AboAbonnieren

Trotz zunächst 100 Millionen EuroSchon 2023 drohen Gladbach drastische Einsparungen

Lesezeit 3 Minuten

Das Gelände von Zanders muss gesichert werden, Mieteinnahmen entfallen, die Planungen für die Zukunft des Areals kosten Millionen und belasten den Haushalt.

Bergisch Gladbach – Derzeit brüten die Gladbacher Fraktionen über den Haushaltsentwurf für 2022. Im Grunde für die Ampel-Koalition (SPD, Grüne, FDP) eine angenehme Arbeit. Dank den rund 100 Millionen Euro aus dem „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren“ wird in Schulen, Straßen und Digitalisierung investiert, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und ausgerechnet in diese Phase luden Kämmerer Thore Eggert (FDP) und Bürgermeister Frank Stein (SPD) zu einer „Informationsveranstaltung“, die die Teilnehmer ganz unterschiedlich bewerteten.

Für die einen war es ein „Weckruf“, für andere gab der Verwaltungsvorstand „SOS-Zeichen“ und für wieder andere war es ein erneuter Aufruf zur Haushaltsdisziplin wie schon in den Haushaltsreden. Was war es denn nun?

Haushaltssicherungskonzept schon ab 2023 möglich

Kämmerer Eggert prognostizierte den Politikern eine Rückkehr in das Haushaltssicherungskonzept (HSK) bereits für das Jahr 2023. Und das war nun wirklich neu. Noch in seiner Haushaltsrede hatte Eggert gesagt, dass bis 2025 kein erneutes HSK drohe. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte der Kämmere den Widerspruch – aber gab auch die Auflösung.

Schütt-aus-hol-zurück-verfahren

Noch als Kämmerer hat Frank Stein, der jetzige Bürgermeister, das „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren“ eingeführt. Es ist ein reines Buchungsverfahren, wodurch die Stadt nicht einen Cent mehr einnimmt – und nur auf dem Papier reicher und kreditwürdiger wird. Rund 100 Millionen Euro kann die Stadt durch dieses Verfahren mehr ausgeben. Ohne dieses Geld wäre das umfangreiche Investitionsprogramm der Ampel-Koalition überhaupt nicht denkbar. Aber es handelt sich um eine einmalige und keine dauerhafte Einnahme. (nie)

Richtig sei nach wie vor, dass bis 2025 ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden könne. Aber für das Jahr 2026 nicht mehr. Da den Aufsichtsbehörden eine mittelfristige Finanzplanung – über drei Jahre – vorgelegt werden müsse, sei die Gefahr realistisch, bereits 2023 wieder ins HSK zu rutschen. Trotz ausgeglichenem Haushalt für 2025.

Defizit für 2026 mit 53 Millionen Euro ausgerechnet

Die meisten Ratspolitiker in Gladbach wissen noch aus eigenem Erleben, was HSK bedeutet: Praktisch dürfen keine neuen Kredite aufgenommen werden und es beginnt ein Grabenkrieg um die freiwilligen Leistungen der Kommune. Vorbei die Zeiten, in denen Schulsanierungen am besten gleichzeitig finanziert werden. Schluss mit der Sanierung von Straßen und der Neuanlage von Radwegen. Von der Digitalisierung ganz zu schweigen. Nicht nur für die Kommunalpolitiker der Ampel eine echte Horrorvorstellung.

Eggert erklärte, warum die Prognose so düster ausfällt. Für 2026 rechnete er ein strukturelles Defizit (das sind die Ausgaben der Stadt, zu denen sie gesetzlich verpflichtet ist, die aber nur über Schulden finanziert werden können) in Höhe von rund 53 Millionen Euro vor. Das strukturelle Defizit in Gladbach hatte sich in den vergangenen Jahren bei rund 30 Millionen Euro eingependelt.

Zanders ist ein riesiger Kostenblock für die Stadt

Die Erklärungen für diese enorme Steigerung, so Eggert, seien vielfältig. Ein riesiger Kostenblock ist Zanders. Die Stadt muss nach dem Ende der Papierfabrik auf rund eine Millionen Euro Mieteinnahmen pro Jahr verzichten. Hinzu kommen die Kosten für den Erhalt der Immobilie und – wesentlich teurer – die Planungen für die Entwicklung des Geländes.

Das könnte Sie auch interessieren:

Dafür sind 2022 rund sechs Millionen Euro angesetzt. In den Folgejahren, so die Prognose, wird diese Summe sich noch erhöhen. Eggert: „Wir werden sehr viel Geld in Zanders investieren müssen, um später eine Rendite zu erzielen.“

Vor diesem Hintergrund war der Appell an die Lokalpolitiker klar: Die Haushaltskonsolidierung muss sofort ernsthaft angepackt werden. Jedes Zaudern und Zögern berge die Gefahr, ins HSK zu rutschen.