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PlanungArchitekt widerspricht, dass Bergisch Gladbacher Schule ein Sanierungsfall ist

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Das Foto zeigt die Integrierte Gesamtschule in Paffrath

Die Integrierte Gesamtschule in Bergisch Gladbach-Paffrath.

Architekt Jürgen Kreft betont, dass die Integrierte Gesamtschule in Paffrath eine gute Bausubstanz hat, sie sei erst kürzlich umgeplant und erweitert worden

Die Integrierte Gesamtschule Paffrath ist ein krasser Sanierungsfall. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, wie es mit der Schule weitergehen soll: Generalsanierung oder Abbruch und Neubau. In einer Sondersitzung am 6. Mai will der Schulausschuss dazu eine Entscheidung treffen. Bei dieser Zeitung meldet sich der Gladbacher Architekt Jürgen Kreft. Er findet viele Argumente dafür, um das alte Gebäude im Bestand zu modernisieren und dabei viel Geld sparen zu können. Laut Gutachten gleicht das Gebäude einer Ruine und ist damit ein Fall für den Abrissbagger.

Die Liste der vielen gravierenden Mängel ist lang: Fassaden, Dachaufbauten, und außenliegende Betonfassaden seien am Ende ihrer Lebensdauer angekommen oder hätten sie bereits überschritten. Sämtliche haustechnischen, sanitären und brandschutztechnischen Anlagen müssten komplett erneuert werden. Eine Schadstoffsanierung sei notwendig. Die Schule müsse bis auf die Tragmauern zurückgebaut werden.

Das Fazit des beauftragten Fachbüros „Ernst und Young“ lautet: „Die Generalsanierung erscheint nicht sinnvoll und nicht umsetzbar, ohne massive Kompromisse einzugehen.“ Kreft bezweifelt diese Expertise: „Ich frage mich, ob ,Ernst und Young' als Steuerberatungs- und Finanzierungsdienstleister der richtige Ansprechpartner für die Stadt in Sachen Schulbau ist.“

Aluminium für die Fassade

Weder Fassaden, Fenster noch Flachdächer seien in die Jahre gekommen: „Das ist alles Humbug. Die Aluminiumfassade ist unkaputtbar.“ In den Jahren 1996 bis 2016 sei die Schule von ihm und weiteren bauleittragenden Architekten komplett in zwölf Bauabschnitten umgeplant und erneuert worden. Die Anlagen seien also im Mittel erst zehn bis 15 Jahre alt. Auch eine Schadstoffsanierung habe stattgefunden.

Ich frage mich, ob ,Ernst und Young' als Steuerberatungs- und Finanzierungsdienstleister der richtige Ansprechpartner für die Stadt in Sachen Schulbau ist.
Jürgen Kreft, Architekt

In allen Klassen und Fachbereichen, außer Verwaltungs- und Küchentrakt, seien neben den Wänden und Türen bei Bedarf auch die Sanitär- und Elektroinstallationen erneuert worden. Für den Rohbau legt Kreft sowieso seine Hand ins Feuer: „Der Stahlbeton-Skelettbau liegt bis auf wenige Stützen innen und ist voll tragfähig. Da ist nichts dran.“

Keine Kernsanierung erforderlich

In den Stützen liegende Regenrohre könnten vorbeugend bei Sanierungsarbeiten ausgetauscht oder beschichtet werden. „Eine Kernsanierung wie beim Otto-Hahn-Schulzentrum ist bei der IGP nicht nötig.“, betont Kreft. 20 Jahre Sanierung für mindestens 40 Millionen Euro dürften nicht einfach umsonst gewesen sein.

Auch aus Gründen der Nachhaltigkeit verbiete es sich, ein Gebäude, in das gerade erst viel Geld gesteckt worden sei, dem Erdboden gleich zu machen. Auch hält es Kreft, anders als die Gutachter, für praktikabel, abschnittsweise zu sanieren. Ein teures Ersatzgebäude könne man sich somit sparen.

Der Treppenaufgang zum Schulgebäude

Treppenaufgang zum Schulgebäude

Die vielen Schulen, die er mit seinem Team in Bergisch Gladbach und Köln saniert habe, seien da immer sehr flexibel gewesen: „Die betroffenen Klassen sind für diese Zeit im Gebäude umgezogen, oder es wurden ein paar Container aufgestellt.“ Da der vorhandene Aufzug funktioniere, gebe es auch kein Problem mit der Barrierefreiheit.

Kein Zwang für Barrierefreiheit

„Es gibt in einem Altbau keinen Zwang, in allen Gebäudeteilen Barrierefreiheit herzustellen.“ Am 6. Mai, wenn der Schulausschuss zu einer Sondersitzung zusammenkommt, liegen für beide beiden Szenarien – Kernsanierung oder Neubau – zum Vergleich alle Fakten auf dem Tisch. Auch die Kosten, über die bisher noch gar nicht gesprochen worden ist. Egal, welche Variante, so viel dürfte klar sein: Das wird sehr teuer werden.

Das Gutachterbüro hält in beiden Fällen, wie berichtet, einen Interimsbau zur Überbrückung für erforderlich. An welcher Stelle er platziert werden soll, ist bisher eine Unbekannte. Das Gutachten kommt außerdem zum Ergebnis, dass ein modernes pädagogisches Raumprogramm einer Clusterschule mit Begegnungsstätten zur Differenzierung im verschachtelten Bestandsgebäude der IGP nur sehr eingeschränkt umzusetzen sei.

Räume, die zusammengehörten, teils ohne Tageslicht, müssten auf verschiedenen Etagen untergebracht werden. Für zusätzlichen Raumbedarf müssten Anbauten errichtet werden. Diese Ersatzbauten passten nicht zu einer inklusiven Schule, weil sie sich nur sehr schlecht mit dem Hauptgebäude vernetzen ließen.