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Historisches FachwerkhausEhepaar gibt dem historischen Gutshaus Niedermoitzfeld eine Zukunft

Lesezeit 4 Minuten
Anja Senff und Friedrich Bock stehen im Dachgeschoss des kernsanierten Gutshauses. Sie halten einige Zettel in der Hand.

Anja Senff und Friedrich Bock im aufwendig gedämmten und umgestalteten Dachgeschoss des kernsanierten Gutshauses. 

Friedrich Bock und seine Frau Anja Senff machen das Gutshaus Niedermoitzfeld für modernes Wohnen fit. Bald soll es vermietet werden. 

Neubauten säumen den Platzer Höhenweg in Moitzfeld. Wer jedoch auf den Hof des ehemaligen Gutes Niedermoitzfeld tritt, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt: Teils zu Wohnzwecken ausgebaute Stall- und Wirtschaftsgebäude geben den Blick frei auf ein Fachwerkhaus, das vor Kurzem noch reichlich vom Zahn der Zeit in Mitleidenschaft gezogen war, aus dem jetzt aber Schleifen und Pfeifen von Handwerkern zu hören ist.

Letzte Arbeiten an der Renaissance eines historischen Fachwerkhauses aus dem frühen 19. Jahrhundert, wie viele in den vergangenen Jahrzehnten in Bergisch Gladbach verschwanden. Auch hier hätte gut und gerne eines jener Mehr-Parteien-Häuser hingepasst, wie sie vielerorts entstanden. Doch das hätte Friedrich Bock nicht übers Herz gebracht. Er ist in dem historischen Fachwerkgebäude aufgewachsen.

So viel wie möglich erhalten

„Ein bisschen wollte ich auch einfach zeigen, dass es geht, ein solches historisches Fachwerkhaus zu erhalten und zugleich den heutigen Anforderungen an Lebensstil, Flair und eine vernünftige und zugleich nachhaltige Isolierung zu entsprechen“, sagt der Garten- und Landschaftsbauer und öffnet die Haustür zum kleinen Windfang, hinter dem sich die Diele mit einem historischen Terrazzoboden samt eingearbeitetem Stern öffnet.

„Den Windfang haben wir angebaut, um den Boden zu erhalten“, sagt Bock. Da die Tür sich nach innen öffnet, hätte sie sich ohne den Vorbau nicht über dem leicht ansteigenden historischen Bodenbelag öffnen lassen. Überhaupt haben Bock und seine Frau Anja Senff alles unternommen, um so viel historischen Bausubstanz wie möglich zu erhalten, zugleich aber ein modernes Wohnen in hellen und durch den Kalkputz klimatisch angenehmen Räumen zu verwirklichen.

Es ist das Haus zu sehen.

Aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt das Herrenhaus des Guts Niedermoitzfeld, das sich ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt.

Im Wohnzimmer mit dem großen Kachelofen, der über Warmluftzüge bis ins Dachgeschoss verfügt, sind die Balken – wenn statisch nötig – so behutsam mit Stahl geschient worden, dass dies unter dem auch die Balken in ihrer Struktur umfassenden Putz der „Kölner Decken“ nicht zu sehen ist.

„Wir haben Kalkputz verwendet, und das komplette Haus bis ins Dach von innen mit Holzfaserdämmung nachhaltig isoliert“, erklärt Friedrich Bock, während Handwerker ein Stockwerk höher bereits mit dem Wachsen des historischen Holzbodens befasst sind, dessen durchgetretene Bohlen Bock umdrehen, neu aufbauen und plan abschleifen ließ.

Holzsprossenfenster wurden vorbildgetreu erneuert

Sämtliche Holzsprossenfenster hat der Bauherr vorbildgetreu erneuern lassen, das Gebälk der Zwischenwände teils an Durchgängen effektvoll freilegen lassen, um trotz teils niedriger Decken und historischer Türmaße großzügige, lichtdurchflutete Räume zu schaffen. „Hier könnte ein Schlafzimmer sein“, sagt er und deutet auf ein Zimmer, aus dessen Fenstern der Blick über den Garten hinüber Richtung Waldgebiet Hardt und über die Kölner Bucht schweift.

Gleich nebenan ist ein modernes Bad ins historische Fachwerkgebäude eingelassen, das ein Stockwerk höher unterm Dach nochmals überrascht. Wo früher kleine Speichermansarden waren, öffnet sich nun ein lichtes Loft. „Es kann als familiärer Rückzugsraum genutzt werden oder als Büro“, sagt Bock, „zudem sind sämtliche Anschlüsse vorgesehen, um es auch als eigene Wohnebene mit Essbereich und Küche zu nutzen.“ Und einen kleinen Speicherraum gibt’s im Walmdach obendrein noch. Ebenso wie einen echten Gewölbekeller unter dem teilunterkellerten Haus.

Es ist das noch nicht sanierte Dachgeschoss zu sehen. Von einem Holzbalken baumelt an einem Seil eine Glühbirne herunter.

Das Ehepaar lässt das Gutshaus kernsanieren.

Bocks Augen glänzen, wenn er durch sein Elternhaus geht – auch wenn er selbst künftig nicht hier wohnen wird. „Die Kinder sind aus dem Haus, uns reicht der Platz drüben“, sagt er und deutet durchs Fenster auf das ausgebaute Nebengebäude. Künftig wollen er und Anja Senff, die als Immobilienexpertin vom Fach ist, das kernsanierte Herrenhaus, in das sie rund 300.000 Euro und ungezählte Eigenarbeit für die Kernsanierung gesteckt haben, vermieten.

„225 Quadratmeter in liebevolle Hände abzugeben“, sagt Bock lächelnd und kann sich ebenso die Vermietung an eine Familie mit mehreren Generationen oder einer angeschlossenen Büronutzung unterm Dach vorstellen.

„Das Haus bietet viele Optionen“, sagt er und steigt die historische Holztreppe wieder hinunter. „Und es lebt seine Geschichte.“ Wer Interesse an dem für 2925 Euro Miete angebotenen Hofidyll mit acht Zimmern hat, kann sich bei Anja Senff melden, (02 21) 8 00 21 21.


Aus der Geschichte

Das kernsanierte Fachwerkhaus am Platzer Höhenweg in Bergisch Gladbach-Moitzfeld stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und gehört als typisches Herrenhaus zur historischen Hofanlage des Gutes Niedermoitzfeld, dessen Geschichte sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt.

Auch wenn das Fachwerkhaus nicht unter Denkmalschutz steht und wegen Veränderungen an Haus und Umfeld auch von den Behörden keine Unterschutzstellung angestrebt wird, bescheinigten die Denkmalexperten des Landschaftsverbands Rheinland dem Fachwerkwohnhaus des Guts Niedermoitzfeld doch eine orts- und siedlungsgeschichtliche Bedeutung.

Beim engmaschigen, rasterförmigen Fachwerkgefüge, der Ständerbauweise und dem Krüppelwalmdach handele e sich zudem um eine „für den bergischen Raum zeittypische Konstruktionsweise des frühen 19. Jahrhunderts“, wie es in einer Expertise heißt. (wg)


Fundstücke

Es ist Friedrich Bock mit seiner bunt mit Stickern beklebten Jugendzimmertür zu sehen.

Gefunden: Friedrich Bock mit seiner Jugendzimmertür.

Auch seine eigene Geschichte begegnete Friedrich Bock bei der Kernsanierung seines Elternhauses. So fand er diese Tür seines Jugendzimmers wieder: mit den Aufklebern von damals – und vielen Erinnerungen. (wg)