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Voller EinsatzKäsedieb-Fänger aus Bergisch Gladbacher Supermarkt bekommt Freispruch

Lesezeit 4 Minuten
Ein Verbraucher hält nach einem Einkauf in einem Supermarkt einen Kassenzettel in der Hand.

Ein Supermarktmitarbeiter verfolgte einen Käsedieb.

28-jähriger Gladbacher soll mit einem Kollegen Täter verfolgt und geschlagen haben — Verfahren gegen zweiten Verkäufer dauert an.

Es waren hanebüchene Szenen, die sich da an einem Bergisch Gladbacher Discounter abgespielt haben sollen: Ein Ladendieb klaut Käse und wird von zwei groß gewachsenen Geschäftsmitarbeitern verfolgt, die ihn mit einiger Mühe auch tatsächlich einholen. Und dann habe einer der Marktmitarbeiter den Dieb gehalten und der andere ihn geschlagen, wollen Schüler eines nahe gelegenen Gymnasiums beobachtet haben.

Nach dem Zwischenfall verschwand der Käsedieb zwar von der Bildfläche, doch die Staatsanwaltschaft klagte die beiden Verkäufer wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung an, und jetzt mussten sich Ali G. und Hassan E. (Namen geändert) vor Strafrichterin Miriam Kuschel verantworten. Beziehungsweise sie hätten sich verantworten müssen, denn Hassan E. zog es vor, nicht zu erscheinen.

Supermarkt-Kollege erscheint nicht vor Gericht

Stattdessen konnte Ali G., 28-jähriger gebürtiger Kölner und als stellvertretender Filialleiter ein Mann mit Verantwortung im Konzern, seine Sicht der Dinge vortragen, und die unterschied sich ganz erheblich von dem, was die jungen Zeugen am 23. März 2023 aus der Distanz beobachtet und was Polizei und die Kölner Staatsanwaltschaft sonst noch zusammengetragen hatte. Das fing schon bei der Käsesorte an. „Es war nicht Parmesan, sondern ein teurerer Festkäse“, sagte Ali G., Ware im Wert von sieben Euro, und dann schilderte er weitere Details des Tages.

Ja, er habe zusammen mit seinem damaligen Kollegen Hassan E. die Verfolgung des Ladendiebes aufgenommen, doch der Dieb sei ganz schön fix gewesen. „Ich wollte den Käse wieder haben.“ Irgendwann habe ihm als Verfolger die Puste auszugehen gedroht; da hatte er seinen Kollegen aber schon weit hinter sich gelassen.

Wenn Du mir kurz dein Fahrrad leihst, kriegst Du im Geschäft gleich eine Cola umsonst
Ali G., stellvertretender Filialleiter

Er habe sich an eine Gruppe Schüler gewandt und einem einen Deal vorgeschlagen: „Wenn Du mir kurz dein Fahrrad leihst, kriegst Du im Geschäft gleich eine Cola umsonst.“ Der Schüler schlug ein: „Wenn du mir das Rad wiederbringst.“ Ali G.: „Ich hätte das vermutlich nicht gemacht.“ So sei es ihm gelungen, den Ladendieb doch noch einzuholen.

Kollege Hassan E. sei dann dazugekommen und habe angefangen, in Richtung des Diebes zu schlagen. Er selbst habe das noch zu entschärfen versucht, was ihm aber nicht so recht gelungen sei.

Bereinigt worden sei die Situation schließlich dadurch, dass der körperlich noch größer als er gewachsene Kollege von dessen Freundin im Auto aufgelesen worden und mit ihr davongefahren sei – es sei gerade die Zeit für den Schichtwechsel gewesen. Ali G. gab weiter an, er sei mit dem Ladendieb in Richtung Geschäft zurückgegangen und habe noch über dessen Motive gesprochen. Der Mann habe Hunger gehabt. „Wir hätten ihm doch anders helfen können“, sagte Ali G. Sein Unternehmen spende regelmäßig Lebensmittel an die Tafel. Am Ende ließ Ali G. den Käsedieb laufen, ohne ihn anzuzeigen.

Verfolgung nicht im Sinne des Supermarkts

Der junge Vize-Chef leistete aber im Gerichtssaal noch einen Beitrag zur Ehrenrettung seines Arbeitgebers: In dessen Sinne sei es nämlich überhaupt nicht, wenn Mitarbeiter Diebe außerhalb des Ladens verfolgten. Es habe schon Zwischenfälle mit bewaffneten Tätern gegeben, das sei unbedingt zu vermeiden, so die Linie des Konzerns.

Die jungen Zeugen von damals konnten im Prozess nicht sehr viel Erhellendes beitragen. Zum Teil waren sie wegen Urlaubs entschuldigt, hätten aber auch nicht viel beschrieben können. Eine 16-jährige Schülerin machte ihre Aussage in Begleitung ihrer Mutter, hatte aber auch nicht so richtig viel gesehen – verständlich, weil sie damals eben nicht ordentlich hatte gaffen oder mit dem Vorsatz beobachten wollen, später mal eine möglichst präzise Aussage zu machen. Sondern sie hatte eben nur mal zwischendurch geguckt. Die junge Frau sagte: „Ich glaube, er hielt den Ladendieb fest, und der andere schlug“: Für eine Verurteilung war das zu wenig.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft sprach Richterin Kuschel den bislang nicht einschlägig in Erscheinung getretenen Angeklagten frei. Einen Dieb erst einmal festhalten, das darf man ja. Der junge Supermarkt-Vize ist damit rehabilitiert; sein Ex-Kollege, mit dem er damals zufällig in der gleichen Filiale Dienst tat, wird sich dagegen wohl demnächst alleine vor Gericht verantworten müssen. Denn gegen ihn wurde das Verfahren abgetrennt.