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RaumnotDringend benötigtes Klassenhaus für Gymnasium in Bergisch Gladbach kommt viel später

Lesezeit 4 Minuten
Aus der Luft sieht man die beiden Einrichtungen sowie angrenzende Einzelhaussiedlungen.

Der Ersatzbau für das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Bergisch Gladbach soll auf dem benachbarten Sportplatz von SV 05 Jan Wellem errichtet werden.

Das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen. Die Kosten für den Modulbau klettern auf acht Millionen Euro.

Auf dem Klassenhaus ruhte die ganze Hoffnung des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, wenigstens die gröbste Raumnot abzumildern. Umso größer ist jetzt der Schock: Die Errichtung des Modulbaus verzögert sich um anderthalb Jahre und wird erst im Sommer 2026 stehen. „Wir werden keinen ordnungsgemäßen Unterricht gewährleisten können“, kritisiert Schulleiter Frank Bäcker. Die Schule weigere sich, „weiterhin die Versäumnisse der Stadt auf dem Rücken unserer Schüler, Eltern und des Kollegiums auszutragen.“

Grund für die Verzögerung – ursprünglich sollte das Gebäude im Herbst 2024 fertig sein – sind „diverse abzuwartende Gutachten und abzustimmende Prozesse“, wie die Stadtverwaltung in der Sitzung des Schulausschusses am Mittwochabend mitteilt: Schallschutz, Kaltluft, Verträge mit dem Sportverein SSV Jan Wellem 05, auf dessen benachbarten Grundstück das Klassenhaus untergebracht werden soll.

Kosten für Modulbau schießen auf acht Millionen Euro in die Höhe

Fazit: Aus Lärmschutzgründen könne der Modulbau nicht, wie bisher vorgesehen, im Osten des Vereinsgeländes platziert werden. Stattdessen soll das Haus nun dreistöckig im Westen errichtet werden.

Die Baustellendauer verlängert sich aufgrund von logistischen Problemen und weil der Fußballbetrieb von Jan Wellem nicht gefährdet werden soll. In die Höhe schießen auch die Kosten: Statt der bisher kalkulierten 6,5 Millionen Euro klettern die Ausgaben um 1,5 Millionen auf acht Millionen Euro.

Bestandsgebäude hat die Verwaltung als abbruchreif qualifiziert

In einem Brief hat die Schulleitung des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums (DBG) die Stadtverwaltung und alle Fraktionen erneut auf ihre Misere aufmerksam gemacht: „Es gibt einfach zu wenig Platz“, erläutert Bäcker im Gespräch mit dieser Zeitung. Seit sechs Jahren werde das DBG hingehalten, Versprechungen würden nicht eingehalten.

Es fehlt immer noch eine Mensa für das einzige Ganztagsgymnasium im Stadtgebiet. Oberstufenräume existieren nicht. 1,80 Meter große Abiturienten sitzen auf den Stühlen der Fünftklässler. Lateinunterricht findet im Biologiefachräumen statt, Mathematik im Kunstraum. Die Bestandsgebäude hat die Verwaltung als zum Teil abbruchreif qualifiziert, zählt Bäcker auf.

Ich habe die Sorge, dass wir ganze Jahrgänge digital beschulen müssen
Frank Bäcker, Schulleiter Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium

Aus Platzmangel könnte das DBG faktisch ohne das Klassenhaus im Sommer 2026 gar keinen zusätzlichen G 9-Jahrgang aufnehmen. „Eine Fertigstellung erst im August 2026 stellt unsere Organisationsplanung vor ein nicht lösbares Problem“, betont Bäcker. „Wir müssten unsere komplette Raumplanung für dann knapp 1000 Schüler auf ein völlig unbekanntes System projizieren.“ Laufwege, Zeiten, Nutzungen müssten angepasst werden.

„Der Modulbau verbessert ja nicht grundsätzlich unsere Raumsituation“, sondern verlängere nur den Status Quo unter erschwerten Bedingungen durch die abseits vom restlichen Gebäude liegende Sofortschule. „Ich habe die Sorge, dass wir ganze Jahrgänge digital beschulen müssen. Denn wann ist ein öffentlicher Bau schon einmal pünktlich fertig geworden?“, fragt Bäcker.

Auch bei den anderen Gymnasien herrscht Raumnot

„Wir nehmen die Bedenken des DBG sehr ernst“, betont Alexandra Meuthen, Fachbereichsleiterin Immobilienbetrieb. Sie bestätigt, dass das Klassenhaus den Raumbedarf des Gymnasiums nicht decken kann. „Wir werden zeitnah weitere Baulösungen präsentieren, wie auch immer sie aussehen“, verspricht sie. Allerdings ist das Schulgrundstück selbst bereits jetzt maximal bebaut. Dass es mit der Kommunikation gelegentlich hapere, führt Meuthen auf das herausfordernde Tagesgeschäft zurück, ohne arrogant wirken zu wollen.„Wir verstehen uns als Partner der Schule.“

In die Diskussion schaltet sich Angelika Wollny ein, Schulleiterin der Integrierten Gesamtschule Paffrath und Sprecherin der weiterführenden Schulen im Ausschuss: „Es ist unklar, wie es jetzt weitergeht. Die Schule braucht konkrete Hilfe“, betont sie und weist darauf hin, dass auch bei den anderen vier Gymnasien die Raumnot akut ist.

Politik hält sich raus aus den Problemen

Sebastian Rolko, Geschäftsführer der Schulbau GmbH, zeigt sich optimistisch, dass das neue Schulgebäude früher fertiggestellt werden könnte. Zudem könne sich das Gymnasium auf ein Ersatzgebäude in hochwertiger und nachhaltiger Holzbauweise freuen: mit acht Klassenzimmern und sechs Differenzierungsräumen, verteilt auf drei Etagen.

Die Politik hält sich weitgehend raus aus der Diskussion über die vom DBG vorgebrachten Probleme. „Die Welt der Bauleute und die der Schule ist zu verschieden“, sagt Helga Kivilip (CDU). „Der Inhalt des Briefes hat mit unserem Tagesordnungspunkt nichts zu tun“, findet Andreas Ebert (SPD). Anke Außendorf (Grüne) bestätigt dies: „Wir können nichts anderes tun, als schnell die Maßnahme zu beschließen.“ Der Beschluss fällt einstimmig aus.

Bäcker und seine Kollegen verlassen enttäuscht den Saal: „Der Schulbau muss einfach früher fertig werden. Aber wir können nichts tun, außer abzuwarten. Das ist deprimierend.“