Ein Drittel verweigerte Schnelltest18 positive Fälle an Schulen in Bergisch Gladbach
Bergisch Gladbach – Die einen finden es riskant, die anderen überfällig: Am Montag haben Kinder und Jugendliche ab Klasse 5 nach fast drei Monaten ihre Schule wieder von innen gesehen. Weil die vom Land NRW zugesagten Tests nicht rechtzeitig eingetroffen sind, ist die Stadt zwar kurzfristig eingesprungen und hat zum Unterrichtsbeginn an ihren 34 städtischen Schulen 17 000 Schnelltests bereitgestellt.
Die Tests waren freiwillig und tatsächlich verweigerte etwa ein Drittel der Schüler und Lehrer ihn. Die 20 Grundschulen haben sich sogar komplett rausgezogen: Die Schulleiter fühlten sich von der kurzfristigen Aktion überrumpelt.
Corona in Rhein-Berg
Gewerkschaft kritisiert Impf-Termin-Chaos an Schulen und fordert Verbesserungen
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rhein-Berg schlägt Alarm: Sie kritisiert das Impf-Chaos, das an vielen Schulen herrsche. Zwar begrüße die GEW Rhein-Berg ausdrücklich, dass der Kreis nun erste Impftermine an Beschäftige in Kitas und Schulen vergeben habe, so Mirko Komenda vom geschäftsführenden Vorstand, doch erreichten die GEW viele Klagen von Betroffenen aus verschiedenen Schulformen, die das Verfahren der Terminvergabe kritisierten.
Zu den Kritikpunkten zählten Unflexibilität bei nötigen Terminverschiebungen, Ungerechtigkeiten bei Priorisierungen und Ungleichbehandlung oder Nichtberücksichtigung von Schulmitarbeitern verschiedener Aufgabenbereiche, etwa in der Inklusion. Auch würden an einigen weiterführenden Schulen noch keine Termine vergeben, obwohl schon wieder Präsenzunterricht stattfinde. Nach Informationen der GEW beabsichtigten einige Schulleitungen, sich an die Schulaufsicht zu wenden, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. „Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele aus Wermelskirchen und Leichlingen, wo zum Teil 90 Prozent des Kollegiums kurz vor dem Wochenende geimpft wurden“, so Komenda. Daher fordert die GEW mobile Impfteams, die in großen Schulen das Kollegium sowie die Beschäftigten der umliegenden Grundschulen und Kitas impfen. Bis zum Ende der Osterferien müsse zudem das gesamte Kollegium geimpft sein. Als Impftermin böten sich wegen möglicher Impfreaktionen die Samstage an. Es müsse die Möglichkeit geben, Impftermine zu tauschen, zudem müsse die Information und Kommunikation mit Schulen und Betroffenen grundsätzlich verbessert werden. (spe)
Besuch in der 9c des NCG
Das „Guten Morgen“ der 13 Schüler der 9c zur Begrüßung ihrer Lehrerin Stephanie Holdenried fällt gar nicht euphorisch aus, sehr leise, nicht voller Freude, sich nach fast drei Monaten endlich wiederzusehen. „Der Online-Unterricht ist doch total gut gelaufen“, meint Finja. Sie habe sich daran gewöhnt, zu Hause zu lernen. Den Kontakt zu ihren Freunden habe sie übers Telefon gehalten. Mit der Öffnung der Schulen hätte man auch noch bis nach den Osterferien warten können. Mit dieser Einschätzung steht sie nicht alleine da. „Das wäre sicherer für den Rest der Familie gewesen“, meint Jonathan. „Ich konnte mir meine Zeit zuhause besser einteilen und mich besser konzentrieren“, sagt Alex.
Acht der 13 Schüler lassen sich testen. Die Eltern mussten unterschreiben, dass sie mit dem Schnelltest einverstanden sind. Bei einigen ist die Mail vom Freitagabend einfach untergegangen. „Ich wusste nichts davon, sonst hätte ich mitgemacht,“ sagt ein Schüler. Eine Klassenkameradin sagt dagegen: „Ich möchte das einfach nicht. Ob sie befürchtet, im Falle eines positiven Ergebnisses stigmatisiert zu werden, dazu sagt sie nichts. Lehrerin Holdenried erklärt jetzt genau, wie der Test funktioniert, beim Verteilen hatte sie Plastikhandschuhe an. „Viel Glück und gut Spucken“, sagt sie zu ihrer Klasse. „Mit trockenem Mund ist das gar nicht so leicht“, findet Jonathan. Drei Tropfen müssen, nachdem eine spezielle Flüssigkeit ins Röhrchen dazugegeben wurde, auf den Teststreifen geträufelt werden. Dann fängt das bange Warten an, 15 Minuten lang. Am Ende können alle aufatmen: Kein Streifen zeigt ein positives Ergebnis. Der Geschichtsunterricht kann losgehen. (ub)
Was von der Stadt Bergisch Gladbach als gut gemeinte großangelegte Teststrategie angelegt war, um Schülern, Lehrern, und Eltern mehr Sicherheit zu geben, klappte in der Praxis nicht so gut wie erhofft. Dettlef Rockenberg, Fachbereichsleiter Schulen, zog bei einer Video-Pressekonferenz gestern Mittag ein erstes positives Fazit: Demnach haben sich an den 14 weiterführenden Schulen zwei Drittel der Schüler- und Lehrerschaft beteiligt. Festgestellt wurden insgesamt 18 positive Fälle an sieben Schulen – da folgen nun PCR-Tests zur Überprüfung der Resultate. „Das entspricht einer Trefferquote von 0,93 Prozent. Das ist nicht viel“, meint Rockenberg. Allerdings sind am Montag nur die Schüler getestet worden, die mit Präsenzunterricht dran waren. Die übrigen sind erst heute oder am Mittwoch dran, je nachdem wie die Schule den Wechselunterricht mit geteilten Klassen organisiert hat.
„Die Spucktests sind von der Handhabung nicht geeignet für Kinder im Grundschulalter, die Aktion ist so kurzfristig nicht umzusetzen, es handelt sich um eine reine PR-Aktion der Stadtverwaltung“, zählt Rockenberg die Hauptbedenken auf, die die Grundschulleiter aller 20 Standorte davon abhielten, bei der Testaktion mitzumachen. Aus den Reihen der Lehrer der weiterführenden Schulen, die bei den Tests nicht mitmachten, habe es unter anderem als Begründung geheißen: Die Schulkonferenz sei nicht einbezogen worden, ebenso wenig wie die Bezirksregierung.
Jörg Köhler, in seiner Funktion als Leiter des städtischen Krisenstabs, ist trotzdem zufrieden: „Es war vorhersehbar, dass es Widerstand geben würde. Aber es geht uns auch darum, mit Schnelltests festzustellen wie die Infektionslage in unserer Stadt ist.“ Bürgermeister Frank Stein stimmt Köhler angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen zu: „Ich bin sehr froh, dass wir den Schulen die Möglichkeit gegeben haben, diese Tests durchzuführen.“
„Die Angst vor gesundheitlichen Schäden ist bei uns allen groß“, bestätigt Sven Hees, Schulleiter am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium, „die Testaktion der Stadt gibt uns Sicherheit.“ Mithilfe der Schnelltests könnten direkt zum Schulbeginn Infektionen herausgefiltert werden, ohne gleich wieder ganze Klassen in Quarantäne zu schicken. Am NCG hätten von den 450 Schülern, die gestern im Präsenzunterricht waren, 75 Prozent aktiv mitgemacht. Zwei Tests seien positiv ausgefallen. Besonders viele ließen sich beim Abi-Jahrgang nicht testen – das war auch in der Integrierten Gesamtschule Paffrath so: „Am Montag sind die Vorabitur-Klausuren geschrieben worden. Diese wichtige Prüfung wollten viele nicht wegen eines positiven Testergebnisses verpassen“, erläutert Angelika Wollny, Schulleiterin der IGP. An ihrer Schule habe es ein positives Testergebnis gegeben. „Es gab aber keine Panik. Das Kind sei anschließend von Lehrern betreut und dann von den Eltern abgeholt worden.“
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Ein zweigespaltenes Bild ergibt sich bei Eltern. „Die Erleichterung überwiegt, dass die Schule wieder losgeht“, berichtet Sven Ries, stellvertretender Vorsitzender der Schulpflegschaft am NCG, „deshalb ist es gut, dass die Stadt die Tests zur Verfügung gestellt hat.“ Dass einige Schüler sie verweigert hätten, werte er als Zeichen für die große Verunsicherung .
Dr. Gereon Schiffer hat seinen Kindern keine Test-Einwilligung gegeben: Die Spucktestes seien als Schnelltests für Laien seiner Kenntnis nach bislang nicht zugelassen. Als Arzt könne er nur davor warnen, „bei Lehrern die Durchführung abzuladen.“ Dabei denkt er vor allem an die Grundschulen: „Kleine Kinder schaffen den Test nicht alleine.“ Die Lehrer müssten helfen und könnten dabei mit „hochinfektiöser Spucke“ in Kontakt kommen.