Der Bergisch Gladbacher Pianist Paul Kruk fährt für eine Woche in die Ukraine, wo er Konzerte für Kriegswaisen und in Lazaretten spielen wird.
Ukraine-HilfeBergisch Gladbacher Musiker gibt Konzerte im Kriegsgebiet
Es ist eine besondere Reise, die Paul Kruk am Donnerstag antritt. Der Konzertpianist aus Bergisch Gladbach, der bis zu seinem 17. Lebensjahr in Cherson in der Ukraine aufwuchs, reist in sein Heimatland. Es ist eine humanitäre Mission: Medizinische Geräte bringt er in das vom russischen Angriffskrieg erschütterte Land.
Und Kruk wird Konzerte geben für die Menschen in der Ukraine. Kriegswaisen und Soldaten will er mit deutscher Kultur eine kleine Ablenkung vom Krieg bieten. Geräte zum Stoppen von Blutverlust fehlen in den Krankenhäusern der Ukraine, sagt der Musiker. Sie sind Lebensretter, ohne besteht die Gefahr, an Verwundungen zu sterben.
Krankenhäuser in Butscha zerstört
„Der Krieg hat so vieles zerstört“, sagt Paul Kruk erschüttert. Er hat rund 40 hochwertige Abbindesysteme dabei, sogenannte Tourniquets, die man auch selbstständig als Manschette am Oberarm befestigen kann. Aber auch viele, viele Süßigkeiten nimmt Kruk mit. Nach einem Spendenaufruf in seiner Nachbarschaft sei das Ergebnis überwältigend gewesen.
Die kleinen Leckereien gehen als Weihnachtsgeschenke an die Kinder in den Heimen. Kruk packt auch ein E-Piano ins Auto: Als Konzertpianist wird er für Kinder spielen, die im Krieg ihre Eltern verloren haben, und für Soldaten, die in Krankenhäusern und Lazaretten behandelt werden. An der ukrainischen Grenze werden ihn Angehörige der Verwaltung in Empfang nehmen und ins Landesinnere begleiten.
„Wo es genau hingeht, weiß ich nicht“, sagt Kruk. Aus der Lage der Krankenhäuser könnte die russische Armee Schlüsse ziehen. Aber die Konzerte seien schon angekündigt, in den Orten hingen Plakate, die darauf hinwiesen, berichtet er. Eine Woche will er in seinem Heimatland bleiben, je nachdem auch länger.
Bergisch Gladbacher ist ehrenamtlich aktiv
Seit dem russischen Überfall im Februar ist der Gladbacher ehrenamtlich engagiert: In den Geflüchtetenunterkünften der Kreisstadt hilft er nach wie vor unermüdlich als Dolmetscher. Mit mehreren Konzerten hat er Spenden für die Menschen in der Ukraine gesammelt. In den ersten Monaten nach Kriegsbeginn war Kruk täglich im Einsatz für seine Landsleute, die auch in der Kreisstadt Zuflucht fanden.
In der nun ehemaligen Unterkunft an der Saaler Mühle war er an manchen Tagen rund um die Uhr gefragt. „Aber ich bin nur einer von vielen, die helfen“, sagt Kruk bescheiden. Die Ukrainer, die nach Gladbach gekommen seien, hätten aus seiner Sicht meist wenig Probleme beim Einleben in ihrer neuen Umgebung. Manchmal sei er selbst erstaunt, dass dies so schnell gelinge.
Er freue sich, wenn es weiter vorwärtsgehe bei der Integration. Die Idee, seinen Landsleuten zu helfen, hatte er schon früh. Rund 3000 Euro kamen seit dem Frühjahr über Benefizkonzerte zusammen, die er vor großer Kulisse gab, unter anderen in der Schildgener Ökumene-Initiative Himmel un Ääd. Über Bürgermeister Frank Stein seien diese Gelder an die neue Gladbacher Partnerstadt Butscha gegangen, berichtet Kruk.
Kruk berichtet aus Deutschland
Aber er habe auch anderen Ukrainern helfen wollen, erklärt der Ehrenamtler. Beim jüngsten Konzert sei die Summe von 1000 Euro eingenommen worden. Kruk rief anschließend ukrainische Stellen an und fragte nach, wie er helfen könne - mit dem Kauf der medizinischen Manschetten. „Daraus entstand dann anschließend die Idee der Konzertreise.“
Am Donnerstag wird ihn ein Bekannter begleiten, die lange Fahrt macht das Zweierteam mit einer Übernachtung. „Ich werde in der Ukraine Bach und Beethoven spielen“, berichtet Kruk. Und er hat sich vorgenommen, zu erzählen: Wie die Menschen in Deutschland den Geflüchteten aus der Ukraine helfen.
Von den alltäglichen Dingen in den Unterkünften und Wohnungen wird Kruk erzählen, von den Helfern, die spontan da sind, wenn sie benötigt werden. Zum Beispiel von jenem Unterstützer, der helfe, die Wohnungen der Ukrainer hier in Bergisch Gladbach einzurichten. „Hier sind so viele Menschen, die unterstützen“, sagt er und lächelt.
Der Ablauf der Reise ist auch für den Musiker offen. „Aber das ist einmalig, dass jemand aus Deutschland in die Ukraine reist und Konzerte gibt.“ Dass es gefährlich werden könnte, weiß Kruk. Er wisse aber auch, dass sich die Waisenhäuser und Lazarette im Hinterland der Front befänden.
Kruk erzählt ruhig und gefasst vom Krieg, er setzt darauf, dass die ukrainischen Vertreter die Gefahrenlage einschätzen. „Ein Restrisiko bleibt immer“, sagt er am Ende.