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Nach mehr als 50 JahrenBergisch Gladbacher Traditionswäscher gehen in Rente

Lesezeit 3 Minuten

Bernhard und Irmgard Lamsfuß geben ihre Wäscherei Am Wapelsberg in Bergisch Gladbach auf.

Bergisch Gladbach – Der klassische Waschzettel – Für die Arbeitsabläufe in einer Wäscherei ist dieses handschriftlich beschriebene Papier unentbehrlich. Von Oberhemd bis Bluse, Bettwäsche, Geschirrtücher oder Tischdecke ist auf dem Zettel gelistet, was der Kunde zur Reinigung abgegeben hat. „Die Textilien werden nach Fasern sortiert, gewaschen, dann gebügelt, gemangelt oder gepresst. Danach kommt alles fertig zum Abholen in einen Wäschekorb, auf die Bügel oder wird in Papier verpackt“, erklärt Bernhard Lamsfuß.

Der 76-jährige Geschäftsmann hat das Handwerk des Wäschers und Plätters gelernt und längst den Goldenen Meisterbrief. Mehr als 50 Jahre führt er mit seiner Ehefrau Irmgard Lamsfuß eine Wäscherei in Bergisch Gladbach. Nun ist Zeit für die Rente, hat das Paar entschieden.

Die Älteren werden sich erinnern: Historische Waschmittelpakete schmücken eine Nostalgieecke der Wäscherei.

Kleine Wolken Wasserdampf steigen aus zwei Ecken der Wäscherei auf. Während von flinker Hand ein Bügeleisen über eine weiße Bluse gleitet und letzte Reste von Feuchte vertreibt, legt Irmgard Lamsfuß mit einer Mitarbeiterin Bettlaken in eine Heißmangel. Immer wieder straffen sie das Tuch, damit es ohne Falten in die Maschine gleitet. „Ich habe schon als Kind zu Hause gebügelt“, sagt Irmgard Lamsfuß. „Ich mache das einfach gern und mag es, wenn alles schön glatt ist.“

Private Haushalte, Gastronomiebetriebe, Praxen

Saubere und glatte Wäsche hat die Wäscherei Lamsfuß KG ihrer Kundschaft nahezu 72 Jahre geliefert. Anneliese Lamsfuß hat den Betrieb in der Straße Am Wapelsberg 1949 gegründet. Ihr Sohn Bernhard stieg 1968 ein, gemeinsam gründeten sie 1970 die KG. Neben privaten Haushalten brachten zahlreiche Gastronomiebetriebe, Arzt- und andere Gesundheitspraxen ihre Wäsche zu Lamsfuß. „So individuell, wie wir arbeiten, das gibt es in der Branche nicht mehr“, weiß der Inhaber. Entsprechend ratlos sind viele Kunden, stehen am Geschäftseingang und fragen: „Wo gehe ich jetzt mit meiner Wäsche hin?“

Zum letzten Mal holen die Schmidts ihre frische Wäsche ab.

Das wissen Günther und Barbara Schmidt aus Bergisch Gladbach auch noch nicht, als sie zum letzten Mal ihre saubere Wäsche abholen. „Während meiner aktiven Zeit als Lehrer habe ich meine weißen Button-down-Hemden hier waschen und bügeln lassen. Die waren immer perfekt“, erzählt Schmidt, der nun kurz vor seinem 80. Geburtstag steht. Mit guten Wünschen für den Ruhestand verabschieden sie sich. Zur Ruhe setzt sich mit der Schließung auch die 76-jährige Heidi Tomuscheid. 31 Jahre hat sie in der Wäscherei gearbeitet.

Auch Reinigung von Polstern angeboten

Das Reinigen von Polstern, Bezügen und Teppichen bietet die Wäscherei seit den 70er Jahren an. Oft hatte Lamsfuß die missglückten Selbstversuche von Kunden auf der Ladentheke liegen. „Normale Haushalts-Waschmaschinen sind dafür zu klein. Es entstehen Knicke in der Textilstruktur, die nicht mehr rausgehen“, erklärt der Wäschermeister. Obendrein gebe es hässliche Streifen.

Heidi Tomuscheid war 31 Jahre lang in der Wäscherei beschäftigt

Rotwein auf Tischdecken, rote Gewürzsoße auf Servierten. Lamsfuß weiß Rat: „Da wird gebleicht oder gechlort, damit die Flecken richtig rausgehen.“ Hartnäckig sei die Weinsorte Dornfelder. „Der hat zu viel Farbstoff“, schmunzelt der Fachmann.

Erinnerung an alte Reklamesprüche

Waschmittelpakete und -tuben aus den 1960er Jahren stehen aufgereiht mit Persil-Werbeschildern, einem Waschbrett und anderen Kleinigkeiten in einer Nostalgieecke. Das löst Erinnerungen an Reklamesprüche von damals aus: „Die Kraft, die durch den Knoten geht“ oder „Wenn’s so sauber wie gekocht sein soll“. Besondere alte Schätze hat Lamsfuß aus dem Jahr 1956 aufbewahrt: drei vergilbte Waschzettel einer Stammkundin. Topflappen, Frottiertücher und Nachthemden sind darauf ebenso zu finden wie Bettlaken und Schlüpfer.

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Die Immobilie hinter ihrem Wohnhaus haben Bernhard und Irmgard Lamsfuß inzwischen verkauft. Bis Mai sei nun genügend Zeit, die Maschinen abzubauen. Worauf sie sich am meisten freuen? „Morgens in Ruhe ausgiebig frühstücken und dabei die Zeitung lesen“, sagt der Wäschermeister.