Peter Müller im Interview„Gladbach in die Höhe bauen”
Bergisch Gladbach – Nach einem Interview des Grünen-Bundestagspolitiker Anton Hofreiter gibt es eine Diskussion, ob der Bau von Einfamilienhäusern noch in die Zeit passt. Matthias Niewels sprach mit dem Vorsitzenden des Vereins Haus und Grund, Peter Müller. Sein Verein vertritt rund 6500 Mitglieder – der größte Verein der Stadt. Ein Gespräch auch über die akute Wohnungsnot in Rhein-Berg und das Fiasko bei der Planung des neuen Stadthauses von Bergisch Gladbach.
Als Sie zum ersten Mal von dem Vorschlag der Grünen hörten, den Bau von Einfamilienhäusern zu verbieten, was dachten Sie da?
Müller: Mal wieder typisch für die Grünen: Reglementieren und verbieten. Dabei ist doch sehr schnell klar, dass das so nicht funktionieren kann. Wir leben in einem freien Land und wer ein Haus bauen will, dem soll niemand das verbieten. Klar, es muss Regeln geben. An manchen Stellen macht der Bau von Einfamilienhäusern auch keinen Sinn. Aber diese Lust, mit Verboten zu arbeiten, ist der falsche Weg.
Nun geht es weniger um ein generelles Verbot, sondern um die Frage, welcher Wohnungsbau mit dem Klimawandels noch verantwortbar ist?
Ich habe einen Vorschlag – der ist nicht ganz neu, aber ich bin immer mehr davon überzeugt, dass er umgesetzt werden sollte. Warum erklären wir nicht, dass in allen Gebieten von Bergisch Gladbach, in denen eine zweieinhalbstockige Bauweise erlaubt ist, dass auch eine dreieinhalbstöckige Bauweise erlaubt ist? So könnte in Rekordzeit neuer Wohnraum geschaffen werden. Und auch noch relativ preiswert. Der Druck auf den Wohnungsmarkt würde gesenkt und wir müssten nicht mehr über Verbote nachdenken.
Haben Sie eine Idee, warum der Vorschlag noch nicht aufgegriffen wurde?
Ganz ehrlich: Nicht so richtig. Es würde bei einigen Wohnungen die Sicht verbaut, habe ich schon mal gehört. Aber dunkle Häuserschluchten entstehen bei dreieinhalb Stockwerken sicher nicht.
Vielleicht ist der Druck auf dem Wohnungsmarkt doch noch nicht hoch genug?
Wie groß soll der Druck denn noch werden? Bauen ist heute einfach zu teuer. Wenn Baugrundstücke zwischen 800 und 1000 Euro den Quadratmeter kosten, darf sich niemand wundern, wenn der Quadratmeter Neubau 3500 Euro kostet. Oder anders gerechnet: Eine 100 Quadratmeter große Wohnung ist dann nicht unter 350 000 Euro zu haben. Ich kenne Objekte in Bensberg da kostet die 100 Quadratmeter große Wohnung über 700 000 Euro. Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist gewaltig.
Wie kann der Druck gesenkt werden?
Die Preise für Bauland müssen runter. Spürbar runter. Ein Weg ist, dass die Kommunen Flächen aufkaufen, zu Bauland machen und dann zu einem sehr günstigen Preis verkaufen. Zum Beispiel mit der Auflage, dass dort dann auch Sozialwohnungen gebaut werden. Das gibt es, aber viel zu wenig.
Sie erinnern sich, wie um die Neuauflage des Gladbacher Flächennutzungsplan gerungen wurde?
Sicher. Es ist eindeutig viel zu wenig Bauland ausgewiesen worden. So kommen wir nicht weiter.
Aber in der Innenstadt gibt es auf dem ehemaligen Steinbüchelgelände und bei den alten Kalköfen große Neubauprojekte.
Das sind ganz sicher gute Projekte. Es wird die Bebauung in der Gladbacher Innenstadt verdichtet. Aber in Gladbach wird ein Fehler dabei immer wieder gemacht: Es wird geplant und gebaut, ohne vorher die Verkehrssituation zu klären. Da kommen jetzt also hunderte neue Mieter in die Stadt, die ihre Autos mitbringen, mit denen sie sich in den Stau einreihen dürfen. Und in dieser Situation plant die Stadt auch noch ein neues Stadthaus am S-Bahnhof als Publikumsmagnet.
Für Sie der falsche Standort?
Aber selbstverständlich. Die Stadthäuser müssen am Konrad-Adenauer-Platz bleiben. Wenn Sie nicht saniert werden können, dann eben ein Abriss und ein Neubau. Warum soll das teurer als am S-Bahnhof sein?
Die bisherigen Gutachten sprechen eine eindeutige Sprache gegen den Standort am Konrad-Adenauer-Platz.
Ich kenne mich in Bergisch Gladbach, glaube ich, ganz gut aus. Und was das Bauen angeht, bin ich auch kein Fachfremder. Mich überzeugen, soweit ich sie kenne, die Argumente in den Gutachten nicht. Und noch etwas stört mich gewaltig. Sollte das neue Stadthaus tatsächlich am S-Bahnhof gebaut werden, würde das Zentrum der Stadt weiter nach Westen verschoben. Das ist ja ohnehin schon ein Trend, aber er würde noch verstärkt. Und was bleibt dann noch am Konrad-Adenauer-Platz? Was soll denn dort entwickelt werden?
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Zumindest besteht im Augenblick die Möglichkeit, dass die bisherigen Planungen für das Stadthaus am S-Bahnhof gestoppt werden.
Das wäre ja schon mal was. Dieses Planungsdebakel hat den Steuerzahler schon eine Menge Geld gekostet hat. Hoffentlich haben alle Beteiligten aus den Fehlern gelernt.