestrahlung nach Essen.

Papa Marc mit den Töchtern Emily und Alicia beim Basar in der Ev. Kita Quirlsberg, bei dem auch „Klimpermännche“ Thomas Cüpper (l.) musizierte.

Papa Marc mit den Töchtern Emily und Alicia beim Basar in der Ev. Kita Quirlsberg, bei dem auch „Klimpermännche“ Thomas Cüpper (l.) musizierte.

Daheim halfen Freunde, Verwandte, Bekannte. „In Emilys ehemaliger Kita Quirl haben sie einen kompletten Adventsbasar organisiert, weil alle helfen wollten. „Helfen Sie uns, Emily einen Herzenswunsch zu erfüllen“ stand auf den Plakaten.“ Handarbeiten wurden ebenso zugunsten der Unterstützung von Emily und ihrer Familie angeboten wie Kulinarisches. Und für die Musik sorgte „Klimpermännche“ Thomas Cüpper, den Steffen bisweilen zu seinen Auftritten fährt und der ebenfalls helfen wollte.

Kita sammelt mehrere Tausend Euro für Emily

Mehrere Tausend Euro kamen allein bei der Kita-Aktion zusammen. „Eigentlich wollte ich gar nichts annehmen“, sagt Marc Steffen, „ich habe mir immer alles selbst erarbeitet, aber das war einfach so von Herzen“.

„Für eine schöne Zeit mit der Familie“, steht auf dem Plakat, das die Erzieherinnen Emily bei der Spendenübergabe dazu schenkten. Nachbarn sammelten ebenso wie Marcs und Wasanas Kollegen im Edeka-Markt Hetzenegger, Mitschülerinnen und -schüler schrieben Briefe und bastelten, Lehrerinnen unterstützten neben dem Angebot in den Kliniken das Lernen zu Hause. Als Überraschungsgast durfte Emily ihre zweite Klasse vor Karneval erstmals wieder für ein paar Stunden besuchen.

Auch wenn Emily am Donnerstag wohl die Glocke zum Abschluss ihrer Behandlung schlagen darf – die Krankheit überwunden hat sie damit noch nicht. Das weiß sie ebenso wie ihre Eltern. Trotzdem hofft die ganze Familie nun, etwas durchatmen zu können. „Dank der großen Hilfe haben wir sogar die Möglichkeit, zusammen wegzufahren“, freut sich Marc Steffen. „Ohne die vielen Menschen, die an uns gedacht haben, hätten wir das so nicht geschafft.“