Der Leiter des Gladbacher Schulmuseums, Peter Joerißen, hat am Freitag seinen 80. Geburtstag gefeiert.
Menschen im BergischenLeiter des Gladbacher Schulmuseums feiert 80. Geburtstag
![Dr. Peter Joerißen, Leiter Schulmuseum Bergisch Gladbach, im alten Klassenzimmer der ehemaligen Volksschule. Er steht vor einigen Gemälden, die an einer weißen Wand hängen, und lächelt an der Kamera vorbei.](https://static.ksta.de/__images/2023/05/19/ef5d2fd0-c472-4fa0-9bd7-bdf1d048a092.jpeg?q=75&q=70&rect=0,1067,2667,1500&w=2000&h=3000&fm=jpeg&s=6458c10939c6cd7127f12bdd8fd1455b)
Peter Joerißen, Leiter des Schulmuseums Bergisch Gladbach, im Klassenzimmer der ehemaligen Volksschule. Seit 1984 engagiert er sich für die Kultureinrichtung.
Copyright: Schulmuseum Bergisch Gladbach
„Ich bin ein Objektmensch“, sagt Peter Joerißen von sich. Damit ist der promovierte Kunsthistoriker gut aufgehoben im Schulmuseum Bergisch Gladbach. Denn mit mehr als 30 000 Exponaten ist die Einrichtung in Katterbach, deren Motor Joerißen seit 2008 ist, eine Fundgrube. Gestern, am 19. Mai, hat der Museumsleiter seinen 80. Geburtstag gefeiert – aber noch keinen Ruhestand.
Schulmuseum entstand aus Sammlung des ehemaligen Schulrates Carl Cüppers
Das Schulmuseum hat die Stadt der Sammelleidenschaft des ehemaligen Schulrates Carl Cüppers zu verdanken. Der hatte früh erkannt, dass mit der Auflösung der klassischen Volksschule in den 1960er Jahren eine ganze Ära endete. Und rettete vom alten System, was landauf, landab nun aus den Klassenzimmern flog und auf dem Sperrmüll landete – Grundstock des Schulmuseums in der ehemaligen Volksschule Katterbach.
Was Cüppers gesammelt, gerettet und gelagert hatte, das hat Peter Joerißen später gesichtet, geordnet, gewertet und der Öffentlichkeit präsentiert. Passenderweise hatte Cüppers, der Mann mit dem guten Gespür für Umbrüche, dann auch noch gleich seinen Nachfolger Joerißen selbst gefunden. Der war in den 1980er Jahren beim Landschaftverband Rheinland als Berater für Museen tätig. 1982 begegneten sich die beiden Männer erstmals. Joerißen war beeindruckt: „Ich weiß noch, dass ich auf der Rückfahrt dachte: Wenn die Stadt Bergisch Gladbach Cüppers Sammlung nicht übernimmt, dann mache ich das und lagere sie ein“, erinnert er sich.
Nötig wurde diese Rettungsaktion aber nicht: 1990 eröffnete das Schulmuseum in Katterbach offiziell. Doch schon 1984 hatte Joerißen mit dem Material der Depots die Wanderausstellung „Die weite Welt im Klassenzimmer – Schulwandbilder von 1880 bis 1980“, konzipiert. Im Jahr 2000 verantwortete der Museumsfachmann „die erste Dauerausstellung in der ehemaligen Lehrerwohnung, die bis dahin eine Rumpelkammer war“, so Joerißen. Und so kam es, dass sich 2008 der frischgebackene Pensionär nicht dem Müßiggang, sondern als Vorsitzender des Fördervereins und Museumsleiter den Griffeln, Ranzen und dem historischen Klassenzimmer widmete.
Joerißen arbeitete sich durch den immensen Bestand der Privatsammlung
Die systematische Aufarbeitung des Bestands begann. Eine Materialfülle, mit der sich problemlos immer wieder Sonderausstellungen bestücken ließen: 8000 Schulwandbilder, 4400 Objekte aus dem früheren Handarbeitsunterricht, 1100 historische Schulfotos, 500 Grafiken, 16.000 Schul- und Lehrerhandbücher und die vielen elektronisch bis heute noch nicht vollständig erfassten Unterrichtsmaterialien, von der Schiefertafel bis zum Lehrer-Spucknapf.
Immer fand Joerißen über die Objekte zu seinen Themen und barg dabei im Magazin oft unerwartete Schätze: „Ich lese etwas über die Geschichte der Füllfederhalter, gehe in die Sammlung und finde genau den Ur-Patronenfüller, der ab 1960 auf den Markt kam. Originalverpackt“, staunt Joerißen noch heute. Auch der berühmte Kufenstuhl, auf dem Generationen von Jungen und Mädchen ihre Schulzeit abgesessen haben, ein Modell mit zeitlosem Design, das Karl Nothhelfer 1950 schuf, fand sich im Museumskeller. Der Stuhl sei nicht nur eine neue Sitzgelegenheit gewesen, sondern habe Freiheit bedeutet, erklärt der Museumsleiter mit Blick auf die zuvor verwendeten starren Schulbänke.
In regelmäßigen Abständen gestalteten Joerißen und sein Team, zu dem auch der Kölner Ausstellungsgestalter Günter Marquardt gehört, Sonderausstellungen: „Mein süßes Tinchen! – Kriegsalltag Bergisch Gladbach 1914/18 (2015), „Der Dorfschullehrer Anton Feckter (2015), „1968: Schule – Reform – Protest“ (2018) „Der kratzige Unterschied – Näharbeiten 1850 bis 1950“ (2019).
Joerißen sucht Nachfolge für die Museumsleitung
Die Ausstellung, die ihn am stärksten beschäftigte, war die zum Alltag im Ersten Weltkrieg, die ihren Titel „Mein süßes Tinchen!“ dem bis heute erhaltenen Brief eines Frontsoldaten in die Heimat verdankt. „In dieser Ausstellung war das Leben in all seinen bedrückenden Facetten drin“, erklärt Joerißen. Aus einem besonders gut dokumentierten Briefwechsel zwischen dem 15-Jährigen Frontsoldaten Helmut Feiber aus Bergisch Gladbach und seinen Eltern entstand später in Kooperation mit dem Schulmuseum eine Bühnenfassung für das Theas-Theater.
Bis 2021 zeigte daneben die von Peter Joerißen konzipierte Dauerausstellung „die ländliche Volksschule 1871 bis 1968“. Dann meinte der Museumsleiter, es sei jetzt Zeit, die eigenen alten Zöpfe abzuschneiden und das Museum an die Moderne heranzuführen.
Die multimediale Neukonzeption, die pünktlich zum 150. Geburtstag der Volksschule Katterbach fertig wurde, schlägt den Bogen vom historischen Schulmeister in die Zeit des Laptops und des integrativen Unterrichts und nutzt für die zeitgenössische Darstellung die Erfahrungen der heutigen Grundschule Katterbach. Seit dem vergangenen Jahr ist auch ein virtueller Rundgang durch das Museum möglich, das in Joerißens Ägide um einen modernen Anbau erweitert wurde.
Wie einst Carl Cüppers sucht Peter Joerißen nun langsam nach einem Nachfolger für die Museumsleitung: „Da muss jetzt ein junger Mensch her, der Lust hat, etwas Neues auszuprobieren“, meint er. Denn die Begeisterung für Neues, für das Experimentieren hat Peter Joerißen auch mit 80 Jahren nicht verloren.