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HaushaltStadt Bergisch Gladbach verpasst sich selbst ein Sicherungskonzept

Lesezeit 4 Minuten
Hundert-Euro-Scheine aufgefächert im Vordergrund, im Hintergrund das Rathaus in Bergisch Gladbach.

Der Haushalt für Bergisch Gladbach steht: Die Stadt investiert in Schulen und Straßen. (Fotomontage)

Der Haushalt der Stadt Bergisch Gladbach ist mit Stimmen von SPD, Grünen, Freien Wählern und Bürgermeister Frank Stein beschlossen worden.

Es war bezeichnend, dass sich Bürgermeister Frank Stein (SPD) bei der Verabschiedung des Haushalts inklusive freiwilligem Haushaltssicherungskonzept das letzte Wort nicht nehmen ließ. Mit den Stimmen von Grünen, SPD, Freier Wählergemeinschaft und seiner eigenen wurde das wichtige Zahlenwerk beschlossen.

Und die Erleichterung und auch eine Portion Stolz waren Stein anzusehen. Ihm und seinem Kernbündnis von Grünen und SPD war es gelungen, die Freien Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Der Fraktionsführer der CDU, Michael Metten, hob beide Hände und bekundete unter „Antrag zur Geschäftsordnung“ seine Verwunderung über die letzten Worte von Stein. „Heute ist nicht der Tag für eine Grundsatzrede des Bürgermeisters.“ Da war es aber schon passiert.


Die Zahlen des Bergisch Gladbacher Haushalts

Bergisch Gladbach wird in diesem Jahr die 400-Millionen-Marke bei den Ausgaben überschreiten. Genau sind es 412.673.104 Euro. Dem stehen Einnahmen in Höhe von 395.464.946 Euro gegenüber. Unterm Strich plant Kämmerer Thore Eggert (FDP) mit einem Minus von 17 208 158. Im Verwaltungsdeutsch sind das keine neuen Schulden, sondern ist die „Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage“ – es sind und bleiben aber neue Schulden. Die Grundsteuer B wird auf 731 Prozent und die Gewerbesteuer auf 460 Prozent festgelegt.

Mit dem Bekenntnis zu einem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept hat sich die Stadt selbst ein Korsett angelegt, das ein Abrutschen in den Nothaushalt verhindern soll. Nach dem Regelwerk der Haushaltsgesetzgebung könnte die Stadt in nächsten Jahren mehr Geld ausgeben, als kalkuliert. Dann allerdings würde der Nothaushalt -– die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt werden damit praktisch auf null reduziert – immer näher rücken. Dagegen stemmt sich die Stadt. (nie)


Tatsächlich sollte die Ratssitzung eigentlich ganz im Zeichen der Haushaltsreden stehen. Und nach einigem Hin und Her zur Tagesordnung trat dann auch Metten ans Pult. Der Hauptkritikpunkt von ihm war die Diskrepanz von Worten und Taten. Angekündigt worden sei viel, umgesetzt wenig.

Metten pickte auf die Schwachstellen der bisherigen Wahlperiode und die allgemeinen Unsicherheiten einer Finanzplanung. Als da wären die unsinnige Planung bei der Laurentiusstraße, das fehlende Verkehrskonzept für die Stadt und die katastrophale Situation an der Integrierten Gesamtschule Paffrath. Metten versuchte sich an einer Liste der Unzulänglichkeiten von Rot-Grün und Bürgermeister Stein.

Ganz im Gegensatz dazu versuchte sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen Theresia Meinhardt an einer Erfolgsliste von Rot-Grün. Die Stadt sei aus dem „Schlafwagen“ ausgestiegen und endlich würden die Themen wie Klimawandel, Mobilitäts- und Energiewende und Digitalisierung angepackt. Meinhardt verbreitete mit ihrer Rede wieder etwas von der Aufbruchstimmung, mit der die Ampel (Grüne, SPD, FDP) – die die FDP verlassen hatte – einst angetreten war.

Nur dagegen zu sein erinnert an die Trotzphase eine Kleinkindes.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Waldschmidt nahm sich dann vor allem die CDU vor, der er eine Verweigerungspolitik vorwarf. „Nur dagegen zu sein, erinnert an die Trotzphase eines Kleinkindes.“

Für den neuen Mehrheitsbringer für Rot-Grün, die Freien Wähler, machte deren Fraktionsvorsitzender Benno Nuding deutlich, dass er sich schweren Herzens in die Verantwortung habe nehmen lassen. „Wir geben mit der Zustimmung zum Haushalt erneut einen Vertrauensvorschuss, der mit der strikten Anwendung der Nachhaltigkeitssatzung verbunden ist.“ Die Freien Wähler sehen sich als Bremser bei den Ausgaben und als strikte Verhinderer einer weiteren Zersiedelung der Stadt.

Jörg Krell, der FDP-Fraktionsvorsitzende, kritisierte die mangelnde Fokussierung und die fehlende Führung von Bürgermeister Stein. Eine besondere Note setzte der AfD-Fraktionsvorsitzende Günther Schöpf, der die „Weltuntergangsprognosen der Grünen-Sekte“ leid sei. „Die Welt wird auch bei einer Erwärmung von ein bis zwei Grad nicht untergehen.“ Nicht das Klima, sondern die sozialen Fragen sollten im Zentrum stehen.

Bergisch Gladbach: Ratssitzung gut besucht

Die Ratssitzung war übrigens ausgesprochen gut besucht. Die geplante Reduzierung der Seniorenbegegnungsstätten hatte eine große Zahl von Bergisch Gladbacher Bürgern mobilisiert. Was schon im Vorfeld der Ratssitzung Wirkung gezeigt hatte, denn die Reduzierung war bereits von der Politik (auch mit Hilfe der CDU) gekippt worden.

Die Begegnungsstätten, die Entgelte für die Benutzung der Turnhallen, die Reduzierung der Schülerfahrkosten und die Schließung der Bürgerbüros in Bensberg und Refrath waren ursprüngliche Einsparvorschläge der Verwaltung, die aber von der Politik wieder gestrichen wurden. Ebenfalls eine Mehrheit gab es für den Stellenplan und für die Satzung zur Sicherstellung einer nachhaltigen Haushaltswirtschaft.

Alles, was sich Rot-Grün und Bürgermeister Frank Stein vorgenommen hatten, fand eine Mehrheit. Kein Wunder, dass Stein mit einer „persönlichen Erklärung“ das auch feierte.