Krieg und Krisen prägen die Begegnung der Bergisch Gladbacher Partnerstädte und führen zu bewegenden Szenen
StädtepartnerschaftenFreunde treffen sich im Schatten der Kriege in Bergisch Gladbach
Vom israelischen Ganey Tikva ins niederländische Velsen und von dort weiter in die ukrainische Stadt Butscha ist es nur ein Katzensprung – zumindest auf dem Stadtfest, zu dem Vertreter von Bergisch Gladbachs Partnerstädten traditionell aus allen Himmelsrichtungen anreisen. In diesem Jahr jedoch war vieles anders.
Nicht nur dass einige Delegationen wie berichtet wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen in ihren Ländern nicht hatten kommen können, auch die Reaktionen derer, die in Bergisch Gladbach waren, beeindruckte.
Bewegende Begegnungen und durch die Kriege fehlende Delegationen
So hatten die beiden Bergisch Gladbacher Vereine der Städtepartnerschaften mit der palästinensischen Partnerstadt Beit Jala und der israelischen Stadt Ganey Tikva demonstrativ einen gemeinsamen Pavillon auf der Städtepartnerschaftsmeile des Stadtfestes eingerichtet – allen Auseinandersetzungen im Nahen Osten zum Trotz.
Für die ukrainische Partnerstadt Butscha fand beim Empfang der Partnerstädte in der Villa Zanders am Freitag Lehrerin Tanja Rybakova in Vertretung der offiziellen Delegation, die wegen des starken russischen Beschusses keine Ausreiseerlaubnis erhalten hat, bewegende Worte.
Im Hinblick auf die Bedeutung, die Städtepartnerschaften gerade in der aktuellen Zeit einnehmen können, sagte sie: „Bei uns gibt es ein Sprichwort: Ein alleinstehender Strohhalm ist sehr leicht zu zerbrechen“, so die Lehrerin, die wie berichtet aktuell eine Schülergruppe aus Butscha zu einem Aufenthalt in Bergisch Gladbach begleitet. „Aber wenn wir mehrere Strohhalme zusammenbinden, dann sind sie kaum mehr zu biegen“, so die Pädagogin mit Blick auf die seit Gründung der Städtepartnerschaft 2022 in zwei Kriegsjahren gewachsenen Freundschaften zwischen Menschen in Bergisch Gladbach und Butscha. „Das heißt, wenn man zusammensteht, ist die Stärke zigmal größer. Danke für diese Stärke.“
„Gerade in diesen schwierigen Zeiten versichern wir, dass Bergisch Gladbach in seiner Solidarität und Unterstützung nicht nachlassen wird“, sagte Bürgermeister Frank Stein, nahm erfreut die guten Wünsche seines Amtskollegen aus Butscha, Anatolii Fedoruk, entgegen, der sehr gerne selbst gekommen wäre, wie Tanja Rybakova versicherte, die die Schülergruppe aus Butscha derzeit mit ihrer Kollegin Iryna Kukushkina begleitet.
Auch die israelische Bürgermeisterin Lizy Delaricha kam nicht nach Gladbach
Auch Ganey Tikvas Bürgermeisterin Lizy Delaricha hatte diesmal nicht nach Bergisch Gladbach kommen können. Bürgermeister Stein lud daher umso nachdrücklicher zum Besuch der Ausstellung „Ein Spaziergang durch Ganey Tikva“ im Haus der Volkshochschule an der Buchmühle ein.
Wie wichtig persönliche Kontakte über Grenzen hinweg auch und gerade im Rahmen von Städtepartnerschaften seien, habe man nach Ende des Zweiten Weltkriegs festgestellt und derartige Partnerschaften gefördert, rief Frank Stein in Erinnerung, um dann jemanden zu ehren, der sich bereits seit Jahrzehnten für die Freundschaft zwischen dem englischen Runnymede und Bergisch Gladbach einsetzt: Dennis Brown (siehe „Dass einzelne Menschen etwas anstoßen und bewirken können“ am Ende dieses Textes).
Musiker Dennis Brown bedankte sich mit der Spende eines Kornetts
Musiker Dennis Brown bedankte sich, in dem er ein Kornett an Agnes Pohl-Gratkowski, die Leiterin der Bergisch Gladbacher Max-Bruch-Musikschule, überreichte. Das Kornett soll als Leihinstrument Kindern und Jugendlichen der Musikschule zur Verfügung stehen.
Auch Runnymedes Bürgermeisterin Elaine Gill dankte für die lebendige Städtepartnerschaft mit Bergisch Gladbach und überreichte beim Stadtfest ein Kristallservice mit Gravur.
An den Ständen der Partnerschaftsinitiativen und -vereine, in die sich erstmals auch der neu gegründete Arbeitskreis für die Städtepartnerschaft mit dem niederländischen Velsen einreihte, kamen viele Menschen über die Verbindung von Bergisch Gladbach in die Welt ins Gespräch, aber auch über die Nöte der Menschen in den Partnerstädten.
Ganz nah waren diese auch an dem beschossenen ukrainischen Krankenwagen, den der Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Bergisch Gladbach – Butscha aufs Stadtfest geholt hatte – um weitere Spenden zu sammeln. Damit sollen die Menschen in der Partnerstadt und insbesondere Kinder in der von Russland angegriffenen Ukraine zu unterstützen.
„Dass einzelne Menschen etwas anstoßen und bewirken können“
Seit Jahrzehnten hat sich der Brite Dennis Brown für die Städtepartnerschaft zwischen Bensberg/Bergisch Gladbach und Egham/Runnymede engagiert. Dafür wurde er am Freitag von Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein die städtische Ehrennadel.
In den Anfängen der Städtepartnerschaften in den 70er und 80er Jahren sei Dennis Brown ein wichtiger Treiber gewesen: „Ihre The Egham Band pflegte in dieser Zeit besonders viele Kontakte zum Blasorchester Dürscheid – das bis zur Kommunalen Neugliederung zu Bensberg gehörte“, erinnerte Frank Stein. Die Egham Band habe dabei auch Kontakte zu anderen Bergisch Gladbacher Vereinen gehabt wie den „Löstigen Zigeunern“, dem MGV Concordia Nittum, dem Verein für Deutsche Schäferhunde Ortsgruppe Schildgen, der KG Ruude Husare Bensberg und der KG Große Bensberger.
In den folgenden Jahren ruhten die Kontakte laut Stein etwas, doch ab 2018 sei neues Leben in die Städtepartnerschaft gekommen, als die Arbeitsgemeinschaft Runnymede und Luton – jetzt Partnerschaftsverein Luton & Runnymede – Bergisch Gladbach – mit Norbert Brochhagen und Angela Behrend durchstartete. „Auch hier war Dennis Brown wieder extrem engagiert“, würdigte Bürgermeister Stein. „2019 fand das Revival-Konzert der Egham Band mit dem Blasorchester Dürscheid auf der Bühne des Konrad-Adenauer-Platzes statt.
Seitdem gibt es wieder viele Aktionen, Projekte und Pläne zur Entwicklung der Beziehungen.“ Stein würdigte auch die von Brown betriebene Gründung Runnymede Town Twinning Association (RTTA), mit deren Hilfe der kulturelle Austausch zwischen Runnymede, Bergisch Gladbach und möglichst auch der französischen Partnerstadt Joinville-le-Pont noch lebendiger werden soll.
Dennis Brown verkörpere mit seiner „freundlichen und engagierten Art die Offenheit der Menschen über Ländergrenzen hinweg“, würdigte Stein. „Er ist ein unermüdlicher Organisator der Idee der Völkerverständigung. Er zeigt auch, dass einzelne Menschen etwas anstoßen und bewirken können.“ (wg)