Gladbacher Unternehmen im FokusNeues Therapienetzwerk im Kampf gegen Covid-19
Bergisch Gladbach – Mit Hochdruck wird zurzeit in NRW an neuartigen Zelltherapien gegen Covid-19 und zukünftige Viruspandemien gearbeitet. Dazu bauen sieben Unikliniken (Aachen, Bochum, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster) ein Infrastrukturnetzwerk auf. In diesem Netzwerk spielt die Technologie des Unternehmens Miltenyi Biotec in Bergisch Gladbach eine entscheidende Rolle. Denn dort haben die Spezialisten ein Gerät entwickelt, das Zellprodukte automatisiert für die klinische Routine herstellt. Dieses weltweit einzigartige und patentierte Gerät heißt Clinimacs Prodigy, ermöglicht es den Unikliniken selbst Behandlungen mit virus-spezifischen T-Zellen – das sind menschliche Abwehrzellen – durchzuführen.
Das Therapieprojekt für Patienten, die an Sars CoV 2 erkrankt sind, läuft seit Juni 2020 und noch bis Ende dieses Jahres. Es wird vom Landesministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie mit 7,75 Millionen Euro gefördert. Über den Stand und Verlauf des Projektes hat sich gestern Wirtschaftsminister Dr. Andreas Pinkwart vor Ort bei Miltenyi Biotec informiert.
600 offene stellen zu besetzen
Weltweit bietet Miltenyi Biotec Produkte und Dienstleistungen, die die biomedizinische Forschung unterstützen und zelluläre Therapie vorantreibt. Innovative Lösungen des Unternehmens unterstützen die Forschung auf allen Ebenen. Die Arbeit erstreckt sich auf Forschungsbereiche wie Immunologie, Stammzellbiologie, Neurowissenschaften und Krebs. Das Unternehmen besteht 30 Jahre und beschäftigt aktuell rund 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 23 Ländern, die meisten in Deutschland. Das Unternehmen wächst spürbar weiter. 600 offene Stellen gebe es zurzeit. „Wir suchen ganz dringend neue Leute“, so Stefan Miltenyi. (dr)
„Wichtig für die Immunität ist, ob der Patient T-Zellen entwickelt hat, oder nicht“, erklärt Unternehmenschef Stefan Miltenyi. Die neue Zelltherapie bedeutet, dass die Abwehrzellen, die ein genesener Spender im Laufe einer COVID-19-Erkrankung ausgebildet hat, übertragen werden. Diese T-Zellen seien auf die Bekämpfung von SARS-CoV-2-Viren trainiert. Wenn sie nun einem Patienten verabreicht werden, kann dies zu einem kürzeren und leichteren Krankheitsverlauf führen. Dieses Verfahren soll nun Patienten in NRW zugänglich gemacht werden.
Gleichzeitig forscht die Uniklinik Köln an einer Zelltherapie gegen COVID-19, ob Immunzellen von genesenen Spendern bei COVID-19-Patienten sicher wirken. Im Erfolgsfall hätte man eine Behandlungsmethode, die flexibel auch auf Mutationen des Virus sowie neue Viren angepasst werden könnte, sagen die Fachleute. Einer von ihnen ist Dr. Michael Hallek von der Uniklinik Köln, der zusammen mit Dr. Phillip Köhler die klinische Studie begleitet.
Hallek betont als Mediziner, warum aus seiner Sicht die vom Land NRW geförderte Studie so wichtig ist: „Es gibt eine Gruppe von immungeschwächten Patienten, wie zum Beispiel Rheuma- oder Krebskranke, für die ist auch die Omikron-Variante gefährlich und verursacht schwere Verläufe, wie wir auf unserer Intensivstation erleben.“
Das von Miltenyi Biotec entwickelte Spezialgerät Clinimacs produziert funktionsfähige T-Zellen, die gelernt haben, das Coronavirus zu bekämpfen. Auch für weitere spezifische T-Zellen, die andere Krankheiten abwehren können, werde die Maschine genutzt. „2000 Geräte sind bereits produziert worden und stehen auf der ganzen Welt“, berichtet Miltenyi.
„Wir brauchen dringend aussichtsreiche Therapieansätze“
Die benötigten T-Zellen für die Studie der Uniklinik Köln werden am Institut für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gewonnen. Dort sei bereits eine Spenderdatenbank für SARS-CoV2-spezifische T-Zellen aufgebaut worden.
Für einen engen Wissenstransfer zwischen Medizin und Wirtschaft sprach sich der Wirtschaftsminister aus. „Für die langfristige Pandemiebewältigung brauchen wir dringend aussichtsreiche Therapieansätze“, betont Pinkwart.
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Dazu wandte Miltenyi-Geschäftsführer Dr. Boris Stoffel ein: „Uns geht es auch um den Faktor Zeit. Es gibt so viele Regularien, die unsere Arbeit hemmen.“ Das müsse dringend unkomplizierter werden. Für Pinkwart ist dieser Hinweis nicht neu. „Ich weiß, wir können schneller werden. Machen Sie Verbesserungsvorschläge, dann reden wir darüber.“